Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitwirkung des Betriebsrats bei Eingliederung neu eingestellter Beschäftigter in ein mitbestimmtes Schichtsystem
Leitsatz (amtlich)
1. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist nicht verletzt und rechtfertigt keinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats, wenn eine Arbeitgeberin neu eingestellte Beschäftigte in ein mitbestimmtes Schichtsystem eingliedert und ihnen Arbeitszeiten zuweist, ohne hierfür die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt zu haben oder diese durch die Einigungsstelle ersetzt haben zu lassen (entgegen BAG, Beschlüsse vom 22. August 2017 - 1 ABR 3/16, 1 ABR 4/16 und 1 ABR 5/16 -).
2. Das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG geht bei der Neueinstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG aufgrund teleologischer Reduktion dieser Vorschrift vor, weil anderenfalls die gesetzgeberische Zielsetzung, die mit dem Regelungsregime der §§ 99 ff. BetrVG, insbesondere mit der vorläufigen Durchführung personeller Maßnahmen nach § 100 BetrVG, verfolgt wird, nicht verwirklicht werden kann.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2, § 99
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 06.10.2017; Aktenzeichen 14 BVGa 33/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 6. Oktober 2017 - 14 BVGa 33/17 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch bezüglich der Zuordnung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern zu einzelnen Schichten im Bereich Lager (Warehouse).
Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen der C1., einem Hersteller für Komponenten der Elektronikindustrie. Im Betrieb der Antragstellerin in A-Stadt werden Logistikservice- und Produktveredelungsdienstleistungen für die europäische Elektronikindustrie erbracht. Der Betrieb besteht aus den Betriebsteilen Warehouse (Lager), PMC (Bauteileprogrammierung) und Administration.
Der Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) gebildete Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).
Im Betrieb der Arbeitgeberin findet die Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten vom 15./16. Dezember 2015 (im Folgenden: BV Arbeitszeiten) Anwendung.
Die lautet auszugsweise wie folgt:
IV. Schichtarbeit
1. Anwendungsbereich
Die nachfolgenden Regelungen gelten für alle Mitarbeiter der Betriebsteile Warehouse und Product Modification Center (PMC). Ausgenommen sind Mitarbeiter, welche die Funktion des "Director" oder des "Manager MHS" bekleiden. ...
2. Arbeitszeit / Schichtmodelle
Die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit (derzeit 40 Stunden) kann in den Betriebsteilen Warehouse (ohne Bereich MHS) und PMC wie in den Schichtmodellen jeweils festgelegt verteilt werden.
2.1 Schichtmodelle des Betriebsteils Warehouse (ohne Bereich MHS)
a) Die Schichtmodelle des Betriebsteils Warehouse (ohne Bereich MHS) ergeben sich aus Anlage 3 dieser Betriebsvereinbarung.
Neue Schichtmodelle können darüber hinaus jederzeit zwischen den Betriebsparteien vereinbart und als Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung genommen werden.
b) ...
2.2 Schichtmodelle des Betriebsteils PMC
a) Die Schichtmodelle des Betriebsteils PMC ergeben sich aus Anlage 4 dieser Betriebsvereinbarung.
Derzeit ist die Frühschicht am Samstag besetzt. Sollten die weiteren Samstagsschichten aus Anlage 4 besetzt werden, ist die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.
Neue Schichtmodelle können darüber hinaus jederzeit zwischen den Betriebsparteien vereinbart und als Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung genommen werden.
b) ...
2.3 Schichtmodelle im Bereich MHS des Betriebsteils Warehouse
Die im Bereich MHS zur Anwendung kommenden Schichtmodelle ergeben sich aus Anlage 5a und 5b dieser Betriebsvereinbarung. Falls im Betriebsteil Warehouse die Nachtschicht besetzt wird gilt ausschließlich Anlage 5b.
Neue Schichtmodelle können darüber hinaus jederzeit zwischen den Betriebsparteien vereinbart und als Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung genommen werden.
3. Schichtplanung, Schichttausch/-umsetzung, Absage einzelner Arbeitsschichten
3.1 Planungsmodell für das Schichtmodell im Bereich MHS
Einmal im Jahr stellt die Leitung des Bereichs MHS die Schichteinteilung mitarbeiterbezogen auf und leitet diese spätestens einen Monat vor ihrem geplanten Inkrafttreten dem Betriebsrat zur Beratung und Zustimmung zu.
a) Bei der Schichteinteilung hat die Leitung des Bereichs MHS den Grundsatz der Freiwilligkeit zu berücksichtigen. Hierfür wird die Leitung des Bereichs MHS für die Dauer von einer Woche in dem Bereich Listen mit den geplanten Schichten und den zur Verfügung stehenden Plätzen aushängen, in die sich die Mitarbeiter verbindlich durch Unterschrift eintragen können. Mitarbeiter, die urlaubs- oder krankheitsbedingt während der Dauer des Aushangs der Listen abwesend sind, können ihren Eintrag innerhalb einer Woche nach Beendigung des Aushangs durch entsprechende Meldung beim Vorgesetzen nachholen.
Finden sich für die zu besetzenden Schichten nicht genügend Mit...