Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung der Betriebsratswahl wegen zu später Korrektur der Wählerliste
Leitsatz (amtlich)
1. Die Berechtigung dreier Arbeitnehmer, eine Betriebsratswahl wegen zu später Korrektur der Wählerliste (Aufnahme dreier anderer wahlberechtigter Arbeitnehmer in die Wählerliste erst am Wahltag) anzufechten, besteht auch dann, wenn vorher kein Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt worden war.
2. Die nachträgliche Berücksichtigung eines wahlberechtigten Arbeitnehmers in der Wählerliste, der versehentlich nicht in dieser aufgenommen war, kann nach § 4 Abs. 3 WahlO nur bis spätestens dem der Wahl vorausgehenden Tag erfolgen. Wird die Wählerliste erst am Wahltag korrigiert, so stellt dies einen Verfahrensfehler dar, der zur Wahlanfechtung berechtigt, soweit sich dieser auf das Wahlergebnis auswirkt.
Normenkette
BetrVG § 19; WahlO §§ 2, 4
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Entscheidung vom 15.09.2014; Aktenzeichen 3 BV 12/14) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 4 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg vom 15. Sept. 2014 - 3 BV 12/14 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer im Betrieb der Beteiligten zu 5 (nachfolgend: Arbeitgeberin) am 10. März 2014 stattgefundenen Betriebsratswahl.
Der am 12. Sept. 2013 bestellte 3-köpfige Wahlvorstand für die Betriebsratswahl, bestehend aus den Arbeitnehmern D., M., B., hatte am 24. Sept. 2013 bei der Arbeitgeberin nach dem damaligen Beschäftigtenstand zur Erstellung der Wählerliste nachgefragt. Dabei war ihm der seit 18. Juni 2011 beschäftigte Arbeitnehmer G. nicht mitgeteilt worden. Der weitere seit 1. Sept. 2009 beschäftigte Arbeitnehmer W. hatte einen befristeten Arbeitsvertrag zum 7. Feb. 2014; anschließend erhielt er einen unbefristeten Arbeitsvertrag, war aber nicht an den Wahlvorstand nachgemeldet worden. Schließlich hatte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer K. zum 1. Dez. 2013 neu eingestellt, ohne diesen dem Wahlvorstand nach zu melden.
Der Wahlvorstand stellte mit dem Wahlausschreiben vom 23. Jan. 2014 427 beschäftigte Arbeitnehmer und einen danach zu wählenden 11-köpfigen Betriebsrat, wobei auf das Minderheitengeschlecht der Frauen 5 Sitze entfielen, fest. Im Wahlausschreiben war ferner darauf hingewiesen dass bis 7. Feb. 2014 schriftlicher Einspruch gegen die Richtigkeit der im Betriebsratszimmer ausliegenden Wählerliste eingelegt werden konnte, verbunden mit dem Hinweis, dass mündliche oder verspätete Einsprüche keine Berücksichtigung finden könnten.
Zur Betriebsratswahl waren 4 Vorschlagslisten eingereicht worden.
Am Wahltag (10. März 2014) erschienen die Arbeitnehmer G., W. und K. zur Stimmabgabe. Daraufhin wurde die Wählerliste handschriftlich um die drei Namen ergänzt. Die betreffenden Arbeitnehmer durften an der Betriebsratswahl teilnehmen.
Nach der Wahlniederschrift vom 11. März 2014 waren 350 Stimmen abgegeben worden; davon entfielen auf die Vorschlagsliste "ASA" 33 Stimmen, auf Vorschlagsliste "A." 140 Stimmen, auf Vorschlagsliste "Standort B-Stadt" 141 Stimmen und auf Vorschlagsliste "Alternative Liste" 33 Stimmen; 3 Stimmen waren ungültig. Unter Berücksichtigung des Minderheitengeschlechts entfielen auf die Liste "Standort B-Stadt" 5 Sitze, auf die Liste "A." 4 Sitze und die beiden anderen Listen jeweils 1 Sitz. Das Wahlergebnis war am selben Tag (11. März 2014) bekannt gemacht worden.
Mit ihrer am 24. März 2014 beim Arbeitsgericht Regensburg eingegangenen und dem Beteiligten zu 4 (nachfolgend: Betriebsrat) sowie der Arbeitgeberin jeweils am 27. März 2014 zugestellten Antragsschrift vom 24. März 2014 machen die Beteiligten zu 1 - 3 (nachfolgend: Antragsteller) die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl geltend.
Sie haben erstinstanzlich gerügt, die Wählerliste sei nicht bis zum Abschluss der Stimmabgabe einsehbar gewesen. Der Wahlvorstand habe diese nicht bis zum Tag der Stimmabgabe aktualisiert. Zudem sei es fehlerhaft gewesen, dass noch am Tag der Stimmabgabe Änderungen vorgenommen worden seien. Dadurch habe das Wahlergebnis beeinflusst worden sein können. Zudem seien wahlberechtigte Mitarbeiter, die Arbeitnehmer Z., S., S., G. und T., die keine leitenden Angestellten seien, nicht zur Wahl zugelassen worden.
Sie haben b e a n t r a g t:
festzustellen, die Betriebsratswahl vom 10.03.2014 für unwirksam zu erklären.
Betriebsrat und Arbeitgeberin haben b e a n t r a g t,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben ausgeführt, die Wählerliste sei ausreichend einsehbar gewesen. Sie habe seit dem Erlass des Wahlausschreibens bis zum Abschluss der Stimmabgabe im Betriebsratsbüro zur Einsicht ausgelegen. In der Aktualisierung der drei nicht erfassten Arbeitnehmer noch am Wahltag liege kein Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift. Darin liege allein eine Berichtigung eines Wahlrechtverstoßes nach § 19 Abs. 1 BetrVG, die auch zu diesem Zeitpunkt noch statthaft gewesen sei. Bei den...