Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsrechtsweg für Klage aus Vereinbarung zur Vergütung einer Arbeitnehmererfindung im Wege der Umsatzbeteiligung
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 39 Abs. 1 ArbNErfG sind für alle Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers der Rechtsweg zu den Gerichten für Patentstreitsachen eröffnet. Da § 2 Abs. 2 Buchst. a) ArbGG diese besondere Zuständigkeitsregelung wiederholt, sind die Gerichte für Arbeitssachen nur zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung zum Gegenstand haben.
2. Im Rahmen einer Rechtswegentscheidung gemäß § 2 Abs. 2 Buchst. a) ArbGG ist von den angegangenen Gerichten für Arbeitssachen zu prüfen, ob eine Vergütungsvereinbarung zustande gekommen ist.
3. Bei Vorliegen einer Vergütungsvereinbarung endet die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit nicht schon dann, wenn (schwierige) Auslegungsfragen zu einer Vergütungsregelung angesprochen sind oder wenn eine Partei Berechnungskriterien in Frage stellt und Berechnungen nach anderen Kriterien anstrebt oder zusätzliche Nutzungshandlungen aufgenommen werden sollen. Eine derart weitreichende Einschränkung findet im Wortlaut des § 2 Abs. 2 Buchst. a) ArbGG keine Stütze und wird von Sinn und Zweck der Regelung auch nicht verlangt.
4. Die Auslegung einer Vereinbarung über die Vergütung einer Arbeitnehmererfindung verlangt nicht grundsätzlich den besonderen Sachverstand der Patentgerichte, da es insoweit nicht um die Festlegung der Richtigkeit der Vergütung, sondern um die Ermittlung dessen geht, wie die Parteien nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte die Vereinbarung verstehen mussten (objektivierter Empfängerhorizont). Da anderenfalls durch Aufwerfen einer Auslegungsfrage im Vergütungsprozess der gesetzliche Richter entzogen werden könnte, ist die Klärung von Auslegungsfragen, auch wenn diese schwierig sind, nicht den ordentlichen Gerichten vorbehalten.
5. Eine Vereinbarung zur Vergütung einer Arbeitnehmererfindung liegt nicht erst dann vor, wenn sich aus dieser der zu zahlende Betrag unmittelbar ergibt. Eine Vergütung im Sinne des § 2 Abs. 2 Buchst. a) ArbGG ist auch dann wirksam festgestellt, wenn sich der Vereinbarung eine Vergütung in bestimmter Höhe entnehmen lässt, auch wenn sie sich erst nach einer Rechenoperation ergibt und vorher möglicherweise Auslegungsfragen zu klären sind, so dass sich die Parteien bezüglich der Art der Vergütung auch auf eine Umsatzbeteiligung durch laufende Geldzahlung verständigen und die Höhe durch einen Anteilsfaktor festlegen können.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 2 Buchst. a; ArbnErfG § 39 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 07.08.2015; Aktenzeichen 27 Ca 6552/15) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 07.08.2015 (27 Ca 6552/05) wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Kläger macht zusätzliche Erfindervergütung in Höhe von € 2x.xxx,xx geltend.
Der Kläger war vom 01.10.1994 bis zum 13.01.2013 bei der Beklagten beschäftigt und schied bei ihr in Folge eines Betriebsübergangs aus. Er war Miterfinder einiger patentierter Erfindungen, weshalb ihm die Beklagte zunächst jährlich Erfindervergütung nach der durch das Arbeitnehmererfindungsgesetz vorgesehenen Vergütungsrichtlinie zahlte.
Mit Vereinbarung vom 19.01.2007 regelten die Parteien eine Berechnungsmethode zur Bestimmung der Höhe der Erfindervergütung. Diese soll die gemäß dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen ("ArbnErfG") bis dahin gezahlte Vergütung ablösen, weil es für beide Parteien zeitaufwändig und teuer sei, die Vergütung zu berechnen, zu prüfen und zu kontrollieren (Ziff. 1.3 der Vereinbarung). Diese neue Berechnung - anknüpfend an die Jahreseinnahmen aus der Nutzung der Erfindung - stelle eine verlässliche Grundlage für die Berechnung der Vergütung dar und berücksichtige angemessen den Beitrag des Erfinders an der Erfindung, und zwar sowohl hinsichtlich des Beitrags von Miterfindern als auch des Beitrags der Beklagten (Ziff. 1.4 der Vereinbarung). Die in den Jahren 2002, 2003 und 2004 an den Kläger gezahlten Vergütungen würden 0,031% der Jahreseinnahmen betragen, was den Erfinderanteil an der Erfindung widerspiegle (Ziff. 2.1. der Vereinbarung). Für 2005 und die Folgejahre werde daher 0,031% der Jahreseinnahmen als Berechnungsformel vereinbart (Ziff. 2.2 der Vereinbarung). Wegen des weiteren Wortlauts der Vereinbarung in Übersetzung wird auf die Anlage K1 (Bl. 45 ff. d.A.) verwiesen.
In den Folgejahren wurde die Erfindervergütung nach dieser Formel berechnet.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er Anspruch auf zusätzliche € 2x.xxx,xx für 2013 habe. Bei der Festlegung der Bezugsgröße der Jahreseinnahmen bestünde Einvernehmen zwischen den Part...