Entscheidungsstichwort (Thema)
Informationsanspruch des örtlichen Betriebsrats zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen
Leitsatz (amtlich)
Der örtliche Betriebsrat eines Unternehmens mit mehreren Betriebsstätten kann nach § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IX neben dem Anschreiben an die Bundesagentur für Arbeit nur diejenigen Informationen über beschäftigte schwerbehinderte Menschen verlangen, die den jeweiligen örtlichen Betrieb betreffen.
Normenkette
SGB IX § § 71 ff., § 80 Abs. 1-2, § § 81 ff., § 93; BetrVG § 80; ArbGG § 93 Abs. 2; SGB IX § 80 Abs. 2 Sätze 1-3
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 27.04.2016; Aktenzeichen 10 BV 9/15) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München - Kammer Ingolstadt - vom 27.04.2016 - 10 BV 9/15 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, dem Antragsteller einmal jährlich bis spätestens zum 31.03. eine Anzeige der Daten, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung deren Erfüllung und der Ausgleichsabgabe im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die für die Beteiligte zu 2) zuständige Agentur für Arbeit gemacht wurden, sowie eine Kopie des Verzeichnisses der bei der Beteiligten zu 2) beschäftigten Schwerbehinderten, ihnen gleichgestellten Behinderten und sonstigen anrechnungsfähigen Personen für den Betrieb in A-Stadt - Betriebsstätte A-Straße, A-Stadt zu übermitteln.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch über die Frage, ob die Übermittlungspflichten der Beteiligten zu 2) aus § 80 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gegenüber dem Beteiligten zu 1) bestehen und bejahendenfalls bezogen auf den Betrieb oder das Unternehmen.
Bei der Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) handelt es sich um ein in Südbayern tätiges Einzelhandelsunternehmen im Lebensmittelbereich, das an verschiedenen Orten Verkaufsfilialen unterhält. Für die Filiale in A-Stadt, A-Straße, ist der Antragsteller (im Folgenden: Betriebsrat) gewählt. Darüber hinaus besteht bei der Arbeitgeberin ein Gesamtbetriebsrat.
Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Unternehmen schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte behinderte Menschen. Durch rechtskräftigen Beschluss vom 17.06.2015 (8 TaBV 8/15) hat das Landesarbeitsgericht München den Antrag des Gesamtbetriebsrats, die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm einmal jährlich eine Kopie der Anzeige der Daten, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und der Ausgleichsabgabe i. S. d. § 80 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die für die Arbeitgeberin zuständige Agentur für Arbeit gemacht wurden, sowie eine Kopie des Verzeichnisses der bei ihr beschäftigten schwerbehinderten, ihnen gleichgestellten behinderten Menschen oder sonstigen anrechnungsfähigen Personen, gesondert für jeden Betrieb, zu übermitteln, zurückgewiesen.
Mit dem vorliegenden Beschlussverfahren hat der Betriebsrat zuletzt die Feststellung begehrt, dass die Arbeitgeberin ihm gegenüber zur Übermittlung der unternehmensbezogenen Daten aus § 80 Abs. 2 Satz 3 SGB IX verpflichtet sei. Eine Versendung von einem lediglich auf den jeweiligen Betrieb bzw. die jeweilige Betriebsstätte begrenzten Auszug sei im Hinblick auf die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats unzureichend und werde vom Wortlaut des § 80 SGB IX nicht gedeckt.
Der Betriebsrat hat beantragt:
1. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft über Anzahl, Name und Betriebsstätte der in ihrem Unternehmen beschäftigten schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen i. S. d. § 2 SGB IX zu erteilen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, dem Antragsteller einmal jährlich bis spätestens zum 31.03. eine Kopie der Anzeige der Daten, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung der Erfüllung und der Ausgleichsabgabe i. S. d. § 80 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die für die Beteiligte zu 2) zuständige Agentur für Arbeit gemacht wurden, sowie eine Kopie des Verzeichnisses der bei der Beteiligten zu 2) beschäftigten schwerbehinderten, ihnen gleichgestellten behinderten Menschen und sonstigen anrechnungsfähigen Personen, gesondert für jeden Betrieb, zu übermitteln.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dass für die Arbeit des örtlichen Betriebsrats die Kenntnis der Anzahl sowie der Namen der schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten behinderten Menschen aus anderen Betriebsstätten unerheblich sei. Auch sei nach § 80 Abs. 1 Satz 1 SGB IX das Verzeichnis gesondert für jeden Betrieb zu führen. Des Weiteren sei die Forderung auf Vorlage des Verzeichnisses nach § 80 Abs. 1 SGB IX für die Filiale A-Stadt in der Vergangenheit erfüllt worden. Auch sei Auskunft über die im Betrieb be...