Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgeld bei Verstoß gegen arbeitsgerichtlichen Beschluss zur Unterlassung der Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der "roten Phase" ihres Arbeitszeitkontos. Umfang einer vom Betriebsrat für ein Beschlussverfahren erteilten Prozessvollmacht
Leitsatz (redaktionell)
Die Prozessvollmacht des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats im Ausgangsfahren rechtsfertigt auch einen Vollstreckungsantrag gemäß § 101 Satz 2 BetrVG. Der ein Beschlussverfahren einleitende Beschluss des Betriebsrats ist nicht auf einzelne Verfahrensanträge beschränkt.
Normenkette
ZPO §§ 890, 81; BetrVG § 101 S. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 15.10.2014; Aktenzeichen 34 BV 628/13) |
Tenor
Gegen die Antragsgegnerin wird ein Ordnungsgeld in Höhe von € 10.000,00 verhängt.
Gründe
I.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15.10.2014 - 34 BV 628/13 die Arbeitgeberin verpflichtet, zukünftig zu unterlassen, Arbeitnehmer, deren Zeitguthaben den Wert der zweifachen individuellen wöchentlichen Arbeitszeit überschritten haben und sich daher in der "roten Phase" befinden, täglich länger als die im jeweiligen Dienstplan festgelegte Arbeitszeit zu beschäftigen oder eine solche Beschäftigung zu dulden, sofern nicht der Betriebsrat dem zugestimmt hat, solange die Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit vom 30.04.2007 rechtliche Wirksamkeit entfaltet. Die von der Arbeitgeberin dagegen mit Schriftsatz vom 12.12.2014 eingelegte Beschwerde wurde vom Landesarbeitsgericht mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Beschluss vom 12.01.2016 - 7 TaBV 74/14 - zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 27.09.2016 - 34 BV 628/13 - (Bl. 418-419 d. A.) hat das Arbeitsgericht auf Antrag des Betriebsrats der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 15.10.2014 - 34 BV 628/13 ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 € angedroht.
Mit einem am 01.06.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Betriebsrat beantragt, gegen die Arbeitgeberin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 € pro Fall der Zuwiderhandlung festzusetzen.
Zur Begründung des Antrags hat er darauf verwiesen, dass die Arbeitgeberin gegen ihre Unterlassungsverpflichtung aus dem Beschluss vom 15.10.2014 verstoßen habe und dass die Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit vom 30.04.2007 weiterhin rechtliche Wirksamkeit entfalte. Es sei festgestellt worden, dass mit Stand 07.04.2017 die Mitarbeiterinnen S. und F. aus der Filiale M. sich in der "roten Phase" ihres Arbeitszeitkontos mit Stand S. 107,51 und Stand F. 189,82 befanden. Ihre wöchentliche Arbeitszeit habe jeweils 19,25 Stunden betragen, so dass der Wert der zweifachen individuellen Arbeitszeit im Zeitguthaben deutlich überschritten gewesen sei und sich die Mitarbeiterinnen daher in der "roten Phase" der Betriebsvereinbarung befunden hätten. Dennoch habe die Arbeitgeberin eine Arbeitsplanung für die Mitarbeiterinnen dem Betriebsrat zur Zustimmung vorgelegt, wonach die Mitarbeiterinnen weiterhin Mehrarbeit hätten leisten sollen. Die Planung habe ein Plus über der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit für Frau S. von 6,683 Stunden und für Frau F. von 2,766 Stunden enthalt. Der Betriebsrat habe dieser Planung nicht zugestimmt und der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 11.04.2017 seine Ablehnung zur Kenntnis gebracht.
Dennoch habe der Betriebsrat feststellen müssen, dass die Mitarbeiterinnen S. und F. in der Woche vom 10. bis 15.04.2017 zu ungenehmigten Zeiten wie folgt gearbeitet hätten:
Frau S.: Montag und Dienstag zehn Stunden, Freitag 3,850 Stunden, somit insgesamt 23,850 Stunden, was einer Mehrarbeit von 4,6 Stunden über der Wochenarbeitszeit von Frau S. entsprochen habe.
Frau F.: Montag und Donnerstag zehn Stunden, Freitag 3,850 Stunden, Samstag vier Stunden, somit insgesamt 27,850 Stunden, was einer Mehrarbeit von 8,6 Stunden über der Wochenarbeitszeit von Frau F. entsprochen habe.
Der Betriebsrat hat gemeint, dass ein eklatanter Verstoß gegen den rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 15.10.2004 vorliege und dass ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,00 € pro Fall des Verstoßes angemessen und gerechtfertigt sei.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und sich dagegen mit einem sechzehnseitigen Schriftsatz vom 07.07.2017 (Bl. 466 - 481 d. A.), auf den Bezug genommen wird, gewandt. Sie hat mit Nichtwissen das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses zur Einleitung des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens bestritten. Weiter hat die Arbeitgeberin behauptet, dass, eine Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Beschlusses vom 15.10.2014 sei nicht und gerügt, dass ebenso keine Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Beschlusses vom 27.09.2016 (= Ordnungsgeldandrohung in Höhe von bis zu 10.000,00 €) erfolgt sei. Die Arbeitgeberin hat auch gemeint, der Antrag des Betriebsrats sei schon als unzulässig abzuweisen, denn ein Ord...