Entscheidungsstichwort (Thema)
Immunität (Art. 25 GG)
Leitsatz (amtlich)
In zweiter Instanz erfolgreiche Erinnerung gegen Erteilung einer Vollstreckungsklausel: Das (Teil-) Versäumnisurteil, durch das der Klage auf restliches Entgelt gegen die beklagte Republik stattgegeben wurde die den Einbehalt des Entgelts mit dem Abzug einer griechischen Quellensteuer begründet, ist nichtig, weil es auf der Annahme gründet, die Beklagte habe griechisches Steuerrecht fehlerhaft angewandt. Der materiellen Prüfung griechischen Steuerrechts steht aber die Immunität der beklagten Republik (Art. 25 GG) entgegen.
Normenkette
GG Art. 25; ZPO § 724 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 02.11.2011; Aktenzeichen 35 Ca 17879/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten und Beschwerdeführerin wird der Beschluss des ArbG München vom 02.11.2011 – 35 Ca 17879/09 abgeändert.
2. Die vom ArbG München am 16.06.2011 gegen die Beklagte und Beschwerdeführerin erteilte vollstreckbare Ausfertigung zum Teilversäumnisurteil des ArbG München vom 25.05.2011 – 35 Ca 17879/09 – und die Zwangsvollstreckung aus ihr sind unzulässig.
3. Die Kosten des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger und Beschwerdegegner.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit seiner zum Arbeitsgericht München erhobenen Klage vom 25. November 2009 begehrt der Kläger und Erinnerungsgegner (im Folgenden: Kläger) die Zahlung restlichen Entgelts für die Jahre 2002 bis 2008, die Erteilung von Auskunft über die für das Jahr 2009 einbehaltenen Löhne und deren Zahlung sowie die Unterlassung, weiterhin 5% des Arbeitslohnes einzubehalten.
Der Kläger trägt zur Sache vor, er sei seit dem 22.09.1989 als Lehrkraft für die privaten Volksschulen der A. in A-Stadt und im Landkreis Dachau angestellt. Es bestehe ein Arbeitsvertrag vom 01.07.1994 zwischen dem „K” und dem Kläger vom 01.07.1994 (vergleiche K 1). Mit Schreiben vom 07.07.1994 sei dem Kläger mitgeteilt worden, sein Arbeitsvertrag werde modifiziert. Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 24.01.2002 mitgeteilt, dass ab Februar 2002 ein Anteil von 5% des Entgelts als Quellensteuer einbehalten werde (vergleiche Anlage K 2). Begründet worden sei dies mit einer angeblichen Steuerpflicht des Klägers gegenüber der Beklagten. Die Beklagte habe für die Jahre 2002 bis einschließlich 2008 jeweils die nunmehr eingeklagten Beträge einbehalten (vergleiche Anlagen K 3 bis K 9). Bereits mit Schreiben vom 24.10.2002 sei das Generalkonsulat in AStadt durch das Wirtschaftsministerium der Beklagten darüber informiert worden, dass der Einbehalt nicht erfolgen dürfe, wenn es sich um deutsche Steuerbürger handle (vergleiche Anlage K 10). Der Kläger habe von dem Schreiben erst am 09.09.2008 Kenntnis erlangt. Er unterliege der Quellensteuer nicht, was der Beklagten ausweislich der Anlage K 11 bekannt sei. Nach erfolgloser Korrespondenz sei nunmehr Klage geboten. Die Beklagte nehme rechtsirrig an, dass die Voraussetzungen für die fünfprozentige Quellensteuer gegeben seien. Der Kläger erziele Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und versteuere sein Einkommen nur in der F.. Es sei daher durch das gemeinsame Doppelbesteuerungsabkommen vom 18.04.1966 geschützt. Auskunft schulde ihm die Beklagte nach dem Arbeitsvertrag. Er könne auch die Unterlassung weiterer Eingriffe in seine gesicherte Rechtsposition verlangen.
Mit Schriftsatz vom 27.9 2010 erweiterte der Kläger seine Klage auf Zahlung des einbehaltenen Betrages für das Jahr 2009, mit Schriftsatz vom 10.05.2011 auf Zahlung des einbehaltenen Betrages für das Jahr 2010.
Im Termin vom 25.05.2011 erging Teilversäumnisurteil gegen die nicht erschienene Beklagte und Erinnerungsführerin (im Folgenden: Beklagte); auf Bl. 116 bis 119 der Akte wird Bezug genommen. Eine Ausfertigung wurde ihrem Prozessvertreter am 08.06.2011 zugestellt. Bereits mit Schriftsatz vom 01.06.2011 legte die Beklagte Einspruch ein. Er ging am selben Tage per Telefax beim Arbeitsgericht München ein.
Am 16.06.2011 wurde dem Kläger eine vollstreckbare Ausfertigung des Teilversäumnisurteils erteilt und übersandt.
Mit Schriftsatz vom 08.08.2011 beantragte die Beklagte, das Teilversäumnisurteil aufzuheben, hilfsweise den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht A-Stadt zu verweisen. Zur Begründung wurde die Auffassung vertreten, die deutsche Gerichtsbarkeit sei im vorliegenden Fall nicht eröffnet. Die Beklagte genieße Immunität. Es sei nicht auf die Rechtsnatur der Gehaltsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abzustellen. Der Kläger wolle mit seiner Klage die Klärung erreichen, ob der S. berechtigt sei, den Steuerabzug vorzunehmen. Dies sei keine privatrechtliche, sondern eine öffentlich-rechtliche Auseinandersetzung. Wenn Staaten Steuer erheben, würden sie hoheitlich tätig. Selbst wenn die sonst mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers zusammenhängenden Fragen nicht einer hoheitlichen Betätigung des S. zugeschrieben werden können, so sei do...