Entscheidungsstichwort (Thema)
E-Mail-Verzeichnis für den Gesamtbetriebsrat
Leitsatz (amtlich)
Die Zurverfügungstellung und Pflege eines E-Mail-Verteilers durch den Arbeitgeber mit den Mail-Adressen sämtlicher Arbeitnehmer ohne die leitenden Angestellten für den Gesamtbetriebsrat, der im Intranet des Arbeitgebers über eine eigene Seite verfügt, ist ohne besondere Begründung nicht generell für die laufende Geschäftsführung des Gesamtbetriebsrats erforderlich i. S. v. §§ 51 Abs. 1, 40 Abs. 2 BetrVG. Dies gilt auch, wenn sich der Arbeitgeber in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit per Rundmail an die Belegschaft gewandt hat.
Normenkette
BetrVG §§ 23, 40, 50-51; ArbGG § 85
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 18.01.2008; Aktenzeichen 3 BV 282/07) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts München vom18.01.2008 – 3 BV 282/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird für den Antragsteller zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, dem Beteiligten zu 1) für seine laufende Geschäftsführung einen eigenen E-Mail-Verteiler mit den E-Mail-Adressen sämtlicher Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten zur Verfügung zu stellen.
Der Beteiligte zu 1) ist der im Unternehmen der Beteiligten zu 2) gebildete Gesamtbetriebsrat. Die Beteiligte zu 2) ist ein bundesweit tätiges Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsunternehmen mit ca. 3500 Mitarbeitern in Niederlassungen an verschiedenen Standorten, an denen teilweise örtliche Betriebsräte bestehen.
Der Gesamtbetriebsrat verfügt über Personalcomputer, über die er Zugang zum E-Mail-System, zum unternehmensinternen Intranet und zum Internet hat. Im unternehmensweiten Intranet hat der Gesamtbetriebsrat eine eigene Seite, die er selbst betreut und pflegt. Der Gesamtbetriebsrat gibt über das Intranet auch einen „GBR-Newsletter” heraus.
Bei der Arbeitgeberin existieren derzeit ca. 40 E-Mail-Verteiler, die manuell von der Abteilung IT gepflegt werden. Darunter befindet sich ein unternehmensweiter E-Mail-Verteiler, der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitgeberin unter Einschluss der leitenden Angestellten umfasst und der Geschäftsführung der Arbeitgeberin zur Verfügung steht. Ein unternehmensweiter E-Mail-Verteiler mit den Mail-Adressen sämtlicher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten existiert nicht.
Die Arbeitgeberin lehnte das Verlangen des Gesamtbetriebsrats auf Erstellung eines solchen E-Mail-Verteilers wiederholt ab.
Der Gesamtbetriebsrat hat im ersten Rechtszug vorgebracht, der von ihm begehrte unternehmensweite E-Mail-Verteiler sei für eine unverzügliche und einheitliche Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erforderlich. Insgesamt hätten 98 Prozent der Beschäftigten einen direkten Zugang zum Mail-System. Insofern sei die über das Intranet zur Verfügung gestellte Informationsmöglichkeit nicht ausreichend. Wegen der Kontrollmöglichkeit des Arbeitgebers über die Startseite des Intranets bedürfe es der zur Verfügungstellung des E-Mail-Verteilers, weil nur so eine kontrollfreie Kommunikation mit den Beschäftigten möglich sei. Auch berührten sich die Aufgaben von Arbeitgeber und Betriebsrat im Rahmen der betrieblichen Mitwirkung und Mitbestimmung in der Weise, dass der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie auf Arbeitgeberseite den erforderlichen Umfang der dem (Gesamt-)Betriebsrat zur Verfügung zu stellenden Sachmittel beeinflussen könne. Insoweit bestehe eine (beschränkte) Waffengleichheit zwischen den Betriebsparteien. Schließlich sei der Zugang zum Intra- und Internet bei der Vielzahl der bei Kunden eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht gewährleistet, weil die Remote-Einwahl in das Netzwerk der Arbeitgeberin vom Kunden erlaubt werden müsse. Nicht zuletzt könne der Gesamtbetriebsrat mit Hilfe des begehrten E-Mail-Verteilers diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichen, in deren Betrieben kein Betriebsrat existiere.
Der Gesamtbetriebsrat hat im ersten Rechtszug beantragt:
- Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller für seine laufende Geschäftsführung einen eigenen E-Mail-Verteiler mit den Mail-Adressen sämtlicher Arbeitnehmer der Antragsgegnerin mit Ausnahme der leitenden Angestellten zur Verfügung zu stellen.
- Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1. ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch Euro 10.000,00, angedroht.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Gesamtbetriebsrat verfüge über ausreichende Kommunikationsmittel, gemessen an den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen zu § 40 BetrVG. Entgegen der Darstellung des Gesamtbetriebsrats sei das Intranet der Arbeitgeberin in gutem Zustand. Eine Kontrolle der Veröffentlichungen des Gesamtbetriebsrats durch die Arbei...