Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des beigeordneten Prozessbevollmächtigten bei gesonderten Klagen zahlreicher Mandanten in gleichgelagerten Fällen. Berichtigung rechtsmissbräuchlicher Kostenkumulierung im Kostenfestsetzungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Staatskasse ist nicht verpflichtet, auf Kosten des Steuerzahlers Kosten zu tragen, die bei Beachtung der Grundsätze einer wirtschaftlichen Prozessführung nicht entstanden wären.

2. Der Prüfung der Verursachung unnötiger Kosten durch die Führung getrennter Verfahren steht es nicht entgegen, dass in den getrennten Verfahren den Klägern jeweils Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.

3. Eine getrennte Prozessführung mehrerer gleichartiger Verfahren verschiedener Kläger kann gerechtfertigt sein, wenn Interessengegensätze bestehen oder durch ein gemeinsames Verfahren Interessenkonflikte zu befürchten sind. Dies ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung in den Schriftsätzen nahezu wortgleich erfolgt und sich die Parteien von dem gleichen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen (Anschluss an BGH MDR 2007, 1160).

 

Normenkette

RVG §§ 33, 55-56; ZPO § 104; RVG § 55 Abs. 1; BRAO § 43a Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 15.06.2011; Aktenzeichen 13 Ca 7285/09)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 15.06.2011 (Az.: 13 Ca 7285/09) teilweise aufgehoben.

II. Auf die Erinnerung der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 10.03.2011 teilweise abgeändert:

1. Die Frau Rechtsanwältin F. aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf € 146,85 festgesetzt.

2. Die von Frau Rechtsanwältin F. an die Staatskasse zu viel gezahlte Vergütung in Höhe von € 521,45 ist an die Staatskasse zurückzuerstatten.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 15.06.2011 zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der der Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung.

Die dem Kläger mit Beschluss vom 05.07.2010 ab Antragstellung im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Prozessbevollmächtigte hat für diesen mit einer am 15.05.2009 bei dem Arbeitsgericht München eingegangenen Klage Forderungen gegen die Beklagte zu 1) über € 5.567,26 brutto abzüglich € 1.854,00 netto und gegen beide Beklagte gesamtschuldnerisch über € 1.748,20 netto sowie die Feststellung nicht in Anspruch genommenen Urlaubs für jeweils die Zeit vom 04.10.2008 bis 20.11.2008 geltend gemacht. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass der Kläger als einer von ca. 70 Arbeitnehmern aus der Türkei durch die Beklagte zu 1) auf einer von der Beklagten zu 2) betriebenen Baustelle in A-Stadt als Eisenflechter eingesetzt worden sei und dort in der Zeit vom 04.10.2008 bis 31.10.2008 237 Stunden und im November 2008 175 Stunden gearbeitet habe, wofür ihm unter Berücksichtigung eines Gesamttarifstundenlohns von € 12,85 brutto und eines Überstundenzuschlags von 25 % für Oktober 2008 ein Vergütungsanspruch von € 3.196,44 brutto abzüglich erhaltener € 1.066,50 gegen die Beklagte zu 1) und € 998,13 netto gegen beide Beklagte gesamtschuldnerisch und für den Monat November 2008 von € 2.380,46 brutto abzüglich erhaltener € 787,50 netto gegen die Beklagte zu 1) und € 750,08 gegen beide Beklagte gesamtschuldnerisch zustehe und in diesem Zeitraum dem Kläger kein bezahlter Urlaub gewährt worden sei.

Mit ebenfalls am 15.05.2009 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klagen gegen die gleichen Beklagten hat die gleiche Prozessbevollmächtigte für die Herren

- G. (Az.: 12 Ca 7266/09),

- H. (Az.: 12 Ca 7267/09),

- I. (Az.: 12 Ca 7268/09),

- J. (Az.: 12 Ca 7269/09),

- K. (Az.: 13 Ca 7270/09),

- L. (Az.: 13 Ca 7271/09),

- M. (Az.: 13 Ca 7272/09),

- N. (Az.: 13 Ca 7273/09),

- O. (Az.: 13 Ca 7274/09),

- P. (Az.: 13 Ca 7275/09),

- QU. (Az.: 13 Ca 7276/09),

- R. (Az.: 13 Ca 7277/09),

- S. (Az.: 13 Ca 7278/09),

- T. (Az.: 13 Ca 7279/09),

- U. (Az.: 13 Ca 7280/09),

- V. (Az.: 13 Ca 7281/09),

- W. (Az.: 13 Ca 7282/09),

- X. (Az.: 13 Ca 7283/09),

- Y. . (Az.: 13 Ca 7284/09),

- Z. (Az.: 13 Ca 7286/09),

- AA. (Az.: 13 Ca 7287/09),

- AB. (Az.: 13 Ca 7288/09),

- AC. (Az.: 16 Ca 7289/09),

- AD. (Az.: 16 Ca 7290/09),

- AE. (Az.: 16 Ca 7291/09),

- AF. (Az.: 16 Ca 7292/09),

- AG. (Az.: 16 Ca 7293/09),

- AH. (Az.: 16 Ca 7294/09),

- AI. (Az.: 16 Ca 7295/09),

- AJ. (Az.: 16 Ca 7296/09),

- AK. (Az.: 16 Ca 7297/09),

- AL. (Az.: 16 Ca 7298/09),

- AM. (Az.: 16 Ca 7299/09),

- AN. (Az.: 16 Ca 7301/09),

- AO. (Az.: 16 Ca 7302/09)

ebenfalls Forderungen und hinsichtlich des Urlaubs entsprechende Feststellungsanträge verfolgt.

Die Begründungen in diesen Verfahren stimmen mit derjenigen im vorliegenden Verfahren nahezu wortgleich bis auf den Unterschied überein, dass einige wenige Arbeitnehmer auch auf weiteren Baustellen beschäftigt gewesen seien und sich die angegebenen geleisteten St...

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