Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Vergütungsordnung
Leitsatz (amtlich)
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats – Verpflichtung der Arbeitgeberin, eine Eingruppierung in eine betriebliche Vergütungsordnung vorzunehmen, wenn diese zwar einen Arbeitnehmer einstellt, aber nicht eingruppiert (im Anschluss an BAG vom 26. Oktober 2004 – 1 ABR 37/03 – DB 2005, 561).
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1 S. 1, Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 21.03.2007; Aktenzeichen 3 BV 62/06) |
Nachgehend
Tenor
1. DerBeschluss des Arbeitsgerichts München vom21. März 2007 – Gz.: 3 BV 62/06 – wird geändert.
2. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die mit Wirkung zum 11. April 2005 eingestellte Arbeitnehmerin V. in das betriebliche Vergütungssystem VTFF einzugruppieren, eine Eingruppierungsentscheidung zu treffen, die Zustimmung des Beteiligten zu 1. hierzu einzuholen und im Zustimmungsverweigerungsfall das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
4. Gegen diesen Beschluss wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberseite in einem gemeinsamen Betrieb verpflichtet ist, eine Eingruppierungsentscheidung zu treffen und im Falle der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats das Zustimmungsersetzungsverfahren gem. § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben.
Der Beteiligte zu 1. (künftig: Betriebsrat) ist der Betriebsrat eines gemeinsamen Betriebs mit knapp 700 Arbeitnehmern der Beteiligten zu 2. bis 4.
Die Beteiligte zu 3. ist wie folgt entstanden:
Ursprünglich gab es die Fa. A. KG, die am 16. Juli 1960 mit der IG Metall einen Haustarifvertrag in Form eines Anerkennungstarifvertrages abgeschlossen hat. Zu diesem Unternehmen gehörten u. a. das sog. K., der SL. und der KL.; für eine Tätigkeit in Letzterem wurde die Arbeitnehmerin V. am 11. April 2005 eingestellt. Dieses Unternehmen „befand sich mit Ablauf des 31. Dezember 1973 in Liquidation”.
Am 6. Oktober 1977 wurde die Fa. A. GmbH & Co. B. KG (die Beteiligte zu 3.) gegründet, deren einzige Gesellschafterin und Kommanditistin die Fa. A. KG i. L. war; ihre Komplementärin war die Fa. A. GmbH, die am selben Tag gegründet wurde. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Beteiligten zu 2. bis 4. war die Beteiligte zu 3. ein Tochterunternehmen der Fa. A. KG i. L. Letztere hat am 1. Januar 1978 ihren gesamten Geschäftsbetrieb, also auch das sog. K. sowie den SL. und insbesondere den KL. (für den später die Arbeitnehmerin V. eingestellt wurde) gem. § 613a Abs. 1 BGB durch „Pacht- und Veräußerungsvertrag” auf die Beteiligte zu 3. übertragen.
Am 13. Juli 1979 endete die Liquidition der Fa. A. KG i. L. und sie wurde in eine oHG und dann im Jahr 2001 in die Fa. A. AG umgewandelt, die nunmehr die alleinige Kommanditistin der Beteiligten zu 3. ist.
Am 14. Juni 2002 wurde die Beteiligte zu 2. (künftig: Arbeitgeberin) gegründet. Bereits zum 1. Juli 2002 hat die Beteiligte zu 3. das sog. K. gem. § 613a Abs. 1 BGB auf die Beteiligte zu 4. übertragen, die zu keiner Zeit tarifgebunden war; ebenfalls zum 1. Juli 2002 wurde von ihr gem. § 613a Abs. 1 BGB der L. (bestehend aus SL. und KL.) auf die Arbeitgeberin übertragen. Im November 2002 ist dann die Arbeitgeberin mit der Fa. A. B. GmbH verschmolzen worden.
Hinsichtlich der „gesellschaftsrechtlichen Veränderungen” im gesamten Zeitraum wird auf die im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer vom 14. August 2007 entsprechende schematische Darstellung des Betriebsrats verwiesen (vgl. Bl. 119 d. A.).
Die Beteiligten haben am 25. Juni 2002 eine Betriebsvereinbarung folgenden Wortlauts geschlossen:
„Die Unternehmen … und der Betriebsrat-M. schließen anlässlich der Neustrukturierung der Gesellschaften folgende Betriebsvereinbarung.
- Mit Wirkung zum 01.07.2002 werden die bisher bei der Fa. A. GmbH & Co. B. KG beschäftigten Mitarbeiter des K. zur Fa. A. TV gem. § 613a BGB überführt. Zum gleichen Zeitpunkt werden die Aktivitäten der bisherigen L. in der C. auf das neu gegründete, ebenfalls zur A.-AG gehörende Unternehmen A. R. GmbH übertragen, sodass die Arbeitsverhältnisse der in diesem Bereich beschäftigten Mitarbeiter ebenfalls gem. § 613a BGB übergehen.
- Die Betriebsparteien sind sich einig, dass die aufnehmenden Gesellschaften in Bezug auf die genannten Mitarbeiter mit Wirkung zum 01.07.2002 betriebsverfassungsrechtlich in die Rechte und Pflichten der A. GmbH & Co. B. KG eintreten. Zudem wird die Tarifbindung, VTFF Tarifvertrag der Bereiche K. und L.-M., weiter aufrechterhalten.
- Die aufnehmenden Unternehmen sichern zu, unter beratender Mitwirkung des Betriebsrats die Möglichkeit eines Haustarifvertrages mit der Tarifvertragspartei zu prüfen.”
Unstreitig waren bei der Beteiligten zu 3. am Übertragungsstichtag 1. Juli 2002 in dem „Betriebsteil L.” 37 Arbeitnehmer tätig, von denen 23 Mitarbeiter in den Tarifvertrag VTFF und ein Mitarbeiter in den Tarifvertrag IG Metall eingruppi...