Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahlanfechtung. Betriebsratswahl. Anfechtung. Betriebsbegriff
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 11.01.1995; Aktenzeichen 17z BV 116/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin vom 16. Februar 1995 wird der Beschluß des Arbeitsgerichts München vom 11. Januar 1995 aufgehoben.
2. Die Betriebsratswahl vom 15. April 1994 wird für unwirksam erklärt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Arbeitgeberin erachtet die für den geographischen Bereich München einheitlich durchgeführte Betriebsratswahl 1994 als unwirksam; aus ihrer Sicht stellen Passage, Fracht und Reservierung in München eigenständige Betriebe im Sinne des § 4 S. 1 BetrVG dar.
Die antragstellende Arbeitgeberin ist die Niederlassung der holländischen Luftfahrtgesellschaft in Deutschland mit Sitz in Neu-Isenburg. Sie unterhält Reservierungszentralen, Abfertigungsbüros und Frachtbüros. Die Abfertigungs- und Frachtbüros liegen jeweils auf dem Flughafengelände, im Streitfall auf dem Gelände des Flughafens Franz-Josef-Strauß. Die Reservierungszentrale (für Süddeutschland) liegt im Zentrum Münchens.
Nachdem die Betriebsratswahlen in der zurückliegenden Zeit jeweils für die drei Bereiche (Passage, Fracht, Reservierung) einheitlich durchgeführt worden waren, beanstandet die Arbeitgeberin dieses Vorgehen nunmehr auf breiter Ebene. Sie hat in diesem Zusammenhang Beschlußverfahren einleiten lassen zur Klärung des Betriebsbegriffs und auch die am 15. April 1994 durchgeführte Betriebsratswahl für den Münchner Bereich angefochten mit der Begründung, der Wahlvorstand habe den Betriebsbegriff verkannt; Passage, Fracht und Reservierung stellten (auch hier) eigenständige Betriebe im Sinne von § 4 S. 1 BetrVG dar.
Reservierungszentrale, Abfertigungsbüro und Prachtbüro haben grundsätzlich eigene Leiter, die jeweils direkt der Zentrale in Neu-Isenburg unterstehen und ihren Bereich unabhängig voneinander und ohne Einfluß auf die anderen Bereiche leiten. In München arbeiten in der Reservierungszentrale ca. 14 Angestellte, im Passagebereich sind rd. 41 und im Frachtbereich rd. 11 Beschäftigte eingesetzt. Die Dienst-, Schicht- und Urlaubspläne für die in seinem Bereich eingesetzten Mitarbeiter werden vom jeweiligen Leiter erstellt, der auch Überstunden anordnen kann. Der Personalleiter in der Zentrale Neu-Isenburg achtet auf Einheitlichkeit bei der örtlichen Durchführung. Die Bezahlung der Mitarbeiter erfolgt nach einem Haustarifvertrag, übertarifliche Zuschläge gibt es nicht, über Gehaltserhöhungen entscheidet die Zentrale.
Der mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 29. April 1994 gestellte Antrag gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG ist beim Arbeitsgericht München am 29. April 1994 eingegangen und erfolglos geblieben. Auf die Begründung der Entscheidung vom 11. Januar 1995 wird Bezug genommen.
Mit der am 17. Februar 1995 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Beschwerde gegen diese ihren Verfahrensbevollmächtigten am 9. Februar 1995 zugestellte Entscheidung verfolgt die Arbeitgeberin ihre Wahlanfechtung weiter. Die Beschwerdebegründung ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 12. April 1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Darin wird die Organisation der Bereiche Fracht und Passage noch einmal geschildert und insbesondere darauf hingewiesen, daß diese Bereiche weltweit getrennt organisiert und erst in der niederländischen Unternehmenszentrale bei der Geschäftsleitung zusammengeführt seien. Soweit das Erstgericht im wesentlichen darauf abgestellt habe, wo die Arbeitgeberfunktionen im Bereich der personellen und sozialen Mitbestimmung angesiedelt seien und das Schwergewicht dieser mitbestimmungspflichtigen Arbeitgeberaufgaben der zentralen Personalleitung zugeschrieben habe, läßt die Arbeitgeberin das beanstanden und einwenden, daß die örtlichen Bereichsleiter im Rahmen des ihnen zur Verfügung gestellten Budgets über Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern selbständig entscheiden könnten (und müßten). Damit lautet der Beschwerdeantrag:
Unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts München vom 11. Januar 1995 die Betriebsratswahl vom 15. April 1994 für unwirksam zu erklären.
Der Betriebsrat läßt beantragen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Den Ausführungen der Arbeitgeberin tritt er entgegen und bestreitet insbesondere mit Nachdruck die Befugnis der örtlichen „Personalleiter” (Bereichsleiter) zu selbständigen Personalentscheidungen. Aus seiner Sicht findet die Personalplanung ausschließlich zentral in Neu-Isenburg statt und dort werden auch die Personalakten geführt.
Die Beschwerdekammer hat nach Maßgabe ihres Beweisbeschlusses vom 27. Februar 1996 Herrn Michael Hildebrandt als Zeugen vernommen; seine unbeeidigt gebliebene Aussage ist in der Sitzungsniederschrift vom 27. Februar 1996 (Bl. 185–189 d. A.) festgehalten.
Zur Ergänzung des Beteiligtenvorbringens im Beschwerdeverfahren wird ferner Bezug genommen auf die Beschwerde...