Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bei der Gewährung einer erhöhten Endstufe oder einer Stufenvorweggewährung nach dem einschlägigen Tarifvertrag
Leitsatz (amtlich)
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Gewährung einer erhöhten Endstufe oder einer Stufenvorweggewährung nach dem einschlägigen Tarifvertrag der Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist. Das vom Betriebsrat geltend gemachte Mitbestimmungsrecht besteht nicht, denn die Entscheidung der Arbeitgeberin nach § 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA ist keine personelle Einzelmaßnahme iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG, insbesondere liegt auch keine Umgruppierung vor und auch kein Normenvollzug eines Eingruppierungssystems.
Normenkette
TV-Ärzte/VKA § 20 Abs. 5; BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 23.05.2017; Aktenzeichen 3 BV 1228/16) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 23.05.2017 - 3 BV 1228/16 abgeändert.
Der Antrag des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob bei einer Stufenvorweggewährung oder der Gewährung einer erhöhten Endstufe nach § 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zusteht.
Im Betrieb der tarifgebundenen Antragsgegnerin (fortan Arbeitgeberin) kommt u. Z.a. der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (fortan: TV-Ärzte/VKA) vom 17.08.2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 5 vom 05.02.2015 zur Anwendung.
§ 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA lautet:
"Soweit es zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von qualifizierten Fachkräften erforderlich ist, kann Ärztinnen und Ärzten im Einzelfall, abweichend von dem sich aus der nach § 19 und § 20 Abs. 4 ergebenden Stufe ihrer/seiner jeweiligen Entgeltgruppe zustehenden Entgelt, ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweggewährt werden. Haben Ärztinnen und Ärzte bereits die Endstufe ihrer jeweiligen Entgeltgruppe erreicht, kann ihnen unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ein bis zu 20 v.H. der Stufe 2 ihrer jeweiligen Entgeltgruppe höheres Entgelt gezahlt werden."
Anlässlich einer Stufenvorweggewährung nach § 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA bei dem leitenden Oberarzt Dr. A. teilte die Arbeitgeberin dem Antragsteller (fortan: Betriebsrat) mit Schreiben vom 17.10.2016 (Bl. 6 - 7 d.A.) mit, dass dazu kein Mitbestimmungsrecht bestünde. Dennoch hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat aber rein hilfsweise ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an, worauf dieser dem Antrag zustimmte.
Vor dem Arbeitsgericht hat der Betriebsrat gemeint, dass er in Fällen der Stufenvorweggewährung bzw. der Gewährung einer erhöhten Endstufe nach § 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA nach § 99 BetrVG zu beteiligen sei. Die entsprechende Tarifnorm enthalte Tatbestandsmerkmale, wie etwa den Begriff "regionalen Differenzierung" und daher müsse es eine Überprüfbarkeit der Kriterien geben, da sie andernfalls gar nicht in die Tarifnorm hätten aufgenommen werden müssen. Der Betriebsrat hat sich auch auf Gerichtsentscheidungen berufen, wonach im Rahmen von Ermessensentscheidungen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bestünde.
Vor dem Arbeitsgericht hat der Betriebsrat beantragt:
Es wird festgestellt, dass Fälle der Stufenvorweggewährung oder der Gewährung einer erhöhten Endstufe nach § 20 Abs. 5 TV-ÄRZTE/VKA der Mitbestimmung nach § 99 BetrVG unterliegen.
Die Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Die Arbeitgeberin hat vorab das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag bezweifelt und weiter gemeint, dass bei Maßnahmen nach § 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG habe, denn die Tarifvertragsparteien hätten mit dieser Vorschrift dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnen wollen, unter bestimmten Voraussetzungen den Mitarbeitern zusätzliche Entgeltleistungen in Form einer Zulage zum Tabellenentgelt zukommen zu lassen und ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, obliege allein der Einschätzung des Arbeitgebers. Es würde sich dabei um eine Ermessensentscheidung des Arbeitgebers für Einzelfälle handeln, denn Tarifbeschäftigte hätten weder Anspruch auf die Gewährung der Zulage als solche noch auf eine bestimmte Zulagenhöhe, während die Eingruppierung hingegen eine nicht ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte Rechtsanwendung sei. Die Anwendung des § 20 Abs. 5 TV- Ärzte/VKA habe eine Einwertung nach dem TV-Ärzte/VKA vorausgesetzt und der Mitarbeiter habe bereits eine tarifvertraglich richtige Vergütung. Die Arbeitgeberin hat weiter darauf verwiesen, dass die Mitbestimmung nach § 99 BetrVG eine Rechtskontrolle durch den Betriebsrat regle, denn er solle die korrekte Anwendung der tarifvertraglichen Eingruppierungsvorschriften überprüfen können. Bei § 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA habe d...