Revision zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsstelle nach BAT in einem großen Krankenhaus
Leitsatz (amtlich)
1. Arbeitsstelle i. S. des § 15 Abs. 7 BAT ist nicht immer der Betrieb oder die Dienststelle, sondern der räumliche abgrenzbare Bereich, in dem die Dienstleistung erbracht wird (Abweichung von BAG AP 4 § 15 BAT).
2. Die Arbeitsstelle einer Krankenschwester in einem großen Krankenhaus, dessen Stationen innerhalb eines umzäunten Areals in mehreren Gebäuden untergebracht sind, beginnt nicht an der Pforte des Krankenhausgebäudes.
Normenkette
BAT § 15 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 03.06.1985; Aktenzeichen 9 Ca 12757/84) |
Tenor
1.) Die Urteile des Arbeitsgerichts München vom 3.6.1985 – AZ: 9 Ca 12757/84 und 2 Ca 12758/84 – werden abgeändert und die Klagen abgewiesen.
2.) Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.
3.) Der Streitwert wird neu auf DM 8.800,– festgesetzt.
4.) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist die Frage streitig, wann die Arbeitszeit des Klägers bzw. der Klägerin (künftig: Kl.), die in Städtischen Krankenhaus … als Krankenpfleger bzw. Krankenschwester beschäftigt sind, beginnt. Beide Kl. und die Beklagte sind tarifgebunden. Auf das Arbeitsverhältnis findet deshalb gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG der BAT in der für die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) geltenden Fassung Anwendung. Aus § 15 Abs. 7 BAT leiten die Kl. die Auffassung her, ihre Arbeitszeit beginne mit dem Durchschreiten einer der zwei … Pforten des Krankenhauskomplexes. Die Beklagte meint, „Arbeitsstelle” im Sinne der vorgenannten Tarifnorm sei die Station, in der die Kl. eingesetzt sind. Der Zeitunterschied vom Durchschreiten der Pforte bis zum Erreichen der in einem größeren Gelände verteilten Stationen der Kl. beträgt unstreitig etwa 20 Minuten.
Die Kl. halten im Hinblick auf die Notwendigkeit der Umgestaltung ihrer Dienstpläne, die bisher dahin abgestellt sind, daß ihm Dienstzeit mit den Betreten der Station beginnt und im Hinblick auf die Bezahlung der Arbeitszeit vom Durchschreiten einer Pforte des Krankenhauses bis zum Erreichen der Station Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, daß ihre tätliche Arbeitszeit mit dem Betreten des Krankenhausgeländes an einer der Pforten beginne und ende. Mit zwei gleichlautenden Urteilen vom 3.6.1985 hat das Arbeitsgericht München wie folgt erkannt:
I. Es wird festgestellt, daß die tägliche Arbeitszeit des Klägers mit Betreten des Krankenhausgeländes des Krankenhauses … an der Pforte … oder der Pforte … beginnt und endet.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 4.400,–festgesetzt.
Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen gestellten Anträge sowie wegen der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts wird auf diese Entscheidungen Bezug genommen.
Gegen beide, der Beklagten am 27.11.1985 zugestellten Urteile richten sich ihre Berufungen vom 20.12.1985, die am 23.12.1985 bei Gericht eingingen und am 23.1.1986 begründet wurden. Das erkennende Gericht hat beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Beklagte trägt im Berufungsverfahren in wesentlichen vor, die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.4.1982 (AP 4 § 5 BAT), auf die das Erstgericht seine Urteile gestützt habe, könne nicht überzeugen.
Zwar sei der Begriff der „Arbeitsstelle,” auf den § 15 Abs. 7 BAT abstelle, in einer Protokollerklärung von den Tarifvertragsparteien näher erläutert. Aus dieser Protokollnotiz ergebe sich aber gerade nicht, daß eine abschließende Definition des Begriffes versucht worden sei. Wenn das BAG unter Arbeitsstelle den Betrieb oder die Dienststelle meine, so übersehe es die Formulierung „z. B.”, mit der die Tarifvertragsparteien die Begriffe der Dienststelle und des Betriebes versehen haben. Hieraus ergebe sich, daß es sich nur um eine beispielhafte Aufzählung von Arbeitsstellen handele und auch andere Dienststellen oder Betriebsteile, Außenstellen oder dergleichen, Arbeitsstelle sein können. Der Begriff der Arbeitsstelle könne auch nicht davon abhängig sein, ob ein Betriebsgelände umsäumt sei oder nicht. Der Hinweis des BAG auf die Nr. 4 SR 2 e I BAT könne schon deshalb nicht überzeugen, weil diese Sonderregelung für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber nicht anwendbar sei. Im übrigen sei der Bereich des Bundesministers der Verteidigung, für den ohnehin Sonderregelungen vereinbart werden mußten, für die Tarifvertragsparteien überschaubar gewesen, weshalb eine nähere Definition der Arbeitsstelle im Gegensatz zu den anderen öffentlichen Betrieben und Verwaltungen möglich gewesen sei.
Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 22.1.1986 (Bl. 49 bis 57 d.A.) und auf der ergänzenden Schriftsatz vom 12.5.1986 (Bl. 7 bis 83 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
die Endurteile des Arbeitsgerichts München vom 3.6.1985 (AZ: 9 Ca 12575...