Entscheidungsstichwort (Thema)
Kollision einer EU-Richtlinie mit nationalem Recht. Berechnung des Urlaubsentgelts
Leitsatz (amtlich)
Die Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 5 des Tarifvertrags zur Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern vom 21.11.1983 i. d. F. v. 19.05.2006 verstößt auch dann nicht gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 04.11.2003, wenn die Inanspruchnahme des Urlaubs zu einer Zeit erfolgt, in der sich die Berechnung der Höhe des Urlaubsentgelts durch den Bezug von Saison-Kurzarbeitergeld während saisonbedingten Arbeitsausfalls mindert.
Normenkette
BUrlG §§ 1, 13; Richtlinie 2003/88/EG vom 04.11.2003 Art. 7; Tarifvertrag zur Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern vom 21.11.1983 i.d.F. v. 19.05.2006: § 5
Verfahrensgang
ArbG Passau (Urteil vom 20.11.2007; Aktenzeichen 4 Ca 867/07) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau vom 20.11.2007 (Az.: 4 Ca 867/07) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Bezahlung von Urlaubsentgelt. Im Kern geht die Auseinandersetzung der Parteien dabei darum, ob der für allgemein verbindlich erklärte Tarifvertrag zur Urlaubsregelung für die Gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern mit Europarecht vereinbar ist.
Der 1961 geborene Kläger war vom 13.11.2006 bis 25.03.2007 bei der Beklagten, die eine Bauunternehmung betreibt, als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Er erzielte dabei bei einer jahresdurchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden einen Stundenlohn von EUR 16,73 brutto.
In der Zeit vom 01.01.2007 bis 25.03.2007 war der Kläger von einem saisonbedingten Arbeitsausfall betroffen und bezog deshalb Saison-Kurzarbeitergeld gemäß § 175 Abs. 1 SGB III.
Im Monat März 2007 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 20. bis 22. drei Tage Urlaub und bezahlte dem Kläger dabei ein Urlaubsentgelt in Höhe von 102,30 EUR. Hinsichtlich der Berechnung legte die Beklagte das lohnsteuerpflichtige Bruttoeinkommen des Klägers für den Monat Februar 2007 zugrunde, das 690,35 EUR (Bl. 55 d. A.) betrug.
Mit Schreiben vom 09.05.2007 (Bl. 5 d. A.) machte der Kläger einen ihn für die drei Tage zustehenden Urlaubsentgeltanspruch in Höhe von 381,44 EUR brutto geltend, den die Beklagte mit Schreiben vom 14.05.2007 ablehnte.
Der Kläger hat vorgetragen, für die drei in Anspruch genommenen Urlaubstage stehe ihm ein Urlaubsentgelt in Höhe von 381,44 EUR brutto zu. Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts sei eine tägliche Arbeitszeit von 7,6 Stunden mit einem Bruttostundenlohn von 16,73 EUR zugrunde zulegen. Denn die Berechnung der Beklagten verstoße gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG, wonach jedem Arbeitnehmer ein bezahlter Mindestjahresurlaubsanspruch von vier Wochen zustehe. Dabei handle es sich um einen besonders bedeutsamen Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft, von dem nicht abgewichen werden dürfe. Dieser Grundsatz sei aber nur gewährleistet, wenn der Arbeitnehmer für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalte. Das sei nicht der Fall, wenn dieses Entgelt durch unbezahlte Ausfallzeiten geschmälert werde. Dies würde dazu führen, dass Arbeitnehmer aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr in der Lage wären, den gesetzlichen Mindestanspruch zu realisieren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 279,41 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2007 zuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Beklagte habe das Urlaubsentgelt des Klägers mit 102,30 EUR für die drei Tage nach den zugrunde zulegenden tariflichen Bestimmungen korrekt berechnet. Dem stehe die Richtlinie 2003/88/EG nicht entgegen. Die Richtlinie selbst sei nicht zwingend. Sie sei zudem durch das Bundesurlaubsgesetz auch in staatliches Recht umgesetzt worden. Dieses Gesetz gestatte aber gerade eine wie hier getroffene tarifliche Regelung. Diese verstoße auch inhaltlich in keiner Weise gegen die europäische Regelung, wie sich schon aus deren Wortlaut ergebe. Dies gelte selbst dann, wenn daraus zu folgern sei, der Arbeitnehmer müsse sein gewöhnliches Arbeitsentgelt erhalten. Das gewöhnliche Arbeitsentgelt sei das Entgelt, was der Arbeitnehmer ohne den Urlaub erhalte. Hätte der Kläger hier keinen Urlaub in Anspruch genommen, hätte er aber gar nicht arbeiten können, sondern hätte auch hier Kurzarbeitergeld bezogen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.
Gegen das dem Kläger am 14.12.2007 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am 08.01.2008 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz ...