Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Unkündbarkeit einer arbeitnehmerähnlichen Programmplanerin bei über zwanzigjähriger Tätigkeit für die Arbeitgeberin

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein freier Mitarbeiter erlangt die Unkündbarkeit nach Ziffer 4.2.1 TV ANÄ grundsätzlich nur, wenn er mindestens 20 Jahre als arbeitnehmerähnliche Person tätig war.

2. Für den Beginn des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses ist es nicht erforderlich, dass der Mitarbeiter Ansprüche aus den Durchführungstarifverträgen geltend gemacht hat.

 

Normenkette

TV ANÄ; TV-Arbeitnehmerähnliche Personen Nr. 4.2.1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 07.10.2014; Aktenzeichen 11 Ca 15577/13)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 07.10.2014 - 11 Ca 15577/13 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision für die Beklagte wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die Beendigung des Mitarbeiterverhältnisses zwischen ihnen.

Die am 0.0.1961 geborene Klägerin ist studierte Theaterwissenschaftlerin, Germanistin und Psychologin. Seit 1989 war sie freiberuflich als redaktionelle Mitarbeiterin/Programmplanerin bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte führte erstmals im März 1993 Beiträge zur Rentenversicherung für die Klägerin ab (siehe Anlage K8, Bl. 34 d. A.).

Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind der Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen (TV ANÄ) und seine Durchführungstarifverträge anwendbar. Die Klägerin ist Mitglied des Bayerischen Journalisten-Verbandes, die Beklagte wendet die genannten Tarifverträge jedoch auf sämtliche arbeitnehmerähnlichen Personen an. Der TV ANÄ enthält unter anderem folgende Regelungen:

1. Geltungsbereich

1.1. Dieser Tarifvertrag gilt für arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 12 a TVG, die Mitglieder der diesen Tarifvertrag schließenden Gewerkschaften sind und in den letzten 6 Monaten Honorareinkünfte vom B. in Höhe von mindestens € 2.556,46 (Tarifstand 01.04.2012: 4.000,-- €) hatten oder einen Ausgleichsanspruch entsprechend TZ 4.3 haben.

1.1.1. für die zwischen ihnen und dem B. durch Dienst-/Arbeits- oder Werkverträge begründeten Rechtsverhältnisse.

1.2. Er regelt mit seinen Durchführungstarifverträgen die für diese Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen wegen ihrer Rechtsbeziehung zum B. unter den Voraussetzungen der nahstehenden Ziffer 2 geltenden Mindestbedingungen.

...

2. Wirtschaftliche Abhängigkeit und soziale Schutzbedürftigkeit

2.1. Die wirtschaftliche Abhängigkeit und soziale Schutzbedürftigkeit der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters ist gegeben, wenn sie/er entweder beim B. oder bei ihm und anderen Rundfunkanstalten, die zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) gehören, mehr als die Hälfte, bzw. wenn sie/er künstlerische, schriftstellerische oder journalistische Leistungen erbringt oder an der Erbringung, insbesondere der technischen Gestaltung solcher Leistungen unmittelbar mitwirkt, mindestens ein Drittel seiner/ihrer erwerbsmäßigen Gesamtentgelte (brutto und ohne gesonderte Unkostenerstattung) in den letzten sechs Monaten vor Geltendmachung eines Anspruchs aus diesem Tarifvertrag oder seinen Durchführungstarifverträgen bezogen hat. Protokollnotiz zu 2.1.: Voraussetzung ist ferner eine wiederkehrende Tätigkeit. Eine zeitlich nur geringfügige Mitarbeit begründet z.B. keinen Anspruch. ...

4. Beginn und Dauer der Arbeitnehmerähnlichkeit

4.1.1. Das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis mit dem B. beginnt für Personen, die bis 30.06. eines Kalenderjahres ihre Tätigkeit aufgenommen haben, zum 01.04. des darauffolgenden Jahres, falls sie bis dahin die für die Anwendung des Tarifvertrages erforderlichen allgemeinen Voraussetzungen erfüllt haben. Für Personen, die nach dem 01.07. ihre Tätigkeit aufgenommen haben, gilt das gleiche zum 01.10. des darauffolgenden Jahres. Soweit einzelne Vorschriften des Tarifvertrages längere Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen voraussetzen, bleiben diese unberührt.

4.1.2. Unabhängig von anderen Beendigungsgründen endet das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem festgestellt wird, dass die freie Mitarbeiterin/der freie Mitarbeiter keine oder nur geringe Einkünfte beim B. erzielt hat. Das gilt nicht, wenn sie/er Ansprüche nach dem Tarifvertrag berechtigt geltend gemacht hat. Dabei wird berücksichtigt, ob die Nichtbeschäftigung auf Gründe zurückzuführen ist, die der Abteilung Personalbetreuung der HA PHL mitgeteilt wurden und von dieser akzeptiert sind, wie z.B. vorübergehende Tätigkeit bei anderen Auftraggebern, Auslandsaufenthalte etc.

4.2.

4.2.1. Beabsichtigt der B. die Beendigung der Tätigkeit der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters, so hat er ihr/ihm dies, sofern die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter schon mindestens einmal innerhalb der letzten abgerechneten 3 Kalenderjahre einen berechtigten Urlaubsanspruch gegen ihn geltend gemacht hat, durch die Abteilung Personalbetreuung HA PHL mindestens 2...

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