Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Betriebsrente. Gleichbehandlung, Bestimmtheit von Normen

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Betriebsvereinbarung kann die Festlegung ihres Inhalts nicht einseitig dem Arbeitgeber überlassen.

 

Normenkette

BetrAVG; GG Art. 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 28.05.1998; Aktenzeichen 23 Ca 11258/97)

 

Tenor

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 28.05.1998 – Az.: 23 Ca 11258/97 – wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung schuldet.

Der Kläger war ursprünglich bei der Deutschen Bundesbahn. Direktion München, beschäftigt. Mit Verfügung vom 10.7.1990 wurde er dort beurlaubt, um zur Beklagten in ein Arbeitsverhältnis treten zu können, bei der er mit Wirkung vom 1.8.1990 angestellt wurde (Bl.4/7 d.A.). Derzeit erhält der Kläger eine Vergütung, die der Besoldungsgruppe A 12 der Beamten entspricht.

In § 6 des Anstellungsvertrages ist bestimmt:

§ 6 Versorgungsregelung

Gemäß den Beschlüssen des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung vom 10.7.1986 werden von der Gesellschaft keine Versorgungszusagen mehr gegeben.

Am 2.1.1973, neugefaßt am 2.1.1985, haben die Beklagte und ihr Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung geschlossen, in der unter A. Allgemeiner Teil. I. Verfahrensregelung zu den Vereinbarungen in den Anstellungsverträgen unter § 6 bestimmt ist (Bl.35/36 d.A.):

§ 6 Betriebliche Versorgung

  1. Nach mindestens sechsjähriger Tätigkeit beim MVV erhalten die Mitarbeiter von der Gesellschaft eine zusätzliche betriebliche Versorgung, wie sie entsprechend den Regelungen in den einzelnen Anstellungsverträgen festgelegt ist.
  2. Zu der in den Anstellungsverträgen für die einzelnen Mitarbeiter festgelegten Versorgungsregelung hat der Aufsichtsrat für den MVV am 15. Juli 1971 folgenden schriftlichen Beschluß gefaßt: „Der Aufsichtsrat stimmt den Versorgungsregelungen in den Anstellungsverträgen für die Mitarbeiter der Gesellschaft in der vorgelegten Fassung zu unter der Maßgabe, bei der Bemessung des Versorgungsanspruches nach dem Prinzip zu verfahren, daß eine Besoldungsgruppe höher als die voraussichtlichen Pensionserwartung bei der Deutschen Bundesbahn bzw. bei der Landeshauptstadt München als Versorgungsverpflichtung der Gesellschaft in den Anstellungsvertrag eingesetzt wird”.

Diese Betriebsvereinbarung hat die Beklagte zum 30.6.1995 gekündigt.

Nachdem in der Vergangenheit die Versorgungszusagen einige Male modifiziert worden sind, haben Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung der Beklagten am 10.7.1986 beschlossen, seitens der Gesellschaft keine Versorgungszusagen mehr zu geben.

Seit 1986 hat die Beklagte – ein von der Landeshauptstadt München zur Beklagten gewechselter Prokurist der Beklagten ausgenommen – in den Anstellungsverträgen auch keine Versorgung mehr versprochen, diese vielmehr ausdrücklich ausgeschlossen. Hierzu behauptet der Kläger, hätten Arbeitnehmer, die keine leitenden Angestellten sind, von der Stadt zur Beklagten gewechselt, hätten diese sehr wohl eine entsprechende Versorgungszusage erhalten, die allerdings von der Stadt finanziert worden wäre.

Der Kläger beruft sich auf die Betriebsvereinbarung, betriebliche Übung und den Gleichbehandlungsgrundsatz und hat daher beantragt:

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bei Eintritt eines Versorgungsfalles Ruhegehalt aus der Versorgungszusage vom 2.1.1973 in der Neufassung vom 2.1.1985, aus der Besoldungsgruppe A 12 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt.

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, auf Grund des Anstellungsvertrages stehe dem Kläger kein betriebliches Ruhegeld zu und die Betriebsvereinbarung habe keine selbständige Bedeutung. Sollte dies nicht gelten, so habe doch der Betriebsrat, dem der Beschluß vom Juli 1986 bekannt gewesen sei, der Neufassung der Anstellungsverträge stillschweigend zugestimmt und damit einen Verzicht auf etwaige Rechte der Betroffenen aus der Betriebsvereinbarung gebilligt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Endurteil vom 28.5.1998 stattgegeben. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Würdigung wird auf sein Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 3.6.1998 zugestellte Urteil am 2.7.1998 Berufung einlegen und die Berufung am 3.8.1998 begründen lassen.

Beide Seiten verfolgen ihre ursprünglichen Anträge weiter – der Kläger allerdings mit der Maßgabe, daß die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger bei einer Höhergruppierung nach A 13 die Versorgung aus der Besoldungsgruppe A 13 zu gewähren – und wiederholen hierzu ihre Sachdarstellung und Rechtsauffassung, bezüglich derer auf die Berufungsbegründung (Bl. 116/134 d.A.), die Berufungserwiderung (Bl. 142/152 d.A.) sowie den gesamten übrigen Akteninhalt verwiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat Erfolg.

I.

Die Berufung ist statthaft gemäß § 64 Abs.I, II ArbGG ...

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