Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Es wurde von einem Insolvenzverwalter (Beklagter zu 1.) der Betrieb der Schuldnerin in einem „Kaufvertrag/Betriebsübergang” an die Beklagte zu 2., eine GmbH & Co. KG i. Gr. mit einer Komplementär-GmbH mit dem Beklagten zu 3. als Geschäftsführer, verkauft.
1. Für den Betriebsübergang bedarf es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eines wirksamen Rechtsgeschäfts nicht einmal, weil dieses Tatbestandsmerkmal des § 613a BGB lediglich Abgrenzungscharakter zur Gesamtrechtsnachfolge hat. Unter diesen Umständen kann es daher auch nicht darauf ankommen, ob der „Vertrag” nach dem letzten Satz seines § 3 „erst wirksam wird, wenn der Käufer den gesamten Kaufpreis fristgerecht gezahlt hat”. Im Übrigen kann bei der Auslegung dieses Vertrags gem. § 157 BGB nicht unberücksichtigt bleiben, dass die vorgenannte Wirksamkeitsregel gerade nicht auch beim Regelungsgegenstand „§ 5 Betriebsübergang/Stichtag” genannt ist.
2. Beide Vertragsparteien wussten nach seinem objektiven Erklärungswert, was sie wollten, nämlich einen Betriebsübergang, und sie haben nach dem gleichen objektiven Erklärungswert sogar ausdrücklich festgelegt, wann dieser erfolgen soll, nämlich am 1. Dezember 2004, also zeitlich vor dem Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung (spätestens zum 7. Dezember 2004 = „vor dem 8. Dezember 2004”). Dies spricht dafür, dass der Betriebsübergang gerade unabhängig von der Kaufpreiszahlung erfolgen sollte. Es bestehen daher bereits aus diesem Grund erhebliche Bedenken, dass sich die Unwirksamkeitsklausel des § 3 l. S. des „Kaufvertrags/Betriebsübergangs” schon grundsätzlich auch auf den Betriebsübergang bezieht, auch wenn sie ihrem Wortlaut nach den „Vertrag” anspricht.
3. Wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 15. Dezember 2005 (8 AZR 202/05 – AP Nr. 294 zu § 613a BGB) im Übrigen ausdrücklich hervorhebt, steht der Annahme eines Betriebsübergangs grundsätzlich die Ausübung bestimmter vertraglicher Rechte gerade nicht entgegen. Dies gilt dabei nicht nur für ein eingeräumtes Rücktrittsrecht, sondern auch für den Fall einer aufschiebenden Bedingung.
4. Entscheidend ist die tatsächliche Nutzung, die hier ab 1. Dezember 2004 vorlag.
5. Daran ändert auch das Schreiben des Beklagten zu 1. vom 21. Dezember 2004 an die Arbeitnehmer der früheren Schuldnerin nichts, er habe „den Kaufvertrag von der Bezahlung des Kaufpreises abhängig machen müssen”. Rein wörtlich bezieht sich dieses allein auf den „Kaufvertrag” und sein „Schließen der Tore (des Unternehmens)” begründet er zumindest plausibel damit, dass „ansonsten die hiesige Insolvenzmasse Gefahr läuft, die ganzen Schadensersatzansprüche, die auf (den Beklagten zu 3.) zukommen, zu übernehmen”. Der Beklagte zu 1. hat also auch darin klar zwischen Kaufvertrag einerseits und Betriebsübergang andererseits unterschieden.
6. Die Beklagte zu 2. hat den Betrieb auch über den Geschäftsführer ihrer Komplementärin, dem Beklagten zu 3., ab dem 1. Dezember 2004 fortgeführt.
6.1. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bereits vorher die nötigen Vorbereitungshandlungen getroffen worden sind, indem er mit der Vermieterin des Betriebsgeländes über neue Konditionen verhandelt hat, und zwar zeitnah zum Übergangszeitpunkt. Immerhin hat er auf ein dem Beklagten zu 1. am 29. November 2004 übermitteltes Schreiben, das ausdrücklich auf eine „eben erfolgte Rücksprache mit (dem Beklagten zu 3.)” Bezug nimmt und in dem „folgende Vereinbarung bestätigt” wird, vermerkt: „OK. Angebot angenommen 29.11.04” und dies unterschrieben, womit jedenfalls insoweit eine vertragliche Vereinbarung zustande gekommen ist, die nur im Hinblick auf den unmittelbar zeitlich bevorstehenden Betriebsübergang von Bedeutung sein konnte.
6.2. Dies wird dadurch verstärkt, dass der Beklagte zu 3. den bevorstehenden Betriebsübergang zusammen mit dem Beklagten zu 1. auch den Kunden der Schuldnerin mit einem Schreiben angekündigt und er einige Kunden besucht hat.
6.3. Vor allem aber hat er trotz seiner Asienreise ab 1. Dezember 2004 auch danach den Betrieb fortgeführt.
6.3.1. Er hat nämlich nicht nur selbst, möglicherweise im Vorgriff, sogar einen Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer unterschrieben, sondern sein Direktionsrecht im Hinblick auf die Arbeitnehmer des Betriebs über den kaufmännischen Leiter ausgeübt, der insoweit genauso wie der technische Leiter für ihn Besitzdiener gem. § 855 BGB war (vgl. BAG vom 15. Dezember 2005, a. a. O.).
6.3.2. Mit beiden und anderen Arbeitnehmern hatte er nicht nur E-Mail-Kontakte, sondern diese waren vielmehr auch so eindeutig, dass deren Stellung in hierarchischer Hinsicht ihm gegenüber eindeutig klar war.
6.3.3. Die Beklagte zu 2. ist nach dem 1. Oktober 2004 auch nach außen als neue Betriebsinhaberin aufgetreten und hat z. B. die Bearbeitung von ca. 20 Aufträgen begonnen, die zum Teil vor der Fertigstellung und Auslieferung stehen, und Teile des Anlagevermögens verkauft.
7. Schließlich hat der Beklagte zu 1. seine Täti...