Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifvertrag bei Abschluss eines einen Flächentarifvertrag verschlechternden Firmentarifvertrag und daran anschließenden Betriebsübergang auf einen tarifgebundenen Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unterzeichnen ein tarifgebundener Arbeitgeber und die Gewerkschaft eine Vereinbarung, die eine Verschlechterung tariflicher Leistungen aus einem Verbandstarifvertrag vorsieht, handelt es sich um einen dem Verbandstarifvertrag vorgehenden Haustarifvertrag, selbst wenn diese Vereinbarung auch von weiteren Dritten (Betriebsrat, Konzernbetriebsrat, Konzernmutter) unterzeichnet wird.

2. Eine arbeitsvertragliche Verweisung, die hinsichtlich „übriger Rechte und Pflichten” allgemein auf tariflichen Vorschriften Bezug nimmt, erfasst nach einem Betriebsübergang auf einen tarifgebundenen Arbeitgeber die dort geltenden tariflichen Vorschriften zu Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht, wenn diese Regelungen bei dem bisherigen Arbeitgeber abweichend geregelt waren und diese Regelungen durch die Bezugnahme im Arbeitsvertrag dessen Bestandteil geworden sind.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 18.03.2005; Aktenzeichen 3 Ca 15020/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.01.2008; Aktenzeichen 4 AZR 602/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil desArbeitsgerichts München vom18.03.2005 (Az.: 3 Ca 15020/03) abgeändert.

II. Soweit der Kläger die Bezahlung von EUR 2.721,00brutto Urlaubsgeld und EUR 2.202,20 Weihnachtsgeld beantragt, wird die Klage abgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Bezahlung von Urlaubsentgelt, eines Teils eines 13. Monatseinkommens sowie über die Gutschrift bzw. Auszahlung von Arbeitsstunden auf einem Arbeitszeitkonto. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind jedoch nur die Forderungen auf Bezahlung eines Urlaubsentgelts und eines Teils des 13. Monatseinkommens, über die das Arbeitsgericht durch Teil-Urteil entschieden hat.

Der 1959 geborene Kläger ist seit 01.09.1998 bei der Fa. als technischer Angestellter beschäftigt. Er erzielte dabei zuletzt ein regelmäßiges monatliches Bruttoarbeitsentgelt nebst Leistungszulagen i.H.v. EUR 3.445,–. Der Kläger ist im Gegensatz zur GmbH sowie der Beklagten nicht tarifgebunden.

Die Beklagte gehört zum G.-Konzern und stellt Bohrmaschinen her.

Grundlage des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der GmbH war ein am 17.07.1998 geschlossener schriftlicher Anstellungsvertrag (Bl. 47 bis 49 d. A.), in dem u. a. folgende Regelung enthalten ist:

§ 10 Sonstige Vereinbarungen

a)…

b) Alle übrigen Rechte und Pflichten richten sich nach den Tarifverträgen für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und unseren Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung.

Am 03.09.2003 unterzeichneten Vertreter der GmbH, des Betriebsrats der GmbH, des Konzernbetriebsrats des G.-Konzerns, der IG und der G. AG einen Standortsicherungsvertrag (Bl. 10 bis 14 d. A.), im dem es u. a. wie folgt heißt:

Standortsicherungsvertrag

Zwischen der GmbH, dem Betriebsrat der GmbH, dem Konzernbetriebsrat des G.-Konzerns und der IG wird zur Sicherung des Standortes der GmbH in G. und zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung einer größtmöglichen Anzahl von Arbeitnehmern der nachfolgende Standortsicherungsvertrag vereinbart.

Präambel

Der Standortsicherungsvertrag ist ein weiterer Baustein für den Fortbestand des Standortes, der inhaltlich getragen ist von elementaren Einschnitten für die beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der GmbH. Die Vertragsschließenden stimmen darin überein, dass diese Einschnitte notwendig sind, um die Schließung des Standortes in G. zu vermeiden….

1. Abänderung des Tarifvertrages:

In Abänderung des:

§ 14 des Manteltarifvertrages für angestellte Arbeitnehmer wird auf das Urlaubsentgelt gem. § 14 C, Ziffer 1 MTV-Ang im Jahr 2004 verzichtet.

Tarifvertrages über die Absicherung eines Teiles des 13. Monatseinkommens in der Fassung vom 01.11.1997 wird für gewerbliche Arbeitnehmer (MTV-Arbeiter) und angestellte Arbeitnehmer (MTV-Angestellte) auf das 13. Monatseinkommen im Jahr 2003 /2004 verzichtet.

Soweit Arbeitnehmer nicht tarifgebunden sind, wendet die GmbH die Tarifverträge üblicherweise auf alle Arbeitnehmer an. Die Einschränkungen gelten damit auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer.

2. Abänderung von Betriebsvereinbarungen

In Abänderung der Betriebsvereinbarung Nr. G/3 über die Arbeitszeit wird festgelegt, dass jeder Arbeitnehmer auf 200 geleistete Arbeitstunden aus dem bestehenden Gleitzeitkonto bzw. aus dem Langzeitkonto verzichtet. Arbeitnehmer, die kein Guthaben auf den Zeitkonten in Höhe von 200 Stunden haben, werden bis zum 31.12.2004 diese Stundenzahl aufholen.

3. Kündigung von Arbeitnehmern

4. Standortsicherung/Gegenleistung

Die Geschäftsführung garantiert die Aufrechterhaltung des Standorts G. bis zum 31...

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