Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellung der Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung aufgrund schriftlicher Einverständniserklärung. Unbegründete Klage eines Bankangestellten auf Zustimmung zum Abschluss einer Versorgungszusage und auf Feststellung ununterbrochener beamtenähnlicher Versorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Formulierung “Ich bin mit der Einstellung der Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht) einverstanden„ bringt klar und deutlich nicht nur eine beabsichtigte Ablösung des Versorgungsrechts als Teil einer angebotenen Überführung der betrieblichen Altersversorgung gegen Zahlung einer Wechselprämie zum Ausdruck sondern ebenso das individuelle Einverständnis des Unterzeichnenden mit der Nichterteilung des Versorgungsrechts.

2. Die Formulierung “Ich bin mit der Einstellung der Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht) einverstanden„ kann auch vor dem Hintergrund, dass die Arbeitgeberin bereits vorher einseitig die Erteilung der Direktzusagen bezüglich des Versorgungsrechts eingestellt hat, nicht anders verstanden werden, als dass der Arbeitnehmer dem hinsichtlich seiner individuellen Ansprüche zustimmt.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 305c Abs. 1-2, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 313 Abs. 3 S. 1, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 05.05.2015; Aktenzeichen 23 Ca 14625/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 05.05.2015, Az.: 23 Ca 14625/13 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klagepartei Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach Ablauf der Wartezeit hat und darüber, ob sie sich ohne Unterbrechung im beamtenähnlichen Versorgungssystem befindet.

Die Klagepartei war seit dem 01.10.1996 bei der Beklagten zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von ... Euro beschäftigt.

Bei der Beklagten bestand ein beamtenähnliches Versorgungssystem, in das die Mitarbeiter nach 10-jährigem Bestand des Arbeitsverhältnisses aufgenommen wurden, soweit sie in dem Zeitraum 1972 bis 31.12.2001 in das Unternehmen eingetreten waren.

Die bis zum 31.12.2001 eingetretenen Mitarbeiter hatten nach einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit Anspruch auf eine Versorgung nach Maßgabe der Richtlinien der Versorgungskasse E. (nunmehr: Versorgungskasse 1 C., abgekürzt VK1). Diese Richtlinien sahen Versorgungsleistungen nach den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften vor. Nach einer zwanzigjährigen Betriebszugehörigkeit erhielten nahezu alle diese Mitarbeiter bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen (gute Leistungsbeurteilungen, positive Gesundheitsbeurteilungen) das sogenannte Versorgungsrecht. Hierfür wurde mit den Mitarbeitern ein Versorgungsvertrag geschlossen, der an die Stelle der Versorgungskassenzusage trat. Neben der beamtenähnlichen Versorgung, die unverändert fortgeführt wurde, sah der Versorgungsvertrag insbesondere auch Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Beihilfe nach beamtenähnlichen Grundsätzen vor. Die Erteilung des Versorgungsrechts führte zur Versicherungsfreiheit in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung.

Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren parallelen Urteilen vom 15.05.2012 (u.a. Az.: 3 AZR 610/11) festgestellt, dass bei der Beklagten insofern eine betriebliche Übung entstanden ist. Es hat danach jeder Mitarbeiter, der vor dem 01.01.2002 eingestellt wurde, Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm bei Erfüllung der Wartezeit von 20 Jahren, einem Gesundheitszustand, der eine vorzeitige Ruhestandsversetzung nicht erwarten lässt, und durchschnittlich guten Beurteilungen, in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag den Abschluss eines Versorgungsvertrages anbietet.

Die Klagepartei hätte demnach spätestens nach Erfüllung der Wartezeit mit dem 10.10.2016 unter der Voraussetzung, dass bei ihr die weiteren Bedingungen (Beurteilung und Gesundheit) erfüllt sind, einen dementsprechenden Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt.

In einer Intranet-Veröffentlichung vom 22.07.2009 (Anlage K5, Bl. 37 d. A.) teilte die Beklagte unter der Überschrift "Betriebliche Altersversorgung" mit, dass der Verwaltungsrat beschlossen habe, die Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung einzustellen und die betriebliche Altersversorgung für die betroffenen Mitarbeiter auf ein marktübliches, beitragsorientiertes System umzustellen.

In einem weiteren Anschreiben vom 16.09.2009 an die Mitarbeiter (Anl. K6, Bl. 40 d. A.) wurde ebenfalls unter der Überschrift "Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung" dargestellt, dass die Erteilung der Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht) eingestellt wurde.

In einem Anschreiben vom 01.12.2009 wurden die Mitarbeiter von der Beklagten unter der Überschrift "Neugestaltung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) (Anl. B34, Bl. 396 d. A.) darauf hin...

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