Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungseinbehalt. Beteiligung des Arbeitnehmers an Aufwendungen der Altersversorgung. Kommunale Beschäftigte. Tierarzt

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 7 Abs. 1 VerTV-G hat ab dem 01.01.2001 keine Geltung mehr, weder unmittelbar noch mittelbar über § 16 ATV-K.

2. Aus § 39 Abs. 4 ATV-K i.V.m. seiner Anlage 5 „Altersvorsorgeplan 2001”) ergibt sich kein Recht des Arbeitgebers zum Vergütungseinbehalt, um den Arbeitnehmer an den Aufwendungen für die Altersversorgung zu beteiligen.

3. Auch Satzungsbestimmungen der Bayerischen Versorgungskammer können keine Grundlage für einen solchen Einbehalt bilden.

 

Normenkette

Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer kommunaler Verwaltungen vom 06.03.1967 (VersTV-G) § 7; Altersvorsorge-TV-Kommunal § 16

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 19.03.2004; Aktenzeichen 14 Ca 14131/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.05.2006; Aktenzeichen 3 AZR 273/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.03.2004 – Az.: 14 Ca 14131/03 – abgeändert und an Stelle der Nr. 1 gefasst wie folgt:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

    EUR 1.109,29 (i. W.: eintausendeinhundertneun 29/100 Euro) netto

    nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.12.2004 zu bezahlen.

  2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte ab Dezember 2004, jeweils zum Letzten des Monats, das vereinbarte Gehalt zu bezahlen hat ohne den Einbehalt eines einprozentigen Arbeitnehmeranteils als Zusatzbeitrag zur Abführung an die Bayer. Versorgungskammer.

II. Der Beklagte trägt die Kosten erster und zweiter Instanz.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte berechtigt ist, vom Gehalt des Klägers EUR 48,23 netto pro Monat als Eigenbeteiligung an der betrieblichen Altersversorgung einzubehalten.

Der Kläger ist beim Beklagten seit 01.11.1981 als Tierarzt tätig. Grundlage der Beschäftigung ist der schriftliche Arbeitsvertrag vom 01.10.1981, dessen § 2 lautet wie folgt:

„Für das Arbeitsverhältnis gelten der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge sinngemäß.”

Ergänzend wird auf die Kopie des Vertrages (Anlage B 1; Bl. 17 d. A.) Bezug genommen.

Der Beklagte gewährt seinen Arbeitnehmern, auch dem Kläger, eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Dazu versichert er seit seiner Gründung die Arbeitnehmer bei der Bayerischen Versicherungskammer, nunmehr Bayerische Versorgungskammer (BVK) – Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden. Hierzu kam es, weil die Tierseuchenkasse, Mitglied und einer der Hauptgeldgeber des Beklagten, ebenfalls bei der Bayerischen Versicherungskammer, der damaligen Trägerin der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden, untergebracht war.

Die BVK richtete am 16.05.2002 das Rundschreiben Nr. 1/2002 an ihre Mitglieder; wegen seines Inhalts wird auf die Anlage B 2 (Bl. 18 ff. d.A.) verwiesen.

Bis zum 31.12.2002 wurden die Aufwendungen für die Zusatzversorgungskasse vom Beklagten allein getragen. Seit dem 01.01.2003 behält der Beklagte 1 % des klägerischen Gehalts ein und führt den Betrag als Eigenbeteiligung an die Zusatzversorgungskasse ab. Der Kläger hat hiergegen außergerichtlich Einwendungen erhoben und die Auszahlung des Einbehalts ab Januar 2003 verlangt, zuletzt mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.05.2003.

Mit Klageschrift seiner Prozessvertreter vom 22.07.2003, am selbem Tag eingegangen und dem Beklagten am 07.08.2003 zugestellt, erhob der Kläger Klage zum Arbeitsgericht München.

Er hat geltend gemacht, der Beklagte sei zum Einbehalt nicht berechtigt, weil die betriebliche Altersversorgung auf vertraglicher Grundlage beruhe, sodass eine finanzielle Beteiligung des Arbeitnehmers nur durch Änderungskündigung erreicht werden könne. Hilfsweise hat er ausgeführt, dass ein Rückgriff auf § 7 des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer kommunaler Verwaltungen und Betriebe vom 06.03.1967 (im Folgenden: VersTV-G) nicht in Betracht komme, weil dieser am 01.03.2002 durch den Tarifvertrag über die zusätzliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV Kommunal (im Folgenden: ATV-K) – abgelöst worden sei.

Der Kläger hat beantragt:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 289,38 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.
  2. Der Beklagte hat ab Juli 2003, jeweils zum 31. des Monats das vereinbarte Gehalt zu bezahlen ohne den Einbehalt eines 1%igen Arbeitnehmeranteils zur ZUK als Zusatzbeitrag.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die betriebliche Altersversorgung gründe auf tarifvertraglichen Regelungen. Einer Änderungskündigung habe es daher nicht bedurft. Wie dem Rundschreiben Nr. 1/2002 der BVK zu entnehmen sei, wurde ein neues Kombinationsmodell (Umlage einerseits, Aufbau eines Kapitalstocks andererseits) eingeführt, und d...

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