Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit sogenannter einfacher Differenzierungsklauseln in einem Tarifsozialplan
Leitsatz (amtlich)
Regelungen in einem Tarifsozialplan, die Arbeitnehmern in einem gewissen Umfang verbesserte Leistungen (Berechnung des BeE-Monatsentgelts auf Basis von 80 % - statt 70 % - des Bruttomonatsgehalts, weitere Abfindung von € 10.000,--, Höchstbetrag der Abfindung von € 120.000,-- statt € 110.000,--) gewähren, die an einem Stichtag vor Bekanntgabe des Verhandlungsergebnisses Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft waren, verstoßen als sog. einfache Differenzierungsklauseln nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG und auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3, Art. 3; TVG § 4; BetrVG § 75
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 13.08.2013; Aktenzeichen 17 Ca 8544/12) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13.08.2013 - 17 Ca 8544/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer der Klagepartei zustehenden Abfindung und der monatlichen Zahlungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) und der Begründung eines Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnisses mit der Beklagten zu 1), deren alleinige Gesellschafterin die Beklagte zu 2) ist.
Die Klagepartei war zuletzt bei der Beklagten zu 2) zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 6.962,00 beschäftigt. Sie war von Juni 2012 bis zur ersten Hälfte des Jahres 2013 Mitglied der IG Metall.
Zwischen den Parteien kam es im April 2012 zum Abschluss eines dreiseitigen Vertrags (Anlage K 1), durch den das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.04.2012 enden (Abschnitt A Ziffer 1) und zum 01.05.2012 für zwei Jahre ein Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnis zur Beklagten zu 1) begründet (Abschnitt B Ziffer 1) werden sollte. Abschnitt A Ziffer 2 regelte unter der Überschrift "Abfindungszahlung" unter Ziffer 2.1., dass die Höhe der Abfindung (...) gem. § 7 Abs. 1 des Transfer- und Sozialtarifvertrags abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit sein sollte. Der Höchstbetrag für die Abfindung betrage gem. § 7 Abs.2 Transfer- und Sozialtarifvertrag € 110.000,00 (...). Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags fielen, erhielten gem. § 3 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags als weiteren Bestandteil der Abfindung zusätzlich € 10.000.00, der Höchstbetrag für die Abfindung betrage € 120.000,00.
Die Abfindung sollte mit dem Ausscheiden aus der Transfergesellschaft fällig sein, wobei eine abweichende Vereinbarung über die Fälligkeit schriftlich möglich sein sollte. Im Fall einer Anschlussbeschäftigung mit der Beklagten zu 2) oder einem von ihr beherrschten oder Tochterunternehmen sollte die Abfindung - gegebenenfalls teilweise - an die Beklagten zu 2) zurückzuzahlen sein (Ziffer 3 Abs. I in Abschnitt A).
Während der Dauer des Vertrags mit der Beklagten zu 1) sollte die Klagepartei nach Ziffer 4 des Abschnitts B "gemäß § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrags (...) - unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit - bis zu ihrem/seinem Ausscheiden monatlich 70 % ihres/seines BruttoMonatsEinkommens" erhalten. Das BruttoMonatsEinkommen sei das 13,5-fache des bisherigen BruttoMonatsEinkommens dividiert durch zwölf. Der/die Arbeitnehmer/-in, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag fielen, erhielten gem. § 2 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags ab Eintritt in die E - unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit - monatlich 80% ihres/seines BruttoMonatsEinkommens.
Nach Abschnitt C Ziffer 3.1. war klargestellt, dass bei der Beklagten zu 1) keine tarifvertraglichen Regelungen gelten. In Ziffer 4. schließlich wurden sämtliche Ansprüche und Rechte der Parteien aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis sowie dessen Beendigung als abgegolten und erledigt erklärt - soweit ein Verzicht hierauf rechtlich zulässig ist - mit Ausnahme (u.a.) derjenigen, die sich aus dem dreiseitigen Vertrag ergeben.
Vor Abschluss dieses Vertrags hatten am 04.04.2012 die Beklagte zu 2) und die IG Metall einen Transfer- und Sozialtarifvertrag geschlossen (vgl. Anlage K 2). In ihm wurde, mit Anwendung für alle Beschäftigten des Betriebs der Beklagten zu 2) in B-Stadt, soweit sie die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld erfüllten, die Errichtung einer Transfergesellschaft, die Modalitäten des Wechsels der Mitarbeiter dahin, namentlich der Abschluss eines dreiseitigen Vertrags zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Begründung eines Transferarbeitsverhältnisses, die Zahlung eines BeE-Monatsentgelts von monatlich 70 % des Bruttomonatseinkommens im Sinne des 13,5-fachen des bisherigen Bruttomonatsgehaltes dividiert durch zwölf unter Anrechnung der Zahlungen der Agentur ...