Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeitvergütung
Leitsatz (amtlich)
Einzelfallentscheidung
Tritt ein Arbeitgeber einem Arbeitgeberverband bei und kommen damit Lohntarifverträge mit einer niedrigeren Vergütung zur Anwendung, so gelten diese auch für noch laufende Altersteilzeitvereinbarungen, wenn darin die zu zahlende Vergütung nicht verbindlich geregelt ist.
Normenkette
BGB § 133
Verfahrensgang
ArbG Kempten (Urteil vom 28.03.2006; Aktenzeichen 1 Ca 1889/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers vom 9. Mai 2006 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 28. März 2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Für den Kläger wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung der Altersteilzeitvergütung des Klägers ab dem 1. Januar 2005 nach dem von der Beklagten zum 1. Juli 2004 vorgenommenen Beitritt zum Verband der Bayerischen Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie.
Der im September 1946 geborene, gewerkschaftlich organisierte Kläger war zum 21. April 1969 als Dreher in die Dienste der Beklagten getreten.
Unter dem 24. November 2003 hatten die Parteien eine Altersteilzeitvereinbarung (Blatt 6 bis 11 der Akte) unterzeichnet mit einer Vollzeitarbeitsphase vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2006 und einer Freistellungsphase vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2009.
Mit der Gewerkschaft ver.di hatte die Beklagte bereits am 25. März 2002 einen Firmentarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit (Blatt 12 bis 20 der Akte) abgeschlossen.
Zum Arbeitsentgelt enthält die Altersteilzeitvereinbarung (ATV) unter § 5 folgende Regelung:
Herr F. erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt nach Maßgabe der gemäß § 4 reduzierten Arbeitszeit entsprechend § 7 des Firmentarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit.
Nach § 11 ATV ist für die Auslegung dieses Vertrages maßgeblich das Altersteilzeitgesetz sowie der Firmentarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit (FTVATZ) in seiner jeweils geltenden Fassung.
Gemäß § 7 FTVATZ erhält der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin für die Dauer des Teilzeitarbeitsverhältnisses das Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit sowie die Aufstockungszahlungen nach § 8 dieses Firmentarifvertrages. … Änderungen des tariflichen Lohnes bzw. Gehaltes wirken sich während des gesamten Altersteilzeitverhältnisses auf das Arbeitsentgelt aus.
Bei der Beklagten galten nach den bis zum 31. Dezember 2004 befristeten bzw. kündbaren Haustarifverträgen im Wesentlichen die Tarifverträge der Druckindustrie mit einer Entgeltreduzierung von 4 %.
Mit Wirkung zum 1. Juli 2004 ist die Beklagte dem Verband der Bayerischen Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie beigetreten. Durch diesen Beitritt war gewährleistet, dass zum 1. Januar 2005, also nach Ablauf und Kündigung der Haustarifverträge, die Tarifverträge der Papierverarbeitung zur Anwendung kommen. Diese Tarifverträge waren auch einschlägig gewesen, weil die Beklagte aus Karton und Pappe Faltschachteln produziert, sie also Faltschachtelhersteller ist. Auch nach der Personalstruktur lag in ihren Augen eindeutig ein Betrieb der Papierverarbeitung vor. Von den insgesamt 348 Mitarbeitern am 1. Januar 2005 seien 63 im Druckbereich (Druck, Kopie, Repro), 151 im Verarbeitungsbereich (Stanzen, Stanzformenbau, Kleben, Handarbeit, Kartonextruder, Logistik), 44 im Bereich Werkstatt, Qualitätssicherung, Pama, Küche, Pforte und 71 im Bereich Verwaltung eingesetzt gewesen. 19 Azubis (6 Drucker, 4 Verpackungsmittelmechaniker, 3 Industriemechaniker, 2 Energieelektroniker und 4 Industriekaufleute) habe es ebenfalls gegeben.
Der Wechsel aus dem Haustarif Druckindustrie in den Bereich Papierverarbeitung hätte für die überwiegende Zahl dieser Mitarbeiter eine Verringerung ihrer Vergütung um circa 10 % zur Folge gehabt. Um dies zumindest teilweise auszugleichen ist unter dem 19. Januar 2005 die Gesamtbetriebsvereinbarung GBV 2005/1 (Blatt 52 bis 54 der Akte) unterzeichnet worden, gültig ab 1. Januar 2005. Darauf bezugnehmend hatte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom Februar 2005 (Blatt 24/25 der Akte) mitgeteilt, wie sich sein Effektiveinkommen ab 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007 berechnet und dass das neue Tarifentgelt/Papierverarbeitung einschließlich einer übertariflichen Zulage 94 % seines bisherigen Effektiveinkommens ergebe.
Der Kläger ist mit dieser Kürzung nicht einverstanden. Er verlangt die Differenzbeträge zwischen seiner bis zum 31. Dezember 2004 und der ab 1. Januar 2005 bezogenen Vergütung, die von ihm für den Zeitraum von Januar 2005 bis einschließlich November 2005 auf insgesamt EUR 908,71 brutto beziffert werden. Zur Begründung wird vorgetragen, aus § 11 ATV ergebe sich keine Modifikation der unter § 5 eindeutig getroffenen Vergütungsregelung. § 19 FTVATZ wertet der Kläger lediglich als Auffangbestimmung. Der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 19. Januar 2005 wird bezogen auf die Vergütungsfrage § 77 Abs. 3 BetrVG entgegengehalt...