Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeugnisberichtigung. Darlegungs- und Beweislast. Pflicht des Arbeitnehmers zur Rückgabe von durch Berichtigung ungültig gewordener Zeugnisse
Leitsatz (redaktionell)
Erteilt der Arbeitgeber auf Wunsch des Arbeitnehmers oder aufgrund einer arbeitsgerichtlichen Verurteilung ein neues Zeugnis, ohne auf eine Zug-um-Zug-Rückgabe des alten Zeugnisses zu bestehen, hat er gleichwohl Anspruch auf Herausgabe der unrichtig gewordenen früheren Version(en) des Zeugnisses.
Normenkette
GewO § 109; BGB § 241 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 17.01.2008; Aktenzeichen 26 Ca 5288/07) |
Tenor
1.Die Berufung der Klägerin gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom17.01.2008 – Az. 26 Ca 5288/07 – wird zurückgewiesen.
2.Auf die Widerklage der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte die ursprünglichen zwei Fassungen des der Klägerin erteilten Zeugnisses, beide datiert auf den 28.12.2006, herauszugeben.
3.Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsinstanz.
4.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Berichtigung des der Klägerin von der Beklagten erteilten Arbeitszeugnisses sowie darüber, ob die Klägerin zur Herausgabe der schon erteilten Arbeitszeugnisse an die Beklagte verpflichtet ist.
Die am 0.0.1961 geborene Klägerin war bei der Beklagten in deren Kreisaltenheim G. seit 01.10.1992 zunächst als Verwaltungsangestellte teilzeit- und seit dem 01.05.2000 als Heimleiterin vollzeitbeschäftigt gegen eine Vergütung in Höhe von zuletzt EUR 3.611,72 brutto monatlich. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.12.2006 außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30.06.2007. Die auf das Verhalten der Klägerin gestützte außerordentliche fristlose Kündigung war rechtswirksam (LAG München Urteil vom 22.11.2007 – 4 Sa 636/07 –).
Mit Schriftsatz vom 25.03.2007 erhob die Klägerin eine Klage auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses (Arbeitsgericht München Az. 36 Ca 4455/07). Die Beklagte übersandte ihr – mit der Einreichung der Klage zeitlich überschneidend – am 28.03.2007 ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Mit Anwaltsschreiben vom 31.03.2007 begehrte die Klägerin eine Berichtigung des Zeugnisses.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 09.04.2007, beim Arbeitsgericht München eingegangen am 16.04.2007, der Beklagten zugestellt am 25.04.2007 die vorliegende Klage auf Zeugnisberichtigung erhoben und folgende Anträge angekündigt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, das der Klägerin mit Datum vom 28.12.2006 ausgestellte qualifizierte mit dem nachfolgend aufgeführten Wortlaut zu berichtigen und das berichtigte qualifizierte Abschlusszeugnis – wiederum datiert mit 28.12.2006 – an die Klägerin herauszugeben:
- Satz 1 des 5. Absatzes von oben mit dem Wortlaut: „Den vielseitigen und zunehmen komplexer werdenden Anforderungen an die Tätigkeit einer Heimleiterin vermag sie jederzeit voll umfänglich zu entsprechen.” ist durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: „Den vielseitigen zunehmend komplexer werdenden Anforderungen an die Tätigkeit einer Heimleiterin entspricht sie jederzeit in vollem Umfang.”
- Satz 2 des 5. Absatzes von oben mit dem Wortlaut: „Das Ansehen des Kreisaltersheimes G. wurde wesentlich von ihrer Persönlichkeit geprägt.” ist durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: „Das gute Ansehen, welches das Kreisaltenheim G. genießt, ist wesentlich von ihrer Persönlichkeit geprägt.”
- Im 6. Absatz von oben ist das Wort: „vollen” durch folgendes Wort zu ersetzen: „vollsten”.
- Satz 1 des 7. Absatzes von oben mit dem Wortlaut: „Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Hauses war stets korrekt.” ist durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: „Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war zu jedem Zeitpunkt einwandfrei. Frau W. genoss bei Vorgesetzten sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets hohes Ansehen.”
II. Für den Fall, dass die Beklagte der Verpflichtung aus dem Klageantrag Ziffer I. nicht innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Urteils nachkommen sollte, wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Entschädigung für die Nichtleistung einen Betrag in Höhe von EUR 8.400,– zu zahlen.
Mit Schreiben vom 27.04.2007 übersandte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein abgeändertes Zeugnis, das einige Wünsche der Klägerin aus dem Schreiben vom 31.03.2007 berücksichtigte sowie dem Antrag I. 1. aus der Klageschrift vom 09.04.2007 entsprach.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse das ihr erteilte Zeugnis ihren Wünschen entsprechend berichtigen, weil die momentane Formulierung ihrem beruflichen Fortkommen schade. Satz 2 des 5. Absatzes sei missverständlich formuliert, im Übrigen habe sie Anspruch auf eine Bescheinigung, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit der Beklagten erledigt habe. Sie sei nämlich in der Vergangenheit stets hervorragend beurteilt w...