Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahren im Berufungsrechtszug bei unzulässigem Teilurteil über die Kündigungsschutzklage und Schlussurteil über einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
1. Berufungen zum einen gegen ein, nach Stellung eines Auflösungsantrages in der mündlichen Verhandlung (und nach Bestimmung eines Entscheidungstermins), trotzdem - noch dort - ergangenes Teilurteil zur Kündigungsschutzklage und zum anderen gegen ein späteres Endurteil (Schlussurteil) zum Auflösungsantrag des Arbeitgebers.
2. Fehlende soziale Rechtfertigung einer ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung, jedoch Erfolg des als Eventualantrag gestellten Auflösungsantrages des Arbeitgebers aufgrund des Ergebnisses der von der Berufungskammer durchgeführten Beweisaufnahme.
Leitsatz (redaktionell)
3. Bei Stellung eines Auflösungsantrages sind getrennte Entscheidungen zunächst über die Wirksamkeit der Kündigung und sodann über den Auflösungsantrag regelmäßig (mit Ausnahme eines sofort rechtskräftigen Teilanerkenntnisurteils über die Sozialwidrigkeit der Kündigung) unzulässig, da hier ein Eventualverhältnis des Gestaltungsantrages zur Auflösung gegenüber dem vorrangigen Feststellungsantrag, damit keine nach § 301 ZPO erforderliche Unabhängigkeit der Entscheidungen über Teil- und Schlussurteil, vorliegt.
4. Der Arbeitgeber kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auch im Falle der Rechtsunwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung nur verlangen, wenn diese allein auf deren Sozialwidrigkeit, nicht - auch oder allein - auf anderen Gründen i. S. d. § 13 Abs. 3 KSchG beruht.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1, §§ 9-10; ZPO § 301; KSchG § 9 Abs. 1, § 13 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 07.12.2010; Aktenzeichen 36 Ca 3498/10) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 7. Dezember 2010 - 36 Ca 3498/10 - wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 5. Mai 2011 - 36 Ca 3498/10 - abgeändert:
Das Arbeitsverhältnis wird auf Antrag der Beklagten zum 30. April 2010 aufgelöst gegen Zahlung einer Abfindung an die Klägerin von 7.000,-- EUR.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingt begründeten, Arbeitgeberkündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin und einen von der Beklagten für den Fall ihres Unterliegens gestellten Auflösungsantrag.
Die Beklagte stellt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen und ihren ergänzenden Einlassungen in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hämodynamische Monitoringsysteme für extrem kritisch erkrankte Patienten auf Krankenhaus-Intensivstationen her und entwickelt entsprechende Software hierzu, wobei sie weltweit insgesamt ca. 130 Arbeitnehmer, davon in ihrer Verwaltungsabteilung in M. ca. 64 Arbeitnehmer, beschäftige. Die am 00.00.0000 geborene Klägerin war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 25.08.2008 (Anl. K1, Bl. 3 bis 9 d. A.) ab 01.09.2008 bei der Beklagten als "Personalsachbearbeiterin" - die näheren Aufgabeninhalte und die Stellenbeschreibung der Klägerin sind im Detail streitig - mit einer Vergütung von zuletzt 0.000,-- € brutto/Monat (nach den nicht angegriffenen Feststellungen in beiden hier angegriffenen Ersturteilen: 0.000,-- € brutto/Monat) beschäftigt.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 11.03.2010, ihr zugegangen am 12.03.2010, fristgemäß zum 30.04.2010 aus betriebsbedingten Gründen, gleichzeitig einem Abfindungsangebot nach § 1a KSchG. Die Beklagte stützt diese Kündigung im Wesentlichen darauf, dass in einem HR-Meeting am 15.02.2010 bzw. am 03.03.2010 der Beschluss zu einer grundlegenden Änderung der Arbeitsprozesse und Kommunikationsstrukturen in ihrer Personalabteilung getroffen worden sei, in deren Umsetzung zahlreiche bisher der Klägerin obliegende Einzeltätigkeiten an externe Dienstleister ausgelagert bzw. der Personalleiterin der Beklagten und Zeugin H. bzw. auch anderen Mitarbeiterinnen übertragen worden seien, weshalb das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung der Klägerin, ohne Möglichkeit ihres anderweitigen Einsatzes und Verstoßes gegen die Grundsätze der sozialen Auswahl, entfallen sei. Dies bestreitet die Klägerin unter Verweis auf die ihr obliegenden Aufgaben und deren fehlenden Entfall durch angebliche Rationalisierungsmaßnahmen der Beklagten.
In der weiteren mündlichen Verhandlung vor der Kammer im erstinstanzlichen Verfahren am 07.12.2010 hat das Arbeitsgericht nach, zunächst von der Klägerin angenommenem, Vorschlag ihrer Weiterbeschäftigung im Rahmen einer Halbtagstätigkeit (Wochenarbeitszeit 20 Stunden) abschließend Termin zur Verkündung einer Entscheidung am 21.12.2010 bestimmt - woraufhin der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dort einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Z...