Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterrichtung. Betriebsübergang. Anforderung an die Unterrichtung über einen Betriebsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Monatsfrist zur Ausübung des Widerspruchsrechtes nach § 613a Abs. 6 BGB beginnt nur dann zu laufen, wenn der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 5 BGB ordnungsgemäß über den Betriebsübergang unterrichtet wird.

2. Eine ordnungsgemäße Unterrichtung über den Grund des Betriebsüberganges i.S.v. § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB bezieht sich auf die rechtsgeschäftlichen Grundlagen für den Betriebsübergang, nicht aber auf die Motive und Beweggründe.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Urteil vom 17.08.2004; Aktenzeichen 2 Ca 525/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.07.2006; Aktenzeichen 8 AZR 305/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom17.8.2004 – 2 Ca 525/04 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision für die Klägerin wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob des Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen über den 31.1.2004 hinaus fortbestand.

Die am 6.9.1947 geborene Klägerin war seit 1.9.1967 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Beschließerin mit einem Monatsverdienst von EUR 2.100,– brutto. Die Beklagte betrieb eine Rehabilitationsklinik mit ca. 40 Beschäftigten. Im Gebäude neben der Fachklinik befand sich ein Pflegestift, das von der Firma X. mbH betrieben wurde. Der Geschäftsführer der Beklagten war zugleich Geschäftsführer dieser Gesellschaft. In einem Beschlussverfahren stellte das Arbeitsgericht Rosenheim mit Beschluss vom 30.9.2003 fest, dass die Fachklinik und das Pflegestift einen gemeinsamen Betrieb i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG darstellen. Dieser Beschluss ist nicht rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 9.1.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Betrieb der Fachklinik ab 1.2.2004 an die X. GmbH verpachtet werde. Das Informationsschreiben hat folgenden Wortlaut:

Informationsschreiben § 613 a Abs. 5 BGB

Sehr geehrte Frau X.,

aus wirtschaftlichen Gründen haben wir uns nach reiflicher Überlegung entschlossen, den Betrieb der Fachklinik für Rehabilitation X. GmbH & Co. KG zum 31.1.2004 einzustellen und ab 1.2.2004 an die X. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer X. zu verpachten. Der Betriebsübergang findet am 31.1.2004 statt.

Die X. GmbH hat sich verpflichtet, alle vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen. Dazu gehört auch das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis. Die X. GmbH, Rosenheim tritt in die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten ein. Ihre arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten gelten daher unverändert fort. Für die Dauer von 1 Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs können die Arbeitsbedingungen nicht zu Ihrem Nachteil geändert werden. Evtl. bislang geltende Betriebsvereinbarungen finden dagegen weiter Anwendung. Die X. GmbH, Rosenheim haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Wir hingegen haften weiter für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind. Kündigungen wegen des Betriebsübergangs sind unzulässig. Kündigungen aus anderen Gründen bleiben dagegen unberührt.

Sie können dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich widersprechen. Bitte teilen Sie uns in diesem Falle die für Ihren Widerspruch maßgeblichen Gründe mit. Äußern Sie sich innerhalb der Frist nicht, sehen wird das als Zustimmung zum Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die X. GmbH, Rosenheim an.

Wir weisen Sie vorsorglich darauf hin, dass wir im Falle eines Widerspruchs gezwungen wären, Ihnen nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes betriebsbedingt zu kündigen. Wir bitten Sie, dies bei Ihren Überlegungen zu berücksichtigen.

Zum 1.2.2004 übernahm die X. GmbH die Rehabilitationsklinik aufgrund eines Unternehmenspachtvertrages vom 5.1.2004. Am 18.2.2004 kündigte die X. den Pachtvertrag außerordentlich.

Am 19.2.2004 stellte die X. GmbH Insolvenzantrag, am 26.2.2004 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter ernannt. Am 1.5.2004 wurde über das Vermögen der X. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 24.5.2004 einigten sich der Insolvenzverwalter und die Beklagte auf eine Aufhebung des Pachtvertrages zum 29.2.2004.

Mit Schreiben vom 3. März 2004 ließ die Klägerin der Beklagten sowie der X. über ihren Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass sie dem angeblichen Betriebsübergang widerspreche.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie unverändert Arbeitnehmerin der Beklagten sei. Das Informationsschreiben vom 9.1.2004 entspreche nicht den Erfordernissen des § 613 a Abs. 5 BGB. Deshalb sei die Widerspruchsfrist am 3.3.2004 noch nicht abgelaufen gewesen. Außerdem sei das Arbeitsverhältnis nach der außerordentlichen Kündigung des Unternehmenspachtvertrages an die Beklagte zurückgefallen.

Mit Endurteil vom 17.8.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage mit dem ...

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