Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltung tarifvertraglich vereinbarter Einmalzahlung nach Betriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

Fortgeltung der Rechtsnorm eines Tarifvertrages als Inhalt des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn die im Tarifvertrag geregelte Anspruchsvoraussetzung erst nach Betriebsübergang eintritt.

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 14.02.2006; Aktenzeichen 21 Ca 2359/05)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.02.2006 – 21 Ca 2359/05 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin auf eine Einmalzahlung.

Die Klägerin war seit 01.09.1985 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, dem B., beschäftigt. Bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte am 01.07.2004 fand Kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag zur Anwendung des BAT Anwendung. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden.

Im Manteltarifvertrag für die Beschäftigten des B. vom 01.01.2002 war unter anderem geregelt:

㤠1

I. Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT)

(1) Der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 einschließlich der Anlagen 1 a und 1 findet in der zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) bzw. der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vereinbarten jeweils gültigen Fassung auf die Arbeitnehmer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung stehen, Anwendung, soweit in § 2 nichts anderes vereinbart ist.”

Am 31.01.2003 schlossen die Tarifvertragsparteien des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) den Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT, der in § 3 Abs. 2 folgende Regelung enthielt:

㤠3

(2) Die Angestellten, die im Monat November 2004 Anspruch auf Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis haben, das im gesamten Monat November 2004 zu demselben Arbeitgeber besteht, erhalten im Monat November 2004 eine Einmalzahlung in Höhe von 50 EUR.”

Diese Einmalzahlung macht die Klägerin vorliegend geltend.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, gemäß § 613a Abs. 1 S. 2 BGB gelten die Rechte und Pflichten aus den Tarifverträgen zwischen dem neuen Betriebsinhaber und den Arbeitnehmern individualrechtlich weiter. Die tarifvertraglichen Rechte und Pflichten seien mit dem Inhalt auf das Arbeitsverhältnis transformiert worden, den sie zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs hatten. Der Anspruch auf die Einmalzahlung sei in dem am 01.07.2004 geltenden Tarifvertrag bereits begründet gewesen; lediglich die Fälligkeit sei hinausgeschoben gewesen, so dass die Klägerin diese Zahlung von der Beklagten fordern könne.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 50,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, nachdem sie selbst nicht tarifgebunden sei, könne die Klägerin ihre Ansprüche nicht auf einen Tarifvertrag stützen. Auch auf § 613a Abs. 1 S. 2 BGB könne sich die Klägerin nicht berufen, da in dieser Norm der Besitzstandsschutz statisch angelegt sei. Ein Anspruch auf Teilhabe an der dynamischen Fortentwicklung der Tarifregelung lasse sich daraus nicht ableiten. Vielmehr würden die tarifvertraglichen Rechte und Pflichten mit dem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs hatten, auf das Arbeitsverhältnis transformiert. Zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.07.2004 habe der Anspruch auf die Einmalzahlung noch nicht bestanden, so dass dieser Anspruch nicht zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten geworden sei.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 14.02.2006, das der Beklagten am 21.02.2006 zugestellt wurde, Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 sei gemäß § 613a Abs. 1 S. 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden. Dabei sei dieser Vergütungstarifvertrag in dem Zustand in das Arbeitsverhältnis transformiert worden, den er am 01.07.2004 gehabt habe. Damit sei auch der Anspruch auf die Einmalzahlung in Höhe von EUR 50,00 brutto gemäß § 3 Abs. 2 des Vergütungstarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden, da dieser Anspruch bereits am 31.01.2003 entstanden sei. Dass er erst im November 2004 fällig geworden sei, sei nicht maßgeblich.

Gegen dieses Endurteil, in dem die Berufung für die Beklagte zugelassen worden war, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.03.2006, der am 07.03.2006 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, Berufung eingelegt und zu ...

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