Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessenheitsprüfung. Abstand vom Tarifgehalt. Redakteur

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung befasst sich mit dem Begriff der „Angemessenheit” gemäß Ziff. VI des Gehaltstarifvertrages für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 2 VI des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen verpflichtet den Arbeitgeber bei einer Tariflohnerhöhung gegenüber einem Redakteur mit frei vereinbartem Gehalt lediglich zu einer Überprüfung der Angemessenheit des Abstandes dieses Gehalts zum erhöhten Tarifgehalt der Gehaltsgruppe V b bzw V bb.

2. Der Redakteur mit frei verhandeltem Gehalt hat weder einen Anspruch auf Anpassung seines frei vereinbarten Gehalts in Höhe der prozentualen Tariflohnerhöhung noch auf Beibehaltung des bisherigen Abstandsbetrags zwischen seinem vereinbartem Gehalt und dem Tarifgehalt der Gehaltsgruppen V b bzw. V bb.

3. Die Angenmessenheit des Abstands wird nach § 315 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls überprüft und ist bei einem Abstand von 20 % noch eingehalten.

 

Normenkette

BGB §§ 315, 611; TVG § 1; Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen § 2 VI

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 24.11.2003; Aktenzeichen 22 Ca 16381/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.09.2005; Aktenzeichen 5 AZR 565/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasEndurteil desArbeitsgerichts München vom24. November 2003 – Az.:22 Ca 16381/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Gehaltserhöhung ab Dezember 2002.

Der Kläger ist seit dem 01.05.1987 entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 24.03.1987 (Bl. 8 f. d.A.) bei der Beklagten beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis kommen kraft Verbandszugehörigkeit beider Seiten die Tarifverträge für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen zur Anwendung.

Der Kläger war bis 1992 als Leiter des Ressorts „Auf Seite 3” der A. tätig. Für diese Aufgabe waren ihm fünf bis sechs Redakteure zugewiesen. Danach war der Kläger für die Beklagte als Autor tätig. Die Vergütung blieb vereinbarungsgemäß unverändert.

Der Kläger ist seit dem 12.03.1998 freigestelltes Betriebsratsmitglied.

In der Anlage zum Anstellungsvertrag vom 24.03.1987 (Bl. 11 d.A.) ist unter Ziff. 3. folgendes geregelt:

„Das Gehalt des Herrn D. ist in freier Vereinbarung zustande gekommen, wobei es erheblich über einem etwa in Frage kommenden Tarifgehalt des Gehaltstarifvertrages für Redakteure an Tageszeitungen liegt.

Bei Änderungen des Gehaltstarifvertrages besteht kein Rechtsanspruch auf eine Anhebung des Gehaltes.”

Im Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen sind Redakteurinnen und Redakteure vom 1. bis zum 6. Berufsjahr in Gehaltsgruppe 2, ab dem 10. Berufsjahr in Gehaltsgruppe 3 eingruppiert. Die Alleinredakteurinnen und Alleinredakteure werden nach Gehaltsgruppe 4 und Redakteurinnen und Redakteure in besonderer Stellung nach Gehaltsgruppe 5 bezahlt. Für den Kläger gilt als Ressortleiter Ziff. VI des Gehaltstarifvertrages (im Folgenden: GehTV):

„VI. Gehälter nach freier Vereinbarung

Die Gehälter der Ressortleiterinnen/Ressortleiter von selbstständigen Zeitungen sowie die Gehälter der Chefinnen/Chefs vom Dienst, der stellvertretenden Chefredakteurinnen/Chefredakteure und Chefredakteurinnen und Chefredakteure müssen angemessen über den Gehaltssätzen der Ziff. V b bzw. V bb dieses Tarifvertrages liegen und sind frei zu vereinbaren. Im Falle von Änderungen der Tarifgehälter ist die Angemessenheit der frei zu vereinbarenden Gehälter in Relation zu den Gehaltssätzen der Ziff. V b bzw. Vbb zu überprüfen.”

Das Monatsgehalt des Klägers entwickelte sich im Verhältnis zum Tarifgehalt gemäß Gehaltsgruppe V bb wie folgt:

Jahr

Gehalt des Klägers vor Erhöhung

Gehalt des Klägers nach Erhöhung

Tarifgehalt nach Erhöhung

Erhöhung beim Kläger

Erhöhung Tarifgehalt

1988

DM 8.400,–

DM 8.700,–

DM 6.255,–

DM 300,–

DM 206,–

1989

DM 8.700,–

DM 9.050,–

DM 6.511,–

DM 350,–

DM 256,–

1990

DM 9.050,–

DM 9.300,–

DM 6.954,–

DM 250,–

DM 443,–

1991

DM 9.300,–

DM 9.850,–

DM 7.441,–

DM 550,–

DM 487,–

1992

DM 9,850,–

DM 10.300,–

DM 7.873,–

DM 450,–

DM 432,–

1993

DM 10.300,–

DM 10.575,–

DM 8.133,–

DM 275,–

DM 260,–

1994

DM 10.575,–

DM 10.750,–

DM 8.269,–

DM 175,–

DM 163,–

1995

DM 10.750,–

DM 11.020,–

DM 8.561,–

DM 270,–

DM 265,–

1996

DM 11.020,–

DM 11.220,–

DM 8.719,–

DM 200,–

DM 158,–

1997

DM 11.220,–

DM 11.370,–

DM 8.850,–

DM 150,–

DM 131,–

1998

DM 11.370,–

DM 11.570,–

DM 9.027,–

DM 200,–

DM 175,–

1999

DM 11.570,–

DM 11.870,–

DM 9.325,–

DM 300,–

DM 298,–

2000

DM 11.870,–

DM 12.170,–

DM 9.605,–

DM 300,–

DM 280,–

2001

DM 12.170,–

DM 12.420,–

DM 9.845,–

DM 250,–

DM 240,–

2002

DM 12.420,–

EUR 6.350,25

DM 12.420,–

EUR 6.350,25

DM 10.053,–

EUR 5.140,–

DM 0,–

Einmalzahlung 500 EUR

DM 207,32

EUR 106,–

Der Kläger erhielt 2002 keine monatliche Gehaltserhöhung, lediglich eine Einmalzahlung in Höhe von EUR 500,–. Der Gehaltstarifvertrag sah ei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge