Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Urlaubsdauer. Unregelmäßige Arbeitszeit
Leitsatz (amtlich)
Auslegung der §§ 4 und 11 des Rahmentarifvertrages für die Poliere des Baugewerbes der BRD und des Landes Berlin i.d.F. vom 19. Mai 1992 (RTV-Poliere)
Normenkette
Rahmentarifvertrag für die Poliere des Baugewerbes der BRD und des Landes Berlin i.d.F. vom 19. Mai 1992 (RTV-Poliere)
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 19.01.1995; Aktenzeichen 25 Ca 19874/93) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers vom 27. April 1995 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19. Januar 1995 (25 Ca 19874/93) abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger für das Urlaubsjahr 1993 drei weitere Arbeitstage als Urlaubstage zu gewähren.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, den tariflichen Urlaubsanspruch des Klägers unter Berücksichtigung seiner tatsächlichen Arbeitszeit zu kürzen.
Der Kläger ist seit 1968 bei der Beklagten als Elektromeister beschäftigt. Auf sein Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Rahmentarifvertrag für die Poliere des Baugewerbes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin vom 12. Juni 1978 in der Fassung vom 19. Mai 1992 (RTV-Poliere) Anwendung. Dort ist unter anderem geregelt:
§ 4 Arbeitszeit
1. Regelmäßige Arbeitszeit
1.1. Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen beträgt montags bis donnerstags 8, freitags 7 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden.
1.2. Die regelmäßig an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit kann durch Verlängerung der Arbeitszeit ohne Mehrarbeitszuschlag an anderen Werktagen innerhalb derselben Woche ausgeglichen werden. Durch Betriebsvereinbarung kann innerhalb von zwei zusammenhängenden Gehaltsabrechnungszeiträumen (zweimonatiger Ausgleichszeitraum) an einzelnen Werktagen regelmäßig ausfallende Arbeitszeit durch Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Werktagen des Ausgleichszeitraumes ohne Mehrarbeitszuschlag ausgeglichen werden. Die Summe der regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeiten in den einzelnen Wochen des Ausgleichszeitraumes darf 32 Stunden nicht unterschreiten. Am Ende des Ausgleichszeitraumes muß für jeden Polier durchschnittlich die wöchentliche Arbeitszeit gemäß Nr. 1.1. erreicht werden. …
„§ 11 Urlaub
1. Urlaubsanspruch
1.1. Jeder Polier hat in jedem Jahr Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub.
2. Urlaubsjahr
2.1. Der Urlaub beträgt im Kalenderjahr (Urlaubsjahr) 30 Arbeitstage.
Er besteht aus dem Jahresurlaub von 27 Arbeitstagen und dem Zusatzurlaub von 3 Arbeitstagen.
2.2. Samstage gelten nicht als Arbeitstage. …”
Ergänzend dazu haben die Betriebsparteien unter dem 7. Dezember 1989 in Form einer Betriebsvereinbarung festgelegt, daß mit Einführung der 39-Stunden-Woche ab 1.1.1990 jeder zweite Freitag arbeitsfrei ist und die tägliche regelmäßige Arbeitszeit somit wie folgt vereinbart wird:
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Mo |
Die |
Mi |
Do |
Fr |
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lange Woche |
9,0 |
9,0 |
9,0 |
9,0 |
7,0 |
= 43,0 Std. |
kurze Woche |
9,0 |
9,0 |
9,0 |
8,0 |
– |
= 35,0 Std. |
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78,0 Std./2 |
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= 39 Std/Wo. |
Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 14. Januar 1992 – 9 AZR 148/91; vom 19. April 1994 – 9 AZR 478/92; vom 3. Mai 1994 – 9 AZR 165/91) hatte die Beklagte den tariflichen Urlaubsanspruch für das Jahr 1993 von 30 auf 27 Arbeitstage gekürzt. Der Kläger ist damit nicht einverstanden und ließ, nachdem außergerichtlich keine Einigung zu erzielen war, mit gewerkschaftlichem Schriftsatz vom 1. Dezember 1993 zum Arbeitsgericht München Klage auf Verurteilung der Beklagten erheben, ihm für das Urlaubsjahr 1993 drei weitere Arbeitstage als Urlaubstage zu gewähren, die jedoch erfolglos geblieben ist. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Urteils vom 19. Januar 1995 wird Bezug genommen.
Mit der am 28. April 1995 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen das seinen Prozeßbevollmächtigten am 29. März 1995 zugestellte Ersturteil verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Berufungsbegründung ist am 17. Mai 1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Darin wird der Beklagten weiterhin das Recht bestritten, den tariflichen Urlaub von 30 auf 27 Arbeitstage zu kürzen und die Ansicht vertreten, die Verteilung der Arbeitszeit nach § 4 Ziffer 1.2. RTV-Poliere und der entsprechenden Betriebsvereinbarung vom 7. Dezember 1989 habe keinen Einfluß auf die tarifvertraglich festgeschriebene Urlaubsdauer von „30 Arbeitstagen” gehabt.
Damit lauten die Berufungsanträge:
- Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.1.1995 wird aufgehoben.
- Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für das Urlaubsjahr 1993 drei weitere Arbeitstage als Urlaubstage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt:
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.1.1995 wird zurückgewiesen.
Den Überlegungen des Erstgerichts ...