Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Widerspruch. Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
Erklärt ein Arbeitnehmer erst mehr als 1 1/2 Jahre nach einer – unzureichenden – Information über einen Betriebsübergang einen Widerspruch, ist dieser verwirkt, wenn zu diesem Zeitpunkt er eine Kündigung des Betriebserwerbers nicht angegriffen und eine ihm angebotene Abwicklungsregelung akzeptiert hat.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 5-6; BGB: § 242
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 19.02.2008; Aktenzeichen 21 Ca 1406/08) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.02.2008 (Az.: 21 Ca 1406/08) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob aufgrund eines Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses dieses zur Beklagten fortbestand und über daraus folgende Ansprüche des Klägers auf Vergütung sowie hilfsweise über die Zahlung einer Abfindung.
Der 1950 geborene, verheiratete Kläger war seit 07.04.1975 bei der Beklagten als Maschinenfahrer im Bereich Consumer Imaging beschäftigt und erzielte dabei eine monatliche Vergütung von ca. EUR 3.503,30 brutto.
Mit Schreiben vom 22.10.2004 (Bl. 11 bis 14 d. A.) informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass der Geschäftsbereich Consumer Imaging zum 01.11.2004 auf die A. GmbH übertragen wird. In diesem Schreiben heißt es dabei u. a.:
Die A.-G. AG plant, den Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A. GmbH zu übertragen.
Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. …
…
Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem 1. November 2004 auf A. GmbH übergehen.
…
Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:
Das Datum des geplanten Übergangs ist der 1. November 2004.
Zum Grund für den Übergang:
…
Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:
Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A. GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A.-G. AG, A. GmbH, Gesamtbetriebsrat der A.-G. AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung „zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen” abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:
…
Zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen:
…
Zu Ihrer persönlichen Situation:
Ihr Arbeitsverhältnis wird nach unserer Planung von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Die Zustimmung des Betriebsrats zu einem Interessenausgleich und zu ihrer Aufnahme in die Namensliste liegt derzeit noch nicht vor. Insofern sind Verhandlungen mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne ihre Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten. Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen dann die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen zu.
…
Zum Widerspruchsrecht:
…
Zu den Folgen eines Widerspruchs:
Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A.-G. und geht nicht auf die A. GmbH über.
Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs CI auf A. GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A.-G. AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Fall der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A.-G. AG rechnen.
Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A.-G. AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A.-G. AG, noch gegenüber A...