Entscheidungsstichwort (Thema)

Karenzentschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitgeber kann auf die während der Zeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu zahlende Karenzentschädigung ein vom Arbeitnehmer während dieses Zeitraum bezogenes Arbeitslosengeld (in den Grenzen der § 74c Abs. 1 HGB) nur in Höhe dessen „Netto-”)Auszahlungsbetrages, nicht in Höhe eines fiktiv hochgerechneten „Brutto-”Betrages des Arbeitslosengeldes anrechnen (so auch die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts).

 

Normenkette

HGB § 74c Abs. 1; SGB III § 117f

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 20.12.2006; Aktenzeichen 33a Ca 13058/06)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom20. Dezember 2006 – 33a Ca 13058/06 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechnung des Karenzentschädigungsanspruches des Klägers aufgrund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots mit der Beklagten als seiner früheren Arbeitgeberin.

Der, ausweislich der Angaben in den vorgelegten Gehaltsabrechnungen, am 00.00.1947 geborene Kläger war bei der Beklagten im Zeitraum vom 01.01.1995 bis 30.11.2005 als Techniker in der Forschung und Entwicklung mit einer Vergütung von zuletzt 4.380,– EUR brutto/Monat zzgl. vermögenswirksamer Leistungen von 15,– EUR/Monat, bei Zahlung von 13 Gehältern/Jahr, beschäftigt. Vor Beginn des Arbeitsverhältnisses hatten die Parteien unter dem 26.09./04.10.1994 im Rahmen einer „Vertraulichkeitsvereinbarung und Wettbewerbsverbot …” (Anl. K2, Bl. 5 bis 7 d. A.) ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot des Klägers für die Dauer von zwei Jahren vereinbart, das hinsichtlich der Höhe des Anspruchs des Klägers auf Karenzentschädigung bestimmt:

”…

3.

G. verpflichtet sich, dem A. für die Dauer dieses Wettbewerbsverbots eine Entschädigung von 70 % seiner letzten Bezüge von G. zu bezahlen, zahlbar in 24 Raten jeweils am Monatsende.

Von dieser Entschädigung ist das weitere Einkommen des A. bzw. das was der A. zu erwerben unterlässt insoweit abzuziehen, als dieses sonstige Einkommen und die Entschädigungszahlung gemeinsam das letzte Gehalt um mehr als 1/10 übersteigen oder um mehr als 1/4, wenn das Wettbewerbsverbot einen Umzug des As zur Folge hat.

…”

Der Kläger befindet sich seit seinem Ausscheiden, somit seit 01.12.2005, im nachvertraglichen Wettbewerbsverbot und erhält von der Beklagten die vertraglich vereinbarte Karenzentschädigung in Höhe von 70 % seines durch zwölf (Monate) geteilten letzten Jahresgehalts. Ebenfalls seit 01.12.2005 erhält der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von, bis zuletzt unverändert, 1.467,30 EUR/Monat. Seit 01.01.2006 rechnet die Beklagte das vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld auf einen monatlichen Brutto-Leistungsbezug von 2.445,60 EUR hoch (Berechnung im vorgerichtlichen Schreiben der Beklagten an die anwaltschaftlichen Vertreter des Klägers in Anl. K5, Bl. 10 d. A.), was zur Folge hat, dass dieser Betrag zusammengerechnet mit dem Karenzentschädigungsanspruch des Klägers in Höhe von 70 % seiner letzten Bezüge (= 3.332,– EUR brutto/Monat) den um 10 % erhöhten Betrag seines letzten Einkommens im Umfang von 541,60 EUR/Monat übersteigt – welchen Betrag die Beklagte von der Karenzentschädigung für das Jahr 2006 in Abzug gebracht hat und den der Kläger für das Kalenderjahr 2006 mit der vorliegenden Leistungsklage geltend macht.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 20.12.2006, das den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 07.02.2007 zugestellt wurde – auf das wegen des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug Bezug genommen wird –, der Klage in vollem Umfang mit der Begründung stattgegeben, dass der nach der wirksamen vertraglichen Regelung hierzu dem Grunde nach entstandene Karenzentschädigungsanspruch dem Kläger auch in ungekürzter vertraglicher Höhe zustehe, da zwar, entgegen der Ansicht des Klägers, eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Karenzentschädigung nicht von vornherein und grundsätzlich ausscheide – nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei die Anrechnungsvorschrift des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB hier entsprechend anzuwenden –, jedoch ebenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Rahmen der Regelungen des § 74c Abs. 1 HGB auf die Karenzentschädigung nur das Netto-Arbeitslosengeld, nicht ein fiktiv hochgerechnetes Brutto-Arbeitslosengeld, angerechnet werden könne. Anderes sei, entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen erforderlich, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass ein Arbeitnehmer, der sich einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterwerfe und sich im Zustand der Arbeitslosigkeit befinde, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation in einer schwierigeren und schutzwürdigeren Position sei als ein vergleichbarer Arbeitnehmer, der während der Karenzzeit einer ihm nicht verbotenen Arbeit nachgehe und somit bereits über ein geregeltes Einkom...

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