Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflicher Mindestlohn für die Tätigkeit einer Kaufhausdetektivin
Leitsatz (amtlich)
Der TV Mindestlohn ist auf die Tätigkeit eines Kaufhausdetektivs anwendbar, wenn dieser nicht nur beobachtend tätig ist, sondern aktiv etwaige Ladendiebe stellt.
Normenkette
AEntG §§ 7, 4 Abs. 1 Nr. 4; SicherheitArbbV § 1; TV Mindestlohn für Sicherheitsdienstleistungen § 2; BGB § 611; GewO § 34a; AEntG § 7 Abs. 1; TV-Mindestlohn-Sicherheitsdienst § 2; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Rosenheim (Entscheidung vom 18.11.2014; Aktenzeichen 5 Ca 492/14) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim (Az.: 5 Ca 492/14) vom 18.11.2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung des Mindestlohns nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für Sicherheitsdienstleistungen vom 11.02.2011.
Die Klägerin war vom 01.09.2008 bis zum 31.08.2013 bei der Beklagten, die eine Privatdetektei mit Kaufhausdetektei betreibt, als Kaufhaus-/Ladendetektivin beschäftigt. Der Umfang der Tätigkeiten der Kaufhausdetektei im Betrieb der Beklagten beträgt mehr als 50 %.
Die Beklagte zahlte an die Klägerin in den Jahren 2011 bis 2013 einen Stundenlohn von € 6,65 brutto. Auf dieser Basis hatte die Beklagte auch monatliche Abrechnungen erstellt und die Vergütung bezahlt.
Der "Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für Sicherheitsdienstleistungen" vom 11.02.2011, der zwischen dem Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geschlossen wurde (Im Folgenden: TV Mindestlohn) sieht für das Bundesland Bayern ab dem 01.06.2011 einen Stundenlohn von € 8,14, ab dem 01.03.2012 einen Stundenlohn von € 8,28 und ab dem 01.01.2013 einen Stundenlohn von € 8,42 vor. Der TV Mindestlohn bestimmt in seinem § 1 den Geltungsbereich wie folgt:
"Dieser Tarifvertrag gilt
räumlich: für die F.,
fachlich: für alle Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen, die Sicherheitsdienstleistungen für Dritte durchführen,
persönlich: für alle in diesen Bereichen beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme der Auszubildenden."
Mit der "Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Sicherheitsdienstleistungen" (Sicherheitsdienstleistungsbedingungenverordnung - SicherheitArbbV) vom 05.05.2011 regelte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dass der TV Mindestlohn auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung findet, wenn der Betrieb oder die selbständige Betriebsabteilung überwiegend Dienstleistungen des Bewachungs- und Sicherheitsgewerbes oder Kontroll- und Ordnungsdienste erbringt, die dem Schutz von Rechtsgütern aller Art, insbesondere von Leben, Gesundheit, oder Eigentum dienen. Die Verordnung trat am 01.06.2011 in Kraft und am 31.12.2013 außer Kraft (vgl. Bl. 18 d. A.).
Im Juli 2011 hatte die Beklagte der Klägerin eine Probeabrechnung auf Basis eines Mindestlohnes von € 8,14 pro Stunde erstellt, woraufhin die Klägerin unter dem Datum 26.07.2011 schriftlich auf dieser Abrechnung erklärte, dass sie den Mindestlohn ablehne (vgl. Bl. 73 d. A.).
Mit der Klage macht die Klägerin die Differenzvergütung für den Zeitraum von Juni 2011 bis August 2013 zwischen der bezahlten Vergütung und der Vergütung entsprechend dem TV Mindestlohn auf der Basis der von der Beklagten abgerechneten Arbeitsstunden geltend. Die Klägerin beruft sich dabei auf die aus den Lohnabrechnungen im Zeitraum Juni 2011 bis Dezember 2011 im Einzelnen aufgelisteten Arbeitsstunden sowie, nachdem die Beklagte ab dem Januar 2012 die Stunden in der Lohnabrechnung nicht im Einzelnen aufgelistet hat, auf die Anzahl der Stunden, welche sich aus dem abgerechneten Lohn, dividiert durch den Stundenlohn von € 6,65, ergeben.
Die Klägerin war erstinstanzlich der Auffassung, dass der TV Mindestlohn auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sei. Insoweit unterfalle die Tätigkeit der Kaufhausdetektive auch dem Geltungsbereich des Tarifvertrages, da diese auch dem Bewachungs- und Sicherheitsgewerbe zuzurechnen sei, da sie dem Schutz des Eigentums des Ladeninhabers dienen würde. Die Beklagte habe sich auch selbst als Sicherheitsdienst und Berufsdetektei bezeichnet. Auch der Wortlaut des § 2 der Satzung des Berufsverbandes Bayerischer Detektive e.V. sei zu entnehmen, dass dieser Berufsverband den Zweck habe, die gemeinsamen beruflichen und wirtschaftlichen Interessen des Detektiv- und Bewachungsgewerbes in Bayern zu schützen und zu fördern. Insoweit gehe der Landesverband auch von einer Verzahnung von Detektiv- und Bewachungsgewerbe aus. Auch die Tatsache, dass die Beklagte einer Erlaubnis nach § 34a GewO bedürfe und dort gerade das Bewachungsgewerbe angesprochen sei, spreche für die Durchführung derartiger Tätigkeiten. Zudem sehe § 34a Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 GewO explizit eine Regelung für Tätigkeiten, die sich auf den Schutz von Ladendie...