Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Betriebsvereinbarungsoffenheit einer in Form einer Gesamtzusage begründeten Versorgungsordnung. Verschlechterung
Leitsatz (redaktionell)
1. „Betriebsvereinbarungsoffen” ist eine Einheitsregelung dann, wenn sie den ausdrücklichen oder stillschweigenden Vorbehalt enthält, dass eine spätere betriebliche Regelung den Vorrang haben soll.
2. Eine durch eine Gesamtzusage begründete und deshalb auf einzelvertraglicher Grundlage bestehende betriebliche Ordnung ist gegen Veränderungen grundsätzlich durch das Günstigkeitsprinzip geschützt. Eine Verschlechterung der durch eine Gesamtzusage begründeten Rechte durch eine Betriebsvereinbarung kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur in Betracht, wenn die Geschäftsgrundlage der Gesamtzusage gestört ist, der Arbeitgeber sich den Widerruf der Gesamtzusage vorbehalten oder sie unter den Vorbehalt einer abändernden Neuregelung durch Betriebsvereinbarung gestellt hat oder wenn die Neuregelung durch Betriebsvereinbarung zumindest bei konkreter Betrachtung insgesamt nicht ungünstiger ist als die abgelöste Gesamtzusage.
Normenkette
BetrAVG § 1
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 30.01.2007; Aktenzeichen 24b Ca 1854/05 I) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom30.01.2007 – 24b Ca 1854/05 I – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, nach welcher Versorgungsordnung sich die betriebliche Altersversorgung des Klägers richtet.
Der Kläger, geboren am 02.12.1944, war ab 03.04.1967 bei der Fa. M AG
als Flugzeugmechaniker beschäftigt. Am 15.12.1980 hat die Rechtsnachfolgerin dieser Firma, die Fa. M., mit dem Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 11 – 13 d. A.) abgeschlossen, wonach der Kläger als technischer Angestellter zum 01.01.1981 ins Angestelltenverhältnis übernommen wird.
Die Fa. M. errichtete für die betriebliche Altersversorgung ihrer Arbeitnehmer die „Versorgungskasse der M.” (im Weiteren: VK M.).
Es wurde von der Mitgliederversammlung eine Satzung beschlossen. Zum Inhalt der Satzung, Stand 19.11.1975, wird auf Bl. 50 – 55 d. A. verwiesen.
In der VK M. ist in § 2 Ziff. 1 geregelt:
Der Verein ist eine soziale Einrichtung der Firma M. Ausschließlicher Zweck des Vereins ist die freiwillige Gewährung von Renten an ehemalige Arbeitnehmer der M. und der Flugzeug-Union-S. (Begünstigte) im Alter und bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sowie an deren Angehörige im Todesfall nach Maßgabe einer Versorgungsordnung in der jeweils gültigen Fassung.
In § 3 Ziff. 2 ist geregelt:
- Die Anzahl der Mitglieder beträgt 36. Jeweils die Hälfte wird von der Geschäftsführung der M., die andere Hälfte vom Gesamtbetriebsrat der M. bestellt. Die Einwilligung der Betreffenden ist vor der Bestellung einzuholen.
In § 11 Ziff. 3 ist geregelt, dass die Mitgliederversammlung u. a. über die Erstellung und Änderung der Versorgungsordnung beschließt.
Unter dem 11.12.1989 wurde die Satzung der VK M. geändert (Bl. 56 – 62 d. A.) sowie erneut am 29.04.2003 (Bl. 140 – 150 d. A.).
Aufgrund der Satzung wurde eine Versorgungsordnung (im Weiteren: VO M.) erstellt. Die VO M., Stand 19.11.1975, befindet sich auf Bl. 45 – 49 d. A. In § 15 der VO M. ist geregelt, dass sich die VK M. vorbehält, die Versorgungsordnung zu ändern und die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn sich die bei Einrichtung des Versorgungswerks maßgebenden Verhältnisse nachteilig so wesentlich verändern, dass ihr die Aufrechterhaltung der Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange der Begünstigten nicht mehr zugemutet werden kann.
Die D.(D. AG) wurde Rechtsnachfolgerin der Firma M.. Diese hat die betriebliche Altersversorgung im Konzern zum 01.01.1998 neu geregelt. So wurde durch Konzernbetriebsvereinbarung die Versorgungsordnung 1997 (im Weiteren: VO 97, Bl. 65 – 92 d. A.) und eine Besitzstands- und Übergangsregelung zur Einführung dieser Versorgungsordnung (Bl. 93 – 95 d. A.) abgeschlossen.
Die VO 97 und die Besitzstands- und Übergangsregelung zur Einführung dieser Versorgungsordnung wurden zusätzlich auch noch mit dem Gesamtbetriebsrat der D. abgeschlossen (Bl. 273 – 299 d. A. und Bl. 302 – 305 d. A.).
Die Mitgliederversammlung der VK M. hat im schriftlichen Verfahren nach § 10 Abs. 7 der Satzung beschlossen, dass die VO 97 und die Besitzstands- und Übergangsregelung zur Einführung dieser Versorgungsordnung, abgeschlossen am 30.11.1998 zwischen den Leitungen der Trägerunternehmen und deren Betriebsräten und am 09.12.1998 zwischen der Leitung des Konzerns D. AG und dessen Konzernbetriebsrat auch in der VK M. rückwirkend zum 01.01.1998 als neue „Leistungsrichtlinien” i. S. v. § 11 Abs. 2 der Satzung VK M. gelten (Bl. 103/104 d. A.).
Am 26.02.2004 wurde zwischen der D. und dem Konzernbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung „P3 – Persönlicher Pensions Plan zur Modernisierung und Neuordnung der betrieblichen ...