Entscheidungsstichwort (Thema)

Satzungsmäßige Mitgliedschaft ohne Tarifbindung im Landesverband des Bayerischen Einzelhandels. Unbegründete Tariflohnklage einer Sachbearbeiterin in Gartencenter

 

Leitsatz (amtlich)

Die Satzung des Landesverbandes des Bayerischen Einzelhandels (jetzt: Handelsverband Bayern Der Einzelhandel e. V.) enthält für Tarifangelegenheiten eine klare und eindeutige Trennung der Befugnisse von Mitgliedern mit und ohne Tarifbindung.

 

Normenkette

GG Art. 9 Abs. 3; TVG § 3 Abs. 1; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Augsburg (Entscheidung vom 16.07.2010; Aktenzeichen 7 Ca 677/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 16.07.2010 - Az. 7 Ca 677/10 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin ab 01.09.2009 einen Anspruch auf eine tarifliche Lohnerhöhung hat.

Die Klägerin ist seit 01.04.2001 bei der Beklagten, die zahlreiche Gartencenter in Deutschland betreibt, als Sachbearbeiterin beschäftigt.

In Ziffer 1 des "Dienstvertrages" vom 24.03.2001 heißt es unter Anderem: "Für das Dienstverhältnis gelten die Bestimmungen des örtlich maßgeblichen Tarifvertrages für den Einzelhandel einschließlich der entsprechenden Zusatzabkommen."

Am 04.09.2001 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag "für alle Betriebe und Betriebsteile der Firma E. in C-Stadt ausgenommen F.". In dessen § 2 ("Anhebung der Löhne und Gehälter") ist geregelt:

"Die Löhne und Gehälter betragen ab dem 01.01.2002 98,75 %, ab 01.07.2002 99,25 % und ab dem 01.01.2003 100 % der Ortsklasse I nach den für das jeweilige Datum gültigen Tarifverträgen für den Bayerischen Einzelhandel." (Anlage K3 zum klägerischen Schriftsatz vom 29.06.2010).

Die Beklagte ist seit vielen Jahren Mitglied des Landesverbandes des Bayerischen Einhandels e.V. (im folgenden LBE; jetzt umbenannt in Handelsverband Bayern Der Einzelhandel e.V.). Mit Schreiben vom 20.03.2009, beim LBE eingegangen am 24.03.2009, erklärte die Beklagte den Ausschluss der Tarifbindung und damit den Wechsel in eine sogenannte OT-Mitgliedschaft. Die Satzung des LBE enthält im Zusammenhang mit OT-Mitgliedschaften folgende Bestimmungen:

"§ 4 a

Bei Tarifverträgen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt sind, können die Mitglieder den Ausschluss der Tarifbindung erklären. Die Erklärung ist schriftlich an die für den Sitz der gewerblichen Niederlassung des Mitglieds zuständigen Bezirksgeschäftsstelle zu richten.

Sie wirkt zum Ablauf der jeweils geltenden Tarifverträge. Die Erklärung kann jederzeit widerrufen werden.

Nicht tarifgebundene Mitglieder sind nicht berechtigt, an der Abstimmung über tarifpolitische Entscheidungen mitzuwirken.

...

§ 14

Die Landesdelegiertenversammlung

...

4.a) Zu den regelmäßigen Aufgaben der Landesdelegiertenversammlung gehören:

...

ff) die Wahl der Tarifkommission gemäß § 32; nicht tarifgebundene Delegierte sind nicht wahlberechtigt.

...

§ 32

Die Tarifkommission

Die Tarifkommission besteht aus bis zu 40 Mitgliedern sowie bis zu 10 Stellvertretern, die von der Landesdelegiertenversammlung gewählt werden. Nicht tarifgebundene Mitglieder können nicht Mitglied der Tarifkommission sein. Sie ist zuständig für alle tarifpolitischen Fragen, insbesondere für den Abschluss von Tarifverträgen. Die Zuziehung weiterer sachverständiger Mitglieder zu den Beratungen ist möglich.

Die Tarifkommission wählt aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter.

...

§ 32 a

Streikfonds

1. Der Streikfonds ist Bestandteil des Verbandsvermögens. Er wird von seinem Verwaltungsrat geführt. Dieser besteht aus dem Vorstand (§ 15) und dem Vorsitzenden der Tarifkommission (§ 32) sowie dessen Stellvertreter. Vorsitzender des Verwaltungsrats ist der Präsident. Nicht tarifgebundene Mitglieder können nicht Mitglieder des Verwaltungsrats sein. ..."

(zum Inhalt der Satzung im Übrigen wird auf die Anlage zur Berufungsbegründung der Klägerin vom 17.11.2010 Bezug genommen).

Am 29.04.2009 begannen Tarifverhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Im August 2009 informierte die Beklagte den Betriebsrat über den Wechsel in die OT-Mitgliedschaft.

Ab 01.09.2009 erhöhte der neue Tarifvertrag vom 19.06.2009, den der LBE mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen hatte, die Gehälter. Bei Anwendung dieses Tarifvertrages würde sich die Vergütung der Klägerin monatlich um € 47,00 brutto erhöhen.

Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass der Tarifvertrag vom 19.06.2009 auf die Klägerin nicht zur Anwendung kommt und zahlt ihr ein unverändertes Gehalt in Höhe von € 2.313,00 brutto.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe ab 01.09.2009 einen Anspruch auf eine höhere Vergütung nach dem zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Gehaltstarifvertrag vom 19.06.2009. Auch die Jahressonderzahlung 2009 wäre höher ausgefallen. Der Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft sei unwirksam, da er dem Gesamtbetriebsrat erst am 20.08.2009 mitgeteilt worden sei. Beim Wechsel der Beklagten hand...

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