Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages im Hochschulbereich auf Grund europarechtskonformer Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG kann europarechtskonform ausgelegt werden. Eine Befristung nach dieser Bestimmung ist nur dann gerechtfertigt, wenn ein förmliches Gesetz die Haushaltsmittel regelt, die für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind. Die Haushaltsmittel müssen im Haushaltsplan (Gesetz) mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung ausgebracht sein. Der Haushaltsplan selbst muss erkennen lassen, für welche Aufgaben die Haushaltsmittel bereitgestellt werden und dass diese Aufgaben nicht zeitlich unbegrenzt, sondern nur vorübergehend anfallen. Die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung muss objektive und nachvollziehbare Vorgaben enthalten, die gewährleisten, dass die Mittel zur Deckung eines nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs genutzt werden (im Anschluss an BAG vom 09.03.2011 - 7 AZR 728/09).

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.05.2018; Aktenzeichen 7 AZR 16/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts G vom 21.10.2015 - 5 Ca 939/14 - wird als unzulässig verworfen, soweit die Klägerin begehrt, den Beklagten zu einer Zustimmung zur Verlängerung der Arbeitszeit der Klägerin ab dem 01.10.2014 zu verurteilen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zulassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrags und über einen Anspruch der Klägerin auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit.

Die am 22.09.1968 geborene Klägerin ist verheiratet und zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Sie war ab dem Jahr 2001 jedenfalls bis zum Sommersemester 2008 im Rahmen verschiedener Lehraufträge sowie in der Zeit vom 01.04.2007 bis zum 25.09.2007 auf Grund eines befristeten Arbeitsvertrags mit dem beklagten Freistaat an der Ludwig-Maximilians-Universität A-Stadt tätig. Vom 12.02.2008 bis 03.08.2008 war die Klägerin bei der Landeshauptstadt A-Stadt beschäftigt. In der Zeit vom 15.09.2008 bis zum 12.09.2010 war sie auf Grund befristeter Arbeitsverträge mit dem beklagten Freistaat als Lehrkraft an verschiedenen Gymnasien eingesetzt.

Im April 2010 schlossen die Parteien einen Dienstvertrag vom (Anl. A1, Bl. 15/16 d.A.), der u.a. folgende Bestimmung enthält:

§ 1

(1) Frau Dr. A. wird für die Zeit vom 12. April 2010 bis 30. September 2014 an der Philosophischen Fakultät als Lehrkraft für besondere Aufgaben mit 50 v. H. der regelmäßigen Arbeitszeit einer entsprechend vollbeschäftigten Lehrkraft im Sinne des Art. 24 des H Hochschulpersonalgesetzes(BayHSchPG) i. V. m. §§ 1 und 3 der Verordnung über die Einstellungsvoraussetzungen für Lehrkräfte für besondere Aufgaben (ELbAV) eingestellt.

(2) Das Arbeitsverhältnis ist gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) befristet. Die Stelle wurde der Universität G aus dem Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger (Ausbauplanung) befristet zugewiesen.

(3) Arbeitsort ist G.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung.

Nach dem Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Freistaates Bayern für die Haushaltsjahre 2009 und 2010 (Haushaltsgesetz - HG - 2009/2010) vom 14.04.2009 (GVBl. S. 86) sind im Einzelplan 13 "Allgemeine Finanzverwaltung" in Kapitel 1330, Titelgruppe 56, sowie im Einzelplan 15 für den Geschäftsbereich des H Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Kapitel 1506 "Sammelansätze für den Gesamtbereich der Hochschulen", Titelgruppe 86, jeweils "Ausgaben nach dem Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger" vorgesehen. Nach den Erläuterungen zu Kapitel 1330, Titelgruppe 56, sowie zu Kapitel 1506, Titelgruppe 86, sollen zur Bewältigung der steigenden Studierendenzahlen bis 2011 38.000 neue Studienplätze geschaffen werden. Die Staatsregierung wird den Erläuterungen zufolge hierfür die erforderlichen räumlichen und personellen Kapazitäten bereitstellen. Ein allgemeiner Vermerk im Einzelplan 15, Kapitel 1506 zu Titel 422 86 lautet: "Stellen im Umfang von

3.464.815,- € sind kw zum 01.01.2015. Die restlichen Stellen sind kw bei entsprechender wertgleicher Stellenumsetzung aus dem Epl. 05".

Die Universität G hatte am 11.08.2009 hinsichtlich der so genannten Ausbauplanung 2010, dem Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger, entsprechend den Vorgaben im Schreiben des H Staatsministeriums für Wissensch...

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