Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung. Auslandswohnsitz auf Arbeitnehmerseite. Ausgleich steuerlicher Nachteile
Leitsatz (amtlich)
Verlegt ein deutscher Arbeitnehmer mit einem Arbeitsplatz in Deutschland (Bayern) seinen Wohnsitz ins Ausland (hier: Österreich), so kann er für nachteilige steuerrechtliche Folgen daraus vom Arbeitgeber keinen Ausgleich verlangen, selbst wenn diese Nachteile (hier: Besteuerung durch den Wohnsitzstaat) durch einen Rechtsformwechsel auf Arbeitgeberseite ausgelöst worden sind.
Normenkette
BGB §§ 670, 613a
Verfahrensgang
ArbG Passau (Urteil vom 24.05.1996; Aktenzeichen 4 Ca 52/96 E) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers vom 1. August 1996 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau – Gerichtstag Eggenfelden – vom 24. Mai 1996 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Für den Kläger wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte zum Ausgleich steuerlicher Nachteile verpflichtet ist, die dem Kläger durch einen bei seinem Arbeitgeber zum Jahreswechsel 1993/1994 eingetretenen sog. Rechtsformwechsel entstanden sind und entstehen.
Seit 1. Januar 1994 werden die früheren Kreiskrankenhäuser Pfarrkirchen und … (hier arbeitet der Kläger) von einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) = die Beklagte betrieben. In diesem Zusammenhang haben der Landkreis … und die Beklagte einen sog. Personalüberleitungsvertrag geschlossen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Anlage B 1 zu Blatt 9/10 der Akte). Nach dessen § 1 ist die Beklagte in die Arbeitsverträge mit den Bediensteten des Landkreises eingetreten, soweit diese am Stichtag (= 31. Dezember 1993) in den Krankenhäusern … Pfarrkirchen und beschäftigt waren. Bedienstete des Landkreises, die ausschließlich für diese Krankenhäuser tätig waren, sind von der Beklagten übernommen worden, wenn die Bediensteten damit einverstanden waren. Des weiteren hat sich die Beklagte nach § 1 Abs. 4 des Personalüberleitungsvertrages verpflichtet, die für den Landkreis am Stichtag geltenden Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen sowie die sonstigen Regelungen zugunsten der Bediensteten, die am Stichtag beim Gesellschafter (= der Landkreis …) beschäftigt waren, weiter anzuwenden. In § 8 (Schlußbestimmungen) waren sich Landkreis … und Beklagte schließlich darüber einig, daß dem genannten Personenkreis durch die Überleitung gegenüber dem bisherigen Rechtsstand keine finanziellen Nachteile entstehen dürfen.
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger.
Bis zum 31. Dezember 1993 war er in der Bundesrepublik Deutschland zur Einkommens- bzw. Lohnsteuer herangezogen worden, obwohl er seinen Wohnsitz in der Republik Österreich hatte. Seit dem Jahr 1994 wird er nunmehr in der Republik Österreich zur Einkommens- bzw. Lohnsteuer herangezogen. Die Erklärung dafür hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen in seinem Schreiben vom 6. Juni 1994 (Anlage K2 zur Klage) gegeben: Mit dem Ende der Arbeitgeberstellung des Landkreises … am 31. Dezember 1993 seien die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein deutsches Besteuerungsrecht nach Art. 10 Abs. 1 des Deutsch-Österreichischen-Doppelbesteuerungsabkommens – Bezüge für gegenwärtige oder frühere Dienstleistung von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts – weggefallen. Die ab 1. Januar 1994 in die Arbeitgeberfunktion eingetretene Beklagte stelle keine juristische Person des öffentlichen Rechts dar. Demzufolge komme ab 1. Januar 1994 ein deutsches Besteuerungsrecht nurmehr nach Maßgabe von Art. 9 des Deutsch-Österreichischen-Doppelbesteuerungsabkommens in Betracht; beim Kläger führe diese Regelung jedoch zwingend zur Besteuerung durch den Wohnsitzstaat.
Mit gewerkschaftlichem Schriftsatz vom 8. Januar 1996 hat der Kläger schließlich Klage auf Zahlung von DM 5.436,02 nebst Zinsen (Ausgleich seiner steuerlichen Schlechterstellung für das Jahr 1994) erheben lassen, die vor dem angerufenen Arbeitsgericht Passau jedoch erfolglos geblieben ist. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 24. Mai 1996 wird Bezug genommen.
Mit der am 30. Juli 1996 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen das seinen Prozeßbevollmächtigten am 1. Juli 1996 zugestellte Ersturteil verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Berufungsbegründung ist am 28. August 1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Darin wird die Beklagte weiterhin als verpflichtet angesehen, dem Kläger zumindest aufgrund des Personalüberleitungsvertrages auch die steuerlichen Nachteile auszugleichen, die dadurch entstanden sind und entstehen, daß die Arbeitgeberstellung auf die Beklagte übergegangen ist, und so lauten die Berufungsanträge:
- Das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau – Gerichtstag Eggenfelden – vom 24. Mai 1996, Az.: 4 Ca 52/96 E wird aufgehoben.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 5.436,02 mit 4 % Zinsen auf Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragen lassen:
die Berufung wird zurückgewiesen.
Den Überlegungen des Erstgeri...