Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltung eines Tarifvertrags im Unternehmen. Klagerecht einer Gewerkschaft. Unzulässigkeit einer Feststellungsklage. Bestimmtheitserfordernis bei Klageanträgen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein in einem Unternehmen praktizierter, nicht allgemeinverbindlicher Tarifvertrag gilt zwingend für den Arbeitgeber, der entweder Mitglied des zuständigen Tarifträgerverbandes ist oder der den Tarifvertrag selbst abgeschlossen hat, und für die Beschäftigten, die Mitglied der zuständigen Gewerkschaft sind. Kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme kann der Tarifvertrag auch auf die Arbeitsverhältnisse der nicht der Gewerkschaft angehörigen Beschäftigten Anwendung finden.

2. Eine Gewerkschaft vertritt allein ihre Mitglieder und kann auch nur für diese die Anwendung des für das Unternehmen geltenden Tarifvertrags verlangen. Für Beschäftigte, die der Gewerkschaft nicht angehören, hat die Gewerkschaft keine Vertretungsmacht und keine Postulationsfähigkeit. Es obliegt den betreffenden Beschäftigten selbst, ihre vertraglichen Rechte und Ansprüche ggfs. gerichtlich geltend zu machen.

3. Einem Antrag der Gewerkschaft, festzustellen, dass ein Tarifvertrag generell für alle Beschäftigten des Unternehmens unabhängig von der Tarifbindung gelten soll, fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Denn die Gewerkschaft kann die Tarifanwendung nur für ihre Mitglieder geltend machen.

4. Ein Leistungsantrag ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn ein stattgebendes Urteil die Leistung so genau bezeichnet, dass der Schuldner ohne Weiteres erkennen kann, durch welche Verhaltensweisen er dem Urteilsspruch nachkommen kann, und wenn das Urteil vollstreckungsfähig ist.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 5; ZPO § 97 Abs. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 2; ArbGG § 72 Abs. 2; TVG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 02.05.2019; Aktenzeichen 6 Ca 7342/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.10.2021; Aktenzeichen 4 AZR 403/20)

 

Tenor

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 2. Mai 2019 - 6 Ca 7342/18 wird, unter Zurückweisung der Berufung des Klägers, abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren um einen Tariferfüllungsanspruch des Klägers.

Der Kläger ist eine im Betrieb der Beklagten, einem in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts verfassten Z, vertretene Gewerkschaft. Die Parteien schlossen in der Vergangenheit mehrere Haustarifverträge, u.a. einen Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen vom 3. Juni 1992 (Anlage K1, Bl. 11 ff. d. A.) mit Durchführungstarifverträgen. Zum Durchführungstarifvertrag Nr. 4 haben die Parteien jeweils einen Honorarrahmen für Fernsehen sowie für Hörfunk vereinbart. Innerhalb der Honorarrahmen werden verschiedene Leistungen beschrieben, denen ein gewisser Vergütungsrahmen zugeordnet ist. Im Honorarrahmen Fernsehen (vgl. Anlage K2, Bl. 27 ff, 39 ff. d. A.) ist u.a. geregelt:

"...

29.00

Moderation, Präsentation mit eigenem Text je

von €

bis €

Die Höhe des Pauschalhonorars richtet sich nach Umfang und Schwierigkeitsgrad der Aufgabe und des Textes sowie der Beschäftigungsdauer. Umfangreiche Vorbereitungen können nach Ziff. 38.10 zusätzlich bezahlt werden.

29.10

Text nicht live gesprochen

29.11

bis 20 Minuten Sendelänge

281,57

672,05

29.12

bis 30 Minuten Sendelänger

418,41

1.101,38

29.13

bis 45 Minuten Sendelänge

771,16

1.696,16

29.14

bis 60 Minuten Sendelänge

953,69

2.206,86

29.20

Text live gesprochen

29.21

bis 20 Minuten Sendelänge

330.22

859,37

29.22

bis 30 Minuten Sendelänge

506,61

1.320,15

29.23

bis 45 Minuten Sendelänge

953,69

2.206,86

29.24

bis 60 Minuten Sendelänge

1.200,52

2.641,01

...

31.00

Diskussion und Gespräche; Fachgespräche,

Interviews

Das Honorar des Gesprächsleiters und/oder Gesprächsteilnehmers bei Diskussionen und Gesprächen richtet sich nach der Sendelänge. Bei Fachgesprächen richtet sich das Honorar nach der Beschäftigungsdauer; es wird die Zeit vergütet, die der Mitwirkende der Produktion zur Verfügung steht.

Das Honorar wird als Pauschalhonorar ausgewiesen.

31.10

Diskussionen und Gespräche

bis 30 Minuten Sendelänge

31.12

- Gesprächsleiter/-in

935,00

1.320,15

31.13

- Gesprächsteilnehmer/-in

330.22

551,05

bis 45 Minuten Sendelänge

31.14

- Gesprächsleiter/-in

1.214,19

1.541,66

31.15

Gesprächsteilnehmer/-in

551.05

771,16

bis 60 Minuten Sendelänge

31.16

- Gesprächsleiter/-in

1.541,66

1.984,68

31.17

- Gesprächsteilnehmer/-in

771,16

881,93

31.20

Fachgespräche

31.21

Teilnehmer/-in

Tag

443,02

660,42

31.22

Gesprächsleiter/-in incl. Recherchen und/oder Vorbereitungsarbeiten

Tag

551,05

881,93

31.30

Interviewer

Mindest-Honorar

221.50

31.31

nicht live

Minute

62,21

99,14

31.32

live Minute

62,21

145,61

31.40

Interviewpartner erhalten nur dann ein Honorar, wenn sie nicht in eigener Sache sprechen.

32.00

Herstellung von aktuellen Kurzreportagen und Magazinbeiträgen: Redaktion, Regie, Schnittanweisung, Tex...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge