Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle § 3 EFZG. Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle nach dem Rahmentarifvertrag für Landarbeiter in Bayern vom 7.5.1992

 

Leitsatz (amtlich)

§ 10 Ziffer 2 des Rahmentarifvertrages für Landarbeiter in Bayern, wonach sich der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz vom 27.7.1969 richtet, enthält eine konstitutive Regelung. Die Höhe des Entgeltfortzahlungsanspruchs beträgt 100 %.

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 18.06.1997; Aktenzeichen 16 Ca 1607/97)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 18.6.1997 – 16 Ca 1607/97 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle.

Der Kläger ist seit 10.3.1990 als Mechaniker beim Beklagten in der staatlichen … beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Rahmentarifvertrag (RTV) für Landarbeiter in Bayern vom 7.5.1992 Anwendung.

Dieser Rahmentarifvertrag hat in § 10 Abs. 2 folgende Regelung:

2. Ist der Arbeitnehmer infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er gegen seinen Arbeitgeber Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nach dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsqesetz) vom 27. Juli 1969.

Im November 1996 war der Kläger an sieben Tagen arbeitsunfähig krank. Für diesen Zeitraum erhielt der Kläger gemäß § 4 Abs. 1 EFZG nur die Entgeltfortzahlung in Höhe von 80 %, nämlich DM 915,18 brutto.

Mit der Klage zum Arbeitsgericht München macht der Kläger geltend, unabhängig von der gesetzlichen Neuregelung des § 4 Abs. 1 EFZG sei im Rahmentarifvertrag vom 7.5.1992 die hundertprozentige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle vereinbart. Er fordert deshalb vom Beklagten die restlichen 20 % in Höhe von DM 228,83 brutto.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 18.6.1997 der Klage stattgegeben.

Bezüglich des Sachvortrages der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes wird auf den Inhalt des Endurteiles vom 18.6.1997 (Bl. 19/26 d. A.) verwiesen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, das ihm am 31.7.1997 zugestellt wurde, am 8.8.1997 Berufung eingelegt und sie am 30.9.1997 innerhalb der verlängerten Frist begründet.

Er trägt vor, bei Tarifauslegungen sei zunächst auf den Tarifwortlaut, dann auf den Willen der Tarifvertragsparteien und auf den Gesamt Zusammenhang abzustellen. Die Tarifvertragsparteien hätten bei Abschluß des damaligen Tarifvertrages davon ausgehen müssen, daß das zitierte Gesetz aus dem Jahre 1969 nicht auf die Dauer Bestand haben würde, daß also immer wieder mit Änderungen zu rechnen sei. Hierfür spreche die Entwicklung in der Vergangenheit. Viele Tarifverträge würden noch auf das Lohnfortzahlungsgesetz verweisen. Trotz – dem hätten die Tarifvertragsparteien keine Veranlassung gesehen, den Tarifvertrag zu ändern, als das Entgeltfortzahlungsgesetz in Kraft trat. Sie hätten bei der praktischen Anwendung des Tarifvertrages auch keine Bedenken gehabt, wenn ihre Verweisung jetzt als Verweisung auf das Entgeltfortzahlungsgesetz interpretiert werden sollte. Deshalb könne man den Schluß ziehen, daß die Vertragsparteien damit einen rein deklaratorischen Charakter ihrer Verweisung unterstellt haben. Es mag sein, daß Tarifvertragsparteien (subjektiv) nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte davon ausgegangen seien, daß künftige Gesetzesänderungen insgesamt gesehen Verbesserungen für die Arbeitnehmer bringen würden. Dies mag aber mehr dem Wunsch als der Wirklichkeit entsprechen. Die Rechtslage könne aber keine andere sein, wenn eine Gesetzesänderung die Arbeitnehmerrechte einschränke, wie vorliegend durch die Neuregelung geschehen. Auch solche Änderungen würden von einer nur deklaratorischen Regelung in Tarifverträgen erfaßt.

Bezüglich des weiteren Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 29.9.1997 (Bl. 42/45 d. A.) verwiesen.

Der Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:

  1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18.6.1997 – 16 Ca 1607/97 – wird aufgehoben.
  2. Die Klage wird abgewiesen.
  3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Kläger beantragt dagegen

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung

und trägt vor, der RTV für die Landarbeiter in Bayern enthalte eine eigenständige Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die tarifvertragliche Regelung nehme zwar Bezug auf das Lohnfortzahlungsgesetz vom 27.7.1969, weiche aber bei der Rechtsfolge von § 1 LFZG ab. Aber selbst wenn man die Rechtsprechung des BAG zu tarifvertraglichen und gesetzlichen Kündigungsfristen kritiklos auf den Bereich der Entgeltfo...

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