Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung der Leiterin einer Kindertagesstätte. Unbegründete Zahlungsklage bei Unterschreitung der Platzzahl ohne arbeitgeberseitige Veranlassung. Berechnung der belegbaren Plätze bei Aufnahme behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder
Leitsatz (amtlich)
Die Eingruppierung der Leiterin einer Kindertagesstätte nach § 15 TVöD-Sozial- und Erziehungsdienst setzt voraus, dass, wenn nicht mindestens 100 Plätze besetzt sind und die Unterschreitung der Mindestplätze mehr als 5 v. H beträgt, die geringere Platzzahl auf eine Maßnahme des Arbeitgebers etwa zur Qualitätssicherung zurückgeht. Werden behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder aufgenommen, so können diese nicht per se mehrfach (doppelt) gerechnet werden. In Folge der Aufnahme der behinderten/von der Behinderung bedrohten Kinder kann der Arbeitgeber in unterschiedlicher Weise zur Qualitätssicherung reagieren, ohne dass die Mindestplatzzahl tangiert werden müsste.
Normenkette
TVöD-SE Sätze 13, 15; TVöD-SE § 13 Abs. 1, § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Entscheidung vom 20.11.2012; Aktenzeichen 5 Ca 1400/12) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 20. Nov. 2012 - 5 Ca 1400/12 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist seit September 1992 als Leiterin eines Kindergartens der Beklagten beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst Anwendung (TVöD-SE). Sie war bis 2009 und nachfolgend wieder ab 2011 nach Vergütungsgruppe S 15 TVöD-SE eingruppiert und vergütet. Im Jahr 2010 war sie nach Vergütungsgruppe S 13 TVöD-SE eingruppiert und vergütet gewesen.
Die betreffenden Regelungen lauten:
"S 13
1. Beschäftigte als Leiterinnen/Leiter von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 70 Plätzen. (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 8 und Nr. 9)
...
S 15
1. Beschäftigte als Leiterinnen/Leiter von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen. (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 8 und Nr. 9)
...
Protokollerklärung Nr. 8:
Kindertagesstätten im Sinne dieses Tarifmerkmals sind Krippen, Kindergärten, Horte, Kinderbetreuungsstuben, Kinderhäuser und Kindertageseinrichtungen der örtlichen Kindererholungsfürsorge.
Protokollerklärung Nr. 9:
1 Der Ermittlung der Durchschnittsbelegung ist für das jeweilige Kalenderjahr grundsätzlich die Zahl der vom 1. Oktober bis 31. Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres vergebenen, je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze zugrunde zu legen.
2 Eine Unterschreitung der maßgeblichen je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze von nicht mehr als 5 v.H. führt nicht zur Herabgruppierung.
3 Eine Unterschreitung auf Grund vom Arbeitgeber verantworteter Maßnahmen (z.B. Qualitätsverbesserungen) führt ebenfalls nicht zur Herabgruppierung.
4 Hiervon bleiben organisatorische Maßnahmen infolge demografischer Handlungsnotwendigkeiten unberührt."
Die Zahl der Kinder in der von der Klägerin geleiteten Kindertagesstätte unterschritt nach dem Zeitraum Oktober bis Dezember 2009 die Zahl von 100 Kindern. Es waren konkret nur 91 Kinder zu betreuen. Damit waren alle Bewerbungen berücksichtigt worden. Es hatten keine weiteren Eltern die Aufnahme eines Kindes in die Tageseinrichtung begehrt.
Nach einer Integrationsempfehlung der Stadt Augsburg in den "Planungsschritte zur Aufnahme von Kindern mit (drohender) Behinderung in Kindertageseinrichtungen der Stadt A. (Anlage K 3, Bl. 72 ff. d. A.) wird aus therapeutischen und pädagogischen Gründen eine Reduzierung der Zahl der zu betreuenden Kinder empfohlen, wenn behinderte Kinder in der Tageseinrichtung aufgenommen sind. Hierzu ist aufgeführt:
"In der Regel gilt folgende Empfehlung:
1 behindertes Kind - Reduzierung um 2-3 Kinder
2 behinderte Kinder - Reduzierung um 4-6 Kinder
3-5 behinderte Kinder - Reduzierung um 10 Kinder"
Mit Schreiben vom 21. Juni 2010 (Bl. 6 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin, dass ihre Stelle ihre Stelle ab 1. Jan. 2010 neu nach Vergütungsgruppe S 13 TVöD-SE zu bewerten sei. Dem Widerspruch der Klägerin mit Schreiben vom 3. Juli 2010 (Bl. 7 d. A.) half die Beklagte nicht ab (Schreiben vom 30. März 2011, Bl. 8 d. A.). Wegen der zwischenzeitlich gestiegenen Kinderzahlen erhielt die Klägerin, wie ebenso in diesem Schreiben mitgeteilt, ab 1. Jan. 2011 erneut eine Vergütung nach Vergütungsgruppe S 15 TVöD-SE.
Mit ihrer am 21. Mai 2012 beim Arbeitsgericht Augsburg eingegangenen und der Beklagten am 29. Mai 2012 zugestellten Klage vom 16. Mai 2011 begehrt die Klägerin die Zahlung der monatlichen Vergütungsdifferenzen zwischen den Vergütungen nach Vergütungsgruppen S 13 und S 15 für die Zeit vom Januar mit Dezember 2010.
Sie hat die Ansicht vertreten, da in der Kindertagesstätte auch 3 ...