Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Beschäftigungsgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Überraschende Klausel (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) in einer vom Arbeitgeber formulierten arbeitsvertraglichen Ergänzung.
Normenkette
BGB § 305ff.
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 26.10.2004; Aktenzeichen 17 Ca 2578/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten vom 10. Januar 2005 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 26. Oktober 2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vertraglich vereinbarten Befristung in Verbindung mit einem Weiterbeschäftigungsanspruch.
Die im April 1975 geborene Klägerin war auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages zum 20. März 1995 in die Dienste der Beklagten getreten, beschäftigt zuletzt als Software-Entwicklerin im Betrieb …
Am 23. Oktober 2002 hatte die Beklagte mit ihrem Betriebsrat für diesen Standort einen Interessenausgleich zur „Kapazitätsanpassung …” (Blatt 8 bis 12 der Akte) abgeschlossen. Darin war unter anderem das möglichst einvernehmliche Ausscheiden von insgesamt … Mitarbeitern vorgesehen, insbesondere durch Aufhebungsverträge und freiwillige Übertritte in eine sog. betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (beE). Eine weitere Betriebsvereinbarung vom 23. Oktober 2002 (Blatt 13 bis 21 der Akte) regelte die „Materiellen Rahmenbedingungen für die Kapazitätsanpassung. Unter Ziffer 5.1 ist darin zu lesen:
… wird die beE innerhalb der Fa. X errichten.
Die Arbeitnehmer treten durch einvernehmliche Vertragsänderung in die beE über. Das Arbeitsverhältnis bleibt als unbefristetes bestehen und endet durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers, Aufhebungsvertrag oder gegebenenfalls durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigungen.
Der Arbeitnehmer hat das Recht, das Arbeitsverhältnis in der beE jederzeit zu einem Zeitpunkt seiner Wahl zu beenden.
Am 11. November 2002 hatte die Klägerin ein Schreiben der Beklagten (Blatt 33 der Akte) erhalten des Inhalts, dass ihr Arbeitsplatz entfallen werde und man ihr zum 1. Januar 2003 zu den in der Betriebsvereinbarung „Materielle Rahmenbedingungen für die Kapazitätsanpassung…” genannten Konditionen einen Übertritt in die betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit oder alternativ dazu den Abschluss eines Aufhebungsvertrages anbiete. Falls sie sich bis zum 13. Dezember 2002 für keine dieser Möglichkeiten entscheiden könne, wurde ihr eine betriebsbedingte Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt in Aussicht gestellt.
Die Klägerin ließ diese Frist verstreichen und erhielt daraufhin von der Beklagten mit Schreiben vom 15. Januar 2003 zum 28. Februar 2003 eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung (Blatt 71 der Akte) ausgesprochen. Daraufhin ist es am 21./30. Januar 2003 zu einer mit „Ergänzung zum Arbeitsvertrag” überschriebenen Vereinbarung (Blatt 49 bis 52 der Akte) zwischen den Parteien gekommen dahin, dass die Klägerin auf Grundlage der bereits zitierten Betriebsvereinbarungen vom 23. Oktober 2002 mit Wirkung zum 1. Februar 2003 bis zum von der Beklagten garantierten 29. Februar 2004 in die betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (beE) eingetreten ist.
Ziffer 6.3 dieser Vereinbarung lautet:
Unabhängig vom Übertritt in die beE sind sich Fa. X. und der Mitarbeiter einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wegen dringender betrieblicher Gründe im gegenseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 29. Februar 2004 endet.
Die Klägerin wertet diese Vereinbarung als nachträgliche Befristung ihres unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses, die in Ermangelung eines sachlichen Grundes als unwirksam angesehen wird. Auch verstoße diese Regelung gegen die Betriebsvereinbarung vom 23. Oktober 2002 und enthalte darüber hinaus eine überraschende Klausel, die gemäß § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden sei.
Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 13. Februar 2004 hat sie zum Arbeitsgericht München Klage erheben lassen mit den Anträgen:
- Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 21. Januar 2003 zum Ablauf des 29. Februar 2004 enden wird.
- Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 29. Februar 2004 hinaus zu unveränderten Bedingungen als Software-Entwicklerin weiter zu beschäftigen.
Diese Anträge hatten vor dem angerufenen Arbeitsgericht auch Erfolg. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 26. Oktober 2004 wird Bezug genommen.
Mit der am 10. Januar 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihren Prozessbevollmächtigten am 8. Dezember 2004 zugestellte Entscheidung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 22. März 2005 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, die streitbefangene Vereinbarung zu Unrech...