Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Übernahme (Verpflichtung) der Mitarbeiter bei Produktionsbetrieb Zeitpunkt des Betriebsüberganges bei gleitender Übernahme von Aufträgen und Mitarbeitern
Leitsatz (amtlich)
1. Die vertragliche Verpflichtung des neuen Betriebsinhabers, die Belegschaft einer Zeitungsdruckerei mit Versand komplett zu übernehmen, kann auch bei einem Produktionsbetrieb ein erhebliches Indiz für einen Betriebsübergang sein, wenn zugleich – auch ohne Übernahme der wesentlichen Produktionsmittel – die Druckaufträge übergeleitet werden und der neue Betrieb die bisherige wirtschaftliche Identität wahrt.
2. Zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges bei vereinbarter gleitender Übernahme von Druckaufträgen und Mitarbeitern.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 19.10.1995; Aktenzeichen 32 Ca 4893/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.10.1995 – Az.: 32 Ca 4893/94 – abgeändert und festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 25.2.1994 und 22.3.1994 nicht aufgelöst worden ist.
2. Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlußberufung im übrigen festgestellt, daß seit dem 1.8.1994 zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr besteht.
3. Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge trägt die Beklagte.
4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier ordentlicher, betriebsbedingter Arbeitgeberkündigungen vom 25. Februar 1994 zum 31. März 1994 und vom 22. März 1994 zum 30. April 1994 sowie über die Frage, ob es zu einer Teil-Betriebsstillegung gekommen ist oder ob der Betriebsteil Druck und Versand im Wege eines Betriebsüberganges zu einem ebenfalls umstrittenen Zeitpunkt auf einen neuen Betriebsinhaber übergegangen ist und ob ggf. die Klägerin einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen hat.
Die am … geborene Klägerin, die verheiratet ist und zwei Kinder hat, war seit dem 5. November 1990 bei der Beklagten in der Versandabteilung als Arbeiterin im Nachtversand auf Abruf mit einer variablen Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden wöchentlich beschäftigt. Sie war in Lohngruppe III des einschlägigen Tarifvertrages eingruppiert und erhielt zuletzt ein durchschnittliches monatliches Entgelt in Höhe von 4.300,– DM brutto bei durchschnittlich 106 Arbeitsstunden. Auf die Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom 5. November 1990 wird im einzelnen Bezug genommen (Blatt 230/232 der Akte).
Die in der Rechtsform einer GmbH & Co KG organisierte Beklagte verlegt die …. Sie betrieb bis zum August 1994 auch eine eigene Druckerei mit dazugehörigem Versand. Als Druckerei wurden außer dem … auch noch einige regionale Tageszeitungen sowie Wochen- bzw. Monatszeitungen gedruckt. Verleger der weiteren von der Beklagten gedruckten Tageszeitungen sind die Zeitungsverlag … und die Zeitungsverlag …. Die Gesellschafter der jeweiligen Komplementär-Gesellschaften und der jeweils zugehörigen Kommanditisten-Gesellschaften von ZVO,: und der Beklagten … sind identisch. Die Firma … sowie Frau … (welcher nach dem Tod ihrer Schwiegermutter, Frau …, im Jahre 1994 deren Beteiligungen an der Beklagten … und … übertragen wurden), sind mit insgesamt 51,5% (26,5 % – 25 %) an der jeweiligen Komplementär-GmbH von … und der Beklagten und mit zusammengerechnet 51,393 % (26,403 % – 24,99 %) an deren Kommanditisten-Gesellschaften beteiligt. Weitere – in sämtlichen genannten Gesellschaften identische – Gesellschafter sind mit unterschiedlichen Minderheitsbeteiligungen Herr …, die Buchdruckerei und … und die … (vgl. zu den Einzelheiten die weitergehende Darstellung im Urteil des LAG München vom 22. August 1997 – Az.: 5 Sa 383/96; das Urteil ist beiden Parteien bekannt).
Im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht München unter dem Aktenzeichen 2 TaBV 93/92 wurde mit Beschluß vom 25. Oktober 1996 rechtskräftig entschieden, daß zwischen diesen drei Unternehmen, die in vielen Bereichen kooperieren, jedenfalls kein Unterordnungskonzern i. S. von § 18 Abs. 1 AktG besteht, für den nach § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein Konzernbetriebsrat errichtet werden kann.
Im Jahre 1990 plante die Beklagte, ihre veralteten Hochdruckmaschinen durch moderne Offsetdruckmaschinen zu ersetzen. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Installation der neuen Maschinen im eigenen Gebäude im Pressehaus in der … in … auf erhebliche technische Schwierigkeiten stoßen würde, gab die Beklagte diesen Plan wieder auf. Die „Schwestergesellschaft” hatte zwischenzeitlich von der Stadt … ein ca. 10 km vom Betrieb der Beklagten entfernt liegendes Grundstück in … erworben, auf welchem sie in der Folgezeit mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 100 Millionen DM eine moderne Offsetdruckerei mit Versand errichtete. Für den Betrieb dieser Druckerei wurde am 19. Juni 1991 eine Betreibergesellschaft, die Dr...