Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubserteilung durch Arbeitsfreistellung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Urlaubserteilung nach § 7 Abs. 1 u. 2 BUrlG erfordert, dass der Arbeitgeber hinreichend erkennbar macht, er befreie den Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht, um den Urlaubsanspruch zu erfüllen. Diese Anforderung ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Bezüge freistellt und zusätzlich erklärt, dass dies unter Anrechnung noch offener Urlaubstage geschieht.
2. Die Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist muss nicht als unwiderruflich bezeichnet werden, da sie durch den Arbeitgeber nicht einseitig widerrufbar ist.
3. Die rechtswirksame Urlaubserteilung im Zeitraum der Kündigungsfrist scheitert nicht daran, dass der Freistellungszeitraum mehr Arbeitstage umfasst als noch offene Urlaubstage bestehen und nicht konkretisiert ist, für welche konkreten Arbeitstage Urlaub erteilt wird.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 28.04.2004; Aktenzeichen 12 Ca 22678/02) |
Nachgehend
Tenor
1.Die Berufung des Klägers gegen dasEndurteil desArbeitsgerichts München vom28.04.2004 – 12 Ca 22678/02 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Urlaubsabgeltungsanspruch geltend. Der Kläger war seit 01.11.1994, zuletzt als Regionalvertriebsleiter, bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte hat durch Schreiben vom 28.05.2002 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.07.2002 gekündigt und im letzten Absatz des Kündigungsschreibens ausgeführt:
„Bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses werden Sie unter Fortzahlung der Bezüge und unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche sowie noch nicht abgegoltener Zeitguthaben von der Arbeitsleistung freigestellt.”
Im Verfahren der Kündigungsschutzklage 1a Ca 11285/02 Arbeitsgericht München haben die Parteien am 08.08.2002 einen Vergleich abgeschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis durch ordentliche betrieblich veranlasste Arbeitgeberkündigung vom 28.05.2002 zum 31.07.2002 beendet wird (Ziff. 1) und der Kläger eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von EUR 10.000,– erhält (Ziff. 2). In Ziffer 4 des Vergleiches ist vereinbart:
„Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung der Verpflichtungen aus diesem Vergleich zwischen ihnen aus dem Arbeitsverhältnis und anlässlich von dessen Beendigung keinerlei finanzielle Ansprüche, gleich aus welchem Rechtgrund, mehr bestehen.”
Mit der Klage vom 28.10.2002 zum Arbeitsgericht Nürnberg, die durch Beschluss vom 11.12.2002 an das Arbeitsgericht München verwiesen wurde, begehrte der Kläger von der Beklagten noch die Abgeltung für 26 Urlaubstage aus dem Jahre 2002 mit EUR 386,40 zzgl. EUR 124,14 Urlaubsgeld pro Urlaubstag.
Der Kläger beantragte in erster Instanz:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 13.274,04 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.10.2002 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragte dagegen
die Klageabweisung.
Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des Endurteils des Arbeitsgerichtes München vom 28.04.2004 verwiesen.
Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 28.04.2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Soweit der Kläger Abgeltung von Urlaub über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus begehrt, stehe dem die Abgeltungsklausel in dem Vergleich vom 08.08.2002 entgegen. Eine derartige Abgeltungsklausel umfasse wirksam sämtliche Urlaubsansprüche, über die der Arbeitnehmer verfügen könne. Allerdings gehöre dazu nicht der gesetzliche Mindesturlaub.
Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2002 sei aber durch die Urlaubsgewährung im Kündigungsschreiben vom 28.05.2002 erfüllt. Dabei stehe einer wirksamen Urlaubsgewährung nicht entgegen, dass die Freistellung bis zum 31.07.2002 nicht unwiderruflich gewesen sei. Denn nach dem Personalgespräch mit dem Kläger am 16.05.2002 hätte diesem klar sein müssen, dass die Beklagte sein Verhalten als groben Vertrauensmissbrauch empfunden und nur deshalb nicht fristlos gekündigt habe, weil der Kläger in dem Gespräch versichert hatte, er habe keine Strafanzeige erstattet. Mit einem Widerruf der Freistellung habe der Kläger deshalb nicht zu rechnen brauchen, wobei hinzukomme, dass er bei einem Widerruf unter Berufung auf den gewährten Urlaub die Wiederaufnahme seiner Arbeit hätte verweigern können.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 13.05.2004 zugestellt wurde, am 04.06.2004 Berufung eingelegt und diese am 06.07.2004 auch begründet.
Er trägt vor, zutreffend sei die Entscheidung des Arbeitsgerichtes insoweit, dass der Abgeltung von Urlaubsansprüchen, soweit sie über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, der Vergleich vom 08.08.2002 entgegenstehe. Insoweit werde die Klage nicht weiter v...