Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfall des Urlaubsanspruchs nach erfolgter Kündigung bei verspätetem Antrag des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Auch nach erfolgter Kündigung kann Urlaub gewährt werden und ist dieser zu beantragen, um den Verfall zu verhindern. Der Arbeitgeber muss ihn nicht von sich aus gewähren.

 

Normenkette

BUrlG §§ 7, 7 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 30.10.2015; Aktenzeichen 13 Ca 3620/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2019; Aktenzeichen 9 AZR 321/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München (Az: 13 Ca 3620/15) vom 30.10.2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Gewährung von Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2013..

Der Kläger war seit 01.08.1987 bei der österreichischen Konzerngesellschaft der Beklagten beschäftigt und wechselte zum 01.02.2009 zur Beklagten in B-Stadt. Mit Schreiben vom 05.12.2008 teilte die Beklagte dem Kläger betreffend seiner Einstellung in B-Stadt folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr A.,

wie mit Ihnen besprochen, beschäftigen wir Sie ab 01.02.2009 im E. in der Abteilung F. in B-Stadt als Project Management (not yet assessed).

Wir führen Sie in der Vertragsgruppe Außertariflicher Mitarbeiter.

Die beiliegenden Vertragsbedingungen Führungskreis und Außertarifliche Mitarbeiter sind Bestandteil Ihres Dienstvertrages. Tarifvertragliche Regelungen gelten für Ihr Dienstverhältnis nicht.

Im Übertariflichen Kreis bestimmen nicht in erster Linie die aufgewandte Zeit, sondern die Aufgabe und deren sachgerechte Erfüllung den Inhalt des Dienstverhältnisses und damit auch die Höhe des Einkommens.

Ihr Einkommen ist individuell entsprechend Ihrer Aufgabe als Project Management (not yet assessed) festgelegt und als Jahreszieleinkommen*) definiert. Ihre künftige Aufgabe ist derzeit der Funktionsstufe 5 zugeordnet.

...

Ihr Jahreszieleinkommen setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

- einem Monatsgehalt ab 01.02.2009 in Höhe von brutto 6.200,00 Euro.

- einer Jahreszahlung, für deren Berechnung ab 01.02.2009 ein individueller Grundbetrag gilt in Höhe von 180,00 Euro.

Der Bruttoauszahlungsbetrag der Jahreszahlung ergibt sich aus der Multiplikation des Grundgehalts mit einem jährlich festgelegten Unternehmensfaktor.

- einer variablen Vergütung (VZE/Beteiligung), für deren Berechnung ab 01.02.2009 ein Zielbetrag gilt in Höhe von 9.900,00 Euro.

Mit Wirkung ab 01.02.2009 beträgt Ihr Jahreszieleinkommen somit brutto 87000,00 Euro (bei Vollzeit).

..."

Die zuletzt erzielte Vergütung im August 2014 betrug € 6.300,-- brutto.

Bei der Beklagten wurde der Kläger als außertariflicher Mitarbeiter geführt mit einem jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Bei der Beklagten existiert ein "Merkblatt über Erholungsurlaub" vom Oktober 2012 (Bl. 77 d. A.). Darin heißt es unter

"I Geltungsbereich

"Der Anspruch auf Erholungsurlaub richtet sich in erster Linie nach den jeweiligen Bestimmungen des Tarifvertrages und des Dienstvertrages sowie nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dieses Merkblatt gibt ergänzende Hinweise für

- Fragen, die nicht tarifvertraglich geregelt sind

- Mitarbeiter1, für die die Tarifbestimmungen nicht gelten (insbesondere ÜT-Mitarbeiter).

...

V. Erlöschen, Übertragung, Vorgriff

1. Grundsätze

Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Der Urlaub soll grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden, andernfalls erlischt der Urlaubsanspruch grundsätzlich am 31.12., soweit keine Übertragung ins nächste Urlaubsjahr erfolgt.

Ist die Gewährung des Urlaubs im laufenden Kalenderjahr entweder aus dringenden betrieblichen Gründen oder aus in der Person des Mitarbeiters liegenden Gründen nicht möglich (Krankheit), wird der Urlaub in das erste Kalendervierteljahr (bis 31.03.) des Folgejahres übertragen. Liegen die Voraussetzungen tatsächlich vor, bedarf es keines Antrages bzw. keiner Vereinbarung der Überragung.

..."

Die Beklagte sprach gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 25.02.2011 eine Änderungskündigung zum 30.09.2011 aus, die der Kläger nicht unter Vorbehalt annahm. Im Rahmen des diesbezüglich geführten Kündigungsschutzverfahrens wurde letztlich mit Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14.11.2013 festgestellt, dass die Kündigung bzw. die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen unwirksam war. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Im Kalenderjahr 2013 nahm und beantragte der Kläger keinen Urlaub. Erstmals mit E-Mail vom 06.02.2014 (Bl. 56 d. A.) wandte sich der Kläger an die Beklagte und beantragte, seinen Resturlaub von 2013 vom 17.02.2014 bis 28.03.2014 zu nehmen. Hierauf antwortete der Vorgesetzte des Klägers mit E-Mail vom 10.02.2014 (Bl. 57 d. A.) und wies u. a. darauf hin, dass die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht rechtskräftig sei und daher über die organisatorischen Fragen und das weitere Vorgehen, wie auch bzgl. der Genehmigung von Urlaub erst nach rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens entschieden werde.

Mit Sch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge