Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Auslegung einer ablösenden Regelung mit Übergangsregelung. Eingriff in zeitanteilig erdiente Dynamik wegen mangelnder Finanzierbarkeit. Begriff rentennaher Jahrgang

 

Leitsatz (amtlich)

Die Übergangsregelung in der die vorher geltende vollständig und von Beginn an ablösenden Richtlinie zur betrieblichen Altersversorgungsregelung der Beklagten kann nicht so ausgelegt werden, daß die zum Stichtag festgeschriebene unverfallbare Anwartschaft als Sockel für eine nachfolgend nach der neuen Richtlinie vorgenommene Errechnung von Steigerungsbeträgen verwendet wird (Divergenz zu LAG Nürnberg vom 13.12.1994 – 2 Sa 1092/93). Dies würde den durch die Neuregelung angestrebten Einspareffekt in sein Gegenteil verkehren.

Vielmehr ist die Neuregelung historisch und nach Sinn und Zweck dahingehend auszulegen, daß die festgeschriebene Anwartschaft „eingefroren” bleibt, bis ein Vergleich der abgelösten mit der ablösenden Richtlinie zu einem höheren Anspruch aufgrund der neuen Richtlinie führt.

 

Normenkette

BetrAVG

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 16.12.1994; Aktenzeichen 17a Ca 20932/93)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 16. Dezember 1994 – 17a Ca 20932/93 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Alleinerbin des am 30.1.1996 im Ruhestand verstorbenen ehemaligen Angestellten der Beklagten … (Erblasser, künftig: E).

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Ansprüche des E auf betriebliche Altersversorgung auf Grund des alten oder neuen Leistungsrechts der Beklagten zu berechnen sind, und ob der Klägerin deshalb als Alleinerbin ein Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zusteht.

Der am 5.11.1928 geborene E war vom 1.5.1968 bis zum 30.11.1991 bei der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) beschäftigt. Von dieser hatte der E eine Betriebsrentenzusage erhalten.

Gemäß ihrer jeweiligen Satzung ist es die Aufgabe der Beklagten als Unterstützungskasse, den Beschäftigten der DAG und der ihr nahestehenden Einrichtungen nach erfüllter Anwartschaft bei Ausscheiden wegen Erreichens einer Altersgrenze sowie Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit Ruhegehaltsleistungen zu gewähren (§ 2 der Satzung der Beklagten in ihrer jeweiligen Fassung) – wobei diese Leistungen – in Form von Ruhegehältern, Witwen- und Waisenunterstützung – gemäß besonderer Richtlinien gleichzeitig als freiwillig und ohne Rechtsanspruch bezeichnet werden (§ 10 Ziffer 1. der Satzung der Beklagten in ihrer jeweiligen Fassung).

Auf Grund der beim Ausscheiden des E bestehenden Anwartschaft von 23 Jahren und 7 Monaten und seines letzten durchschnittlichen Bruttogehaltes von DM 4.896,02/Monat bezog der E ab 1.12.1991 ein monatliches Ruhegehalt, das die Beklagte nach den zuletzt geltenden Ruhegehaltsrichtlinien in Höhe von DM 947,– monatlich berechnete.

Die „Richtlinien für die Gewährung von Leistungen gem. § 10 der Satzung” der Beklagten, die am 1.5.1984 in Kraft getreten sind (im folgenden: LR 1984) hatten die zuvor geltenden nämlichen Richtlinien vom 19.9.1975 (im folgenden: LR 1975) abgelöst.

Die LR 1975 hatten hinsichtlich der Bewertung der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre im wesentlichen bestimmt:

Grundbetrag für die ersten 10 Dienstjahre:

15 %,

vom 11. bis 25. Dienstjahr:

Steigerungsbeträge je Dienstjahr:

1 %,

ab dem 26. Dienstjahr:

Steigerungsbeträge je Dienstjahr

(bis zum 65. Lebensjahr):

0,5 %

des näher definierten Bruttomonatsgehaltes (Abschnitt III Ziffer 4 f LR 1975).

Die LR 1984, die, verzögert, die LR 1975 abgelöst hatten, bestimmten nunmehr im wesentlichen:

Grundbetrag für die ersten 10 Dienstjahre:

7,5 %,

vom 11. bis zum 20. Dienstjahr Steigerungsbeträge je Dienstjahr:

1 %,

ab dem 21. bis zum 30. Dienstjahr Steigerungsbeträge je Dienstjahr:

1,25 %

des näher definierten Bruttomonatsgehaltes (Abschnitt III der LR 1984).

Die Gesamtversorgungsgrenze betrug nach den LR 1975 75 %, nach den LR 1984 70 % des letzten Bruttogehaltes. Nach beiden Richtlinien war weiter, u. a., im Falle des Ausscheidens des Arbeitnehmers vor Vollendung des 65. Lebensjahres, durch Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes bzw. der flexiblen Altersgrenze, ein gekürztes Ruhegehalt mit einem Abschlag von 0,5 % des vollen Ruhegehaltes für jeden vollen, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres fehlenden, Kalendermonat vorgesehen.

(Auch) die LR 1984 enthält folgende Übergangsregelung:

„Für alle Beschäftigten mit einer am 31. März 1982 bestehenden unverfallbaren Anwartschaft wird im Falle des Bezugs von Leistungen aus der Ruhegehaltskasse der DAG e.V. ein Anspruch zugrundegelegt, der am 31. März 1982 nach den bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Leistungsrichtlinien gemäß Abschnitt III Abs. 4 und 5 bestanden hat. Dieser Anspruch wird nach den Unverfallbarkeitsregeln des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) berechnet. …”

Bei Anwendung der LR 1975 hätten dem E ein ungekürzter Anwartschaftsfaktor von 28,58 % und ein, wegen d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge