Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachwirkung
Leitsatz (amtlich)
§ 15 BTV Nr. 4 wirkte nach seiner Kündigung zum 30.06.2004 zunächst nach und wurde nicht durch BMT-G II ersetzt.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 5; 15 Bezirkstarifvertrag Nr. 4 zum BMT-G II
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 08.11.2006; Aktenzeichen 5 Ca 5346/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 08.11.2006 – 5 Ca 5346/06 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Lohnstandssicherung für November 2005 in Höhe von EUR 179,13 (i. W.: einhundertneunundsiebzig 13/100 Euro) brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2006 zu bezahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
2. Die Revision für die Beklagte wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für November 2005 ein Lohnstandssicherungslohn nach § 15 des Bezirkstarifvertrages Nr. 4 zum BMT-G II (künftig: BTV Nr. 4) zusteht. Es bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob dieser Tarifvertrag nachwirkt.
Der am 04.11.1966 geborene Kläger war seit November 1989 bei der Beklagten als U-Bahnfahrer beschäftigt. Jedenfalls ab April 2005 war er zunächst arbeitsunfähig erkrankt, seit 09.10.2005 fahrdienstuntauglich. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages regelt sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BMT-G II in ihren jeweils geltenden Fassungen bzw. nach den an deren Stelle tretenden Bestimmungen. Daneben finden die für den Bereich der Stadtverwaltung X. jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung.
§ 16 der Sondervereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1a BMT-G II für Arbeiter im Betriebs- und Verkehrsdienst von Nahverkehrsbetrieben enthält eine Regelung zur Lohnstandssicherung bei ein Eintritt der Fahrdienstuntauglichkeit. Nach ihrem § 28 gilt diese Sondervereinbarung jedoch nicht im Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern. Für diesen Bereich galt der BTV Nr. 4. § 15 dieses Tarifvertrages enthält ebenfalls Regelungen zur Lohnstandssicherung. Der BTV Nr. 4 wurde vom Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern zum 30.06.2004 gekündigt. Am 18.08.2006 wurde ein neuer Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe Bayern abgeschlossen, der auch die Lohnstandssicherung neu regelt.
Die Forderung des Klägers, ihm eine Lohnstandssicherung nach § 15 BTV Nr. 4 zu gewähren, lehnte die Beklagte ab.
Der Kläger ist der Auffassung, er könne eine Lohnstandssicherung nach § 15 BTV Nr. 4 aufgrund seiner im Oktober 2005 eingetretenen Fahrdienstuntauglichkeit beanspruchen, da dieser Tarifvertrag nachwirke.
Dagegen vertritt die Beklagte die Auffassung, der BTV Nr. 4 wirke nicht nach.
Mit Endurteil vom 08.11.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung von EUR 179,13 brutto nebst Zinsen für November 2005 abgewiesen. Bei Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen habe der BTV Nr. 4 nicht mehr gegolten. Er sei gegenüber dem BMT-G II als die engere Norm anzusehen. Mit Ablauf des engeren Tarifvertrages entfalle dessen Nachwirkung, wenn und soweit zu diesem Zeitpunkt ein geltender weiterer Tarifvertrag eingreife, der bisher von dem spezielleren Tarifvertrag verdrängt worden sei. Für eine Nachwirkung bestehe kein Bedürfnis, denn wegen der Anwendbarkeit des BMT-G II entstehe keine Regelungslücke. Der BMT-G II enthalte auch Regelungen zur Lohnstandssicherung. Eine Nachwirkung habe den Sinn, eine Regelungslücke und damit ein inhaltsleeres Arbeitsverhältnis zu verhindern.
Gegen dieses den Klägervertretern am 19.12.2006 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 18.01.2007, die am 19.03.2007 begründet worden ist, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.
Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft eine Nachwirkung verneint. Der BTV Nr. 4 sei nicht durch eine andere Abmachung ersetzt worden, denn es sei jedenfalls im November 2005 noch kein neuer Tarifvertrag abgeschlossen gewesen, der den BTV Nr. 4 ersetzt hätte. Eine Nachwirkung scheide auch nicht deshalb aus, weil mit dem Ablauf des spezielleren Tarifvertrages wieder der räumlich weitere Tarifvertrag Anwendung finde. Der BTV Nr. 4 weiche bei der Lohnstandssicherung vom BTM-G II ab.
Der Kläger stellt folgende Anträge:
- Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 08.11.2006, Az.: 5 Ca 5346/06 wird aufgehoben.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Lohnstandssicherung für den Monat November 2005 in Höhe von 179,13 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für zutreffend. Der BTV Nr. 4 sei ab 01.07.2004 durch die Regelungen des BMT-G II als andere Abmachung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG ersetzt worden. Die andere Abmachung müsse nicht zur Wahrung des bisherigen Rechtszustandes führen, sondern nur den Reg...