Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhältnis zwischen Feststellungsklage und Befristungskontrollklage. Inhaltskontrolle bei befristeter Änderung von Arbeitsbedingungen. Kriterien zur Inhaltskontrolle befristeter Änderungen von Arbeitsbedingungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Kontrolle der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen (z.B. Erhöhung oder Absenkung der Arbeitszeit) kann nur durch eine Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO erfolgen. Eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG kommt nicht in Betracht, da sie sich nur auf die Befristung des gesamten Arbeitsverhältnisses bezieht.

2. Die Kontrolle einer befristeten Inhaltsänderung eines Arbeitsvertrags erfolgt nicht auf der Grundlage der §§ 14 ff. TzBfG direkt oder entsprechend, sondern im Wege der Vertragsinhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.

3. Für die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB bei Befristung einzelner Arbeitsbedingungen ist eine Angemessenheitskontrolle anhand der Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien durchzuführen. Dabei sind bei der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen aber auch diejenigen Umstände, welche insgesamt eine Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnten, nicht ohne Bedeutung und können sich bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitgebers auswirken.

 

Normenkette

ZPO § 256 Abs. 1; TzBfG § 14 Abs. 1, § 17 S. 1; BGB §§ 133, 157, 305 Abs. 1, § 307 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Entscheidung vom 28.04.2020; Aktenzeichen 6 Ca 556/19)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 28.04.2020 - 6 Ca 556/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung der Erhöhung der Arbeitszeit der Klagepartei.

Die Klagepartei, Dipl.-A-Kirchenmusikerin (Anlage K1, Bl. 9 d. A.), ist kraft des unbefristeten Arbeitsvertrags vom 28. Okt. 2016 mit Wirkung ab 1. Juli 2016 bei der beklagten Kirchengemeinde als Kirchenmusikerin (2. Organistin) bei 3,5 Wochenstunden unbefristet angestellt. Die Beklagte beschäftigt neben der Klagepartei und der in Vollzeit tätigen 1. Organistin M. zwei weitere Kirchenmusiker in Vollzeit und eine weitere Teilzeitkraft.

Wegen der Erkrankung der 1. Organistin schlossen die Parteien am 25. Aug. 2017 einen Änderungsvertrag (Anlage K3, Bl. 14 d. A.), beinhaltend die befristete Erhöhung der Arbeitszeit der Klagepartei auf 39 Wochenstunden bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit der 1. Organistin, längstens bis 31. Aug. 2018. Wegen fortdauernder Erkrankung der 1. Organistin verlängerten die Parteien am 12. Juli 2018 die Arbeitszeiterhöhung bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit durch Frau M., längstens bis 31. Mai 2019 (Anlage K4, Bl. 15 d. A.).

Am 1. Okt. 2018 erhielt die Beklagte den Rentenbescheid Frau M.s ab 31. Okt. 2018.

Anlässlich einer Besprechung am 4. Okt. 2018, an der neben dem Stiftsprobst Dr. B. sämtliche Kirchenmusiker teilnahmen, teilten die beiden weiteren Vollzeitmusiker mit, sie beabsichtigten Ende Juli bzw. Ende August 2019 ihrerseits in Ruhestand zu treten. Die Beklagte entschied, vorbehaltlich der Klärung weiterer Einzelheiten, künftig anstelle der bisherigen drei nur mehr zwei Vollzeit-Kirchenmusiker zu beschäftigen. Vor diesem Hintergrund schloss die Beklagte am 11. Okt. 2018 mit der Klägerin einen weiteren Änderungsvertrag, demzufolge die erhöhte Arbeitszeit der Klagepartei mit Wirkung zum 1. Nov. 2018 erneut bis längstens 31. Mai 2019 verlängert wurde (Anlage K5, Bl. 16 d. A.). Dieser Änderungsvertrag lautet auszugsweise:

"Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt weiterhin 39,0 Stunden (ursprünglich 3,5 Stunden lt. Arbeitsvertrag vom 28.10.2016) aufgrund von betrieblichem Bedarf, längstens jedoch bis zum 31.05.2019."

Die Beklagte prognostizierte, spätestens zum 31. Mai 2019 die Neuorganisation der Kirchenmusik in B-Stadt und die Abstimmung mit der erzbischöflichen Finanzkammer und dem Amt für Kirchenmusik abgeschlossen und beide Vollzeitstellen besetzt zu haben, sodass die Kirchenmusik in B-Stadt ohne befristete Aufstockung der Arbeitszeit der Klägerin sichergestellt werden könne. Mit dem Wegfall einer Vollzeitstelle sollten die Aufgaben neu verteilt werden, dass der vorübergehende Bedarf entfalle. Am 4. März 2019 seien die Stellen mit einer Bewerbungsfrist bis 31. März 2019 ausgeschrieben worden. Die Stelle des 1. Kirchenmusikers sollte zum nächstmöglichen Termin, diejenige des 2. Kirchenmusikers zum 1. Sept. 2019 besetzt werden. Die Klagepartei, die sich auf die Stelle des 1. Kirchenmusikers beworben hatte und auch zum Gespräch bzw. zur Chorprobe eingeladen worden war, hatte sich im Bewerbungsverfahren nicht durchsetzen können; die Beklagte entschied sich für einen externen Bewerber. Dies war der Klagepartei am 24. Apr. 2019 unter Hinweis auf den unbefristeten Teilzeitvertrag mitgeteilt worden.

Mit ihrer am 6. Juni 2020 beim Arbeitsgericht Regensburg eingegangenen und der...

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