Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Änderungskündigung gegenüber einem AT-Angestellten, dessen Tätigkeit sich nicht geändert hat, allein zum Zwecke seiner Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe des neu eingeführten ERA-TV ist sozial ungerechtfertigt.

 

Normenkette

KSchG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 14.08.2007; Aktenzeichen 34 Ca 612/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten vom 10. Oktober 2007 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14. August 2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

Der im Januar 1955 geborene Kläger ist seit 1. September 1984 bei der Beklagten, zuletzt als Programmbetreuer, beschäftigt. Der Einleitungssatz des seinem letzten Vertrag zu Grunde liegenden Schreibens vom 30. November 2005 (Blatt 5/6 der Akte) lautet:

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir Sie aufgrund Ihrer Aufgabenstellung und Ihres Einsatzes in das außertarifliche Arbeitsverhältnis übernehmen.

Die Beklagte führte zum 1. Januar 2007 im Betrieb den Entgeltrahmentarifvertrag für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV) vom 1. November 2005 ein.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 (Blatt 39 der Akte) hörte sie den bei ihr gebildeten Betriebsrat zum Ausspruch einer Änderungskündigung gegenüber dem Kläger an. Der Betriebsrat widersprach dieser Absicht mit Schreiben vom 22. Dezember 2006.

Die Beklagte hielt an ihrem Vorhaben fest und sprach dem Kläger mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 (Blatt 8/9 der Akte) eine ordentliche Änderungskündigung zum 31. Juli 2007 aus. Angeboten wurde ihm ein Verbleib auf seiner derzeitigen Stelle mit Eingruppierung in die tarifliche Entgeltgruppe 12 bei einer wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit von grundsätzlich 35 Stunden. Befristet bis 31. Januar 2009 sollte seine Arbeitszeit bei 40 Stunden verbleiben.

Der Kläger hat dieses Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung mit Schreiben vom 12. Januar 2007 (Blatt 16 der Akte) annehmen lassen.

Er erachtet diese Änderungskündigung als sozial nicht gerechtfertigt. Es bestehe dafür schon keine betriebliche Notwendigkeit, auch werde die soziale Auswahl gerügt sowie die nicht ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats beanstandet. Der Kündigung könne schließlich nicht entnommen werden, welche Vertragsänderungen konkret vorgeschlagen worden seien.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 12. Januar 2007 hat der Kläger gegen diese Änderungskündigung Kündigungsschutzklage erhoben, die vor dem angerufenen Arbeitsgericht München Erfolg hatte. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 14. August 2007 wird Bezug genommen.

Mit der am 10. Oktober 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihren Prozessbevollmächtigten am 11. September 2007 zugestellte Entscheidung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 12. Dezember 2007 eingegangen. Darin wird der Ansicht des Erstgerichts, es fehlten bereits die erforderlichen dringenden betrieblichen Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, mit Nachdruck entgegengetreten. Die Beklagte habe im Jahre 2006 in der Kalenderwoche 28 die unternehmerische Entscheidung getroffen, zum 1. Januar 2007 in ihrem Betrieb den ERA-TV vom 1. November 2005 einzuführen. Die entsprechende Grundlage hierfür ergebe sich aus § 2 ERA-Einführungstarifvertrag vom 1. November 2005, der auszugsweise laute: In dem Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 können die Betriebe den ERA-TV stichtagsbezogen einführen. Ab 1. Oktober 2009 gelte der ERA-TV verbindlich für alle Betriebe.

Mit dem ERA-TV würden die Entgeltsysteme für Arbeiter und Angestellte, die im Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag getrennt geregelt waren, in einem einheitlichen Tarifvertrag für alle Arbeitnehmer zusammengeführt. Dabei berücksichtige der ERA-TV die veränderte Arbeitswelt mit neuen Aufgaben und Prozessen, was sich auch daran zeige, dass der ERA-Einführungstarifvertrag keine Regelüberleitung von dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag in den ERA-TV, sondern eine neue Eingruppierung vorsehe und sich die Tarifvertragsparteien auf Grundlage von § 2 Ziffer 4 ERA-TV auf 70 Orientierungsbeispiele geeinigt hätten. Der Aufgabenbereich des Klägers als Programmmanager sei jetzt auf der Stelle ERA-TV Management D gemäß Stellenbeschreibung in der Entgeltgruppe 12 abgebildet in den Orientierungsbeispielen Nr. 59 (Anspruchsvolles Verkaufen und Vermarkten im Vertrieb) bzw. 63 (Bearbeiten von Einkaufsvorgängen 4).

Diese Tätigkeit sei in den höheren Gehaltsgruppen des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages, d. h. in den Gehaltsgruppen V bis VII, so nicht abgebildet gewesen.

Da gemäß § 2 Ziffer 2 ERA-TV die Eingruppierung aufgrund der Anforderungen der übertragenen Aufgabe erfolge, seien die Stellen im Betrieb von der Beklagten neu bewe...

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