Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeitvergütung. Tarifwechsel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nehmen die Vertragspartner in einem Arbeitsteilzeitvertrag zur Berechnung der Vergütung auf einen bestimmten Tarifvertrag Bezug, so bleibt dieser in Bezug genommene Tarifvertrag auch dann weiter zur Vergütungsberechnung maßgeblich, wenn er gekündigt wurde und nachwirkt. Dies gilt auch im Falle eines nachfolgenden Verbandseintritts des Arbeitgebers mit der Folge, dass dann ein anderer Vergütungstarifvertrag zur Anwendung gelangte, der den nachwirkenden ablöst, es sei denn, dass konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, die Vergütung solle jeweils nach dem aktuell gültigen Tarifvertrag berechnet werden.

2. Die Vereinbarung im Altersteilzeitvertrag, Änderungen der tariflichen Regelungen seien zu beachten, schließt keinen Tarifwechsel des Arbeitgebers ein.

 

Normenkette

TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kempten (Urteil vom 28.03.2006; Aktenzeichen 1 Ca 1890/05)

 

Tenor

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 28. März 2006 – 1 Ca 1890/05 – wird abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 879,34 (i. W.: achthundertneunundsiebzig 34/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 07.07.2005 hinsichtlich EUR 543,28 (i. W.: fünfhundertdreiundvierzig 28/100 Euro) und seit 16. 12. 2005 hinsichtlich EUR 336,06 (i. W.: dreihundertsechsunddreißig 6/100 Euro) zu zahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der Altersteilzeitvergütung ab 1. Jan. 2005.

Der im Dezember 1946 geborene Kläger ist seit 1965 bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Er ist in der Gewerkschaft ver.di organisiert.

Am 24. November 2003 unterzeichneten der Kläger und die Beklagte eine Altersteilzeitvereinbarung (nachfolgend: ATV; Bl. 18 ff. d. A.), welche eine Vollzeitarbeitsphase des Klägers vom 1. Nov. 2004 bis 30. Apr. 2007 sowie eine Freistellungsphase vom 1. Mai 2007 bis 31. Okt. 2009 vorsah. Diese regelte u.a.:

„…

§ 5 Arbeitsentgelt

Herr H. erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt nach Maßgabe der gemäß § 4 reduzierten Arbeitszeit, entsprechend § 7 des Firmentarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit.

§ 11 Auslegungsfragen

Für die Auslegung dieses Vertrages ist maßgebend das Altersteilzeitgesetz, sowie der Firmentarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit in seiner jeweils geltenden Fassung.

…”

Die Beklagte, die Faltschachteln aus Karton und Pappe herstellt, hatte bereits am 25. März 2002 einen „Firmentarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit” (nachfolgend: FTV ATZ; vgl. Bl. 6 ff. d. A.) mit der Gewerkschaft ver.di und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat geschlossen. In der Fassung einer zum 1. Dez. 2002 in Kraft getretenen Änderung bestimmt dieser u.a.:

㤠1 Geltungsbereich

Der Tarifvertrag gilt räumlich für die

N. GmbH mit den beiden Standorten in … und …, sowie persönlich für alle Mitarbeiter, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und unter den Geltungsbereich der Manteltarifverträge für gewerbliche und angestellte Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen fallen.

§ 7 Altersteilzeitentgelt

Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält für die Dauer des Teilzeitarbeitsverhältnisses das Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit sowie die Aufstockungszahlung nach § 8 dieses Firmentarifvertrages.

Änderungen des tariflichen Lohnes bzw. Gehaltes wirken sich während des gesamten Altersteilzeitverhältnisses auf das Arbeitsentgelt aus.

§ 20 Inkrafttreten und Laufzeit

Dieser Firmentarifvertrag tritt an die Stelle des ab 01.11.1999 gültigen Firmentarifvertrages und tritt am 01.01.2002 in Kraft und endet mit der Befristung der Förderungsfähigkeit des Altersteilzeitgesetzes. Dies ist zur Zeit der 31. Dezember 2009.

Ändern sich während der Laufzeit dieses Firmentarifvertrages die Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes oder die für die Berechnung der betrieblichen Leistungen maßgebenden sonstigen Vorschriften, werden die Parteien auf Antrag einer

Seite in Verhandlungen über eine Anpassung dieser Gesamtbetriebsvereinbarung eintreten.

Sollten die zuständigen Tarifparteien einen Flächentarifvertrag zur Altersteilzeit abschließen, werden die Parteien auf Antrag einer Seite in Verhandlungen darüber eintreten, ob der Flächentarif oder Teile davon für den Firmentarifvertrag für … N. GmbH zur Anwendung kommen soll.

Eine Nachwirkung dieses Firmentarifvertrages wird ausgeschlossen.”

Dieser FTV ATZ ist bisher weder gekündigt noch aufgehoben worden. Die Entgelthöhe ist nicht im FTV ATZ geregelt. Insoweit fand ein Entgelt-Firmentarifvertrag (nachfolgend: EFTV; vgl. 162 ff. d. A.) Anwendung, der sich mit einer Verringerung um 4 % am Vergütungsniveau der Verbandstarifverträge in der Druckindustrie orientierte. Der EFTV lautet auszugsweise:

„Tarifvertrag

Mit dem Tage der Unterschriftsleistung gelten für die gewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden

e) das Lohnabkommen für die Druckindustrie vom 11. 5. 2000;

g) Lohnrahmentarifv...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge