Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Befristung bei fehlendem Nachweis der Schriftform. unbefristetes Arbeitsverhältnisses einer Oberärztin bei Aushändigung eines beiderseits unterzeichneten Originals
Leitsatz (amtlich)
Die Abrede, ein Arbeitsvertrag solle nur befristet abgeschlossen werden, bedarf der Schriftform. Die (früher) übliche Verwaltungspraxis, den Durchschlag für die Personalakte arbeitgeberseits nur mit einem Namenszeichen zu versehen, ersetzt die Schriftform nicht. Die Einhaltung der Schriftform ist durch den darlegungs- und beweispflichtigen Arbeitgeber nicht nachgewiesen, wenn er allein nachweisen kann, dass ein beidseits vollständig unterzeichnetes Original ausgestellt und dem Arbeitnehmer ausgehändigt wird, wenn dieser bestreitet, ein solches erhalten zu haben.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 4, § 17; WissZeitVG § 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; TzBfG § 17 S. 1, § 22 Abs. 1; BGB §§ 242, 611 Abs. 1, § 613
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 13.10.2011; Aktenzeichen 32 Ca 3273/11) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13. Oktober 2011 - 32 Ca 3273/11 - abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin beim Beklagten nicht auf Grund vereinbarter Befristung zum 28.02.2011 geendet hat, sondern unbefristet fortbesteht.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Oberärztin in der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik weiterzubeschäftigen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages der Klägerin und um Weiterbeschäftigung.
Die Klägerin war beim beklagten Land vom 5. Mai 1999 bis 28. Feb. 2011 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge, zuletzt als habilitierte Oberärztin, beschäftigt. Das Jahresgehalt betrug im Jahr 2010 121.154,41 € brutto.
Zuletzt vereinbarten die Parteien unter dem Datum 26. Mai 2009/15. Apr. 2009 einen befristeten Arbeitsvertrag bis 28. Feb. 2011 (Anlage K 3, Bl. 28 f. d. A.). Die Befristung war als Beschäftigung nach abgeschlossener Promotion sowie aus haushaltsrechtlichen Gründen begründet.
Mit Schreiben vom 26. Mai 2009 (Anlage K 6, Bl. 33 d. A.) bestellte das beklagte Land die Klägerin mit Wirkung ab 1. Dez. 2008 unbefristet zur Oberärztin in der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik. Seit 1. Okt. 2010 ist die Klägerin ferner stellvertretende Frauenbeauftragte der Medizinischen Fakultät der Universität A-Stadt mit einer noch bis 30. Sept. 2012 laufenden Amtszeit.
Nach Ablauf des 28. Feb. 2011 vereinbarten die Parteien kein neues (befristetes) Arbeitsverhältnis.
Am 2. März 2011 unterzeichneten beide Parteien eine Erklärung (Anlage K 17, Bl. 54 d. A.) des Inhalts, sie seien sich einig, dass der Arbeitsvertrag vom 26. Mai 2009 am 28. Feb. 2011 geendet habe. Mit Anwaltsschreiben vom 3. März 2011 ließ die Klägerin diese Erklärung vorsorglich anfechten.
Mit ihrer am 21. März 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 28. März 2011 zugestellten Klage vom 21. März 2011 wendet sich die Klägerin gegen die Befristungsabrede in ihrem letzten Arbeitsvertrag zum 28. Feb. 2011.
Sie hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Befristung sei unwirksam. Diese könne weder als Drittmittelbefristung noch als Haushaltsbefristung begründet werden. Insbesondere sei die Befristung wegen ihrer schriftlich bestätigten, unbefristeten Bestellung zur Oberärztin unwirksam. Auch verstoße diese gegen Art. 4 BayHSchG und gegen die Grundordnung der Universität. Auch unterbinde das beklagte Land durch das unzulässige Festhalten an der Befristungsvereinbarung die durch eine Wahl legitimierte Fortsetzung der Tätigkeit als stellvertretende Frauenbeauftragte. Mit dem Festhalten an der Befristung bleibe ihre herausragende wissenschaftliche Befähigung, Eignung und fachliche Leistung unberücksichtigt.
Die Unterzeichnung des Schreibens vom 2. März 2011 stehe der Unwirksamkeit der Befristung nicht entgegen; dieses sei wirksam mit Schreiben vom 3. März 2011 angefochten worden.
Das beklagte Land hat dem entgegen gehalten, die Klage sei bereits wegen der am 2. März 2011 unterzeichneten außergerichtlichen Vereinbarung der Parteien unbegründet.
Mit dieser habe eine bestehende Unsicherheit über die Wirksamkeit der getroffenen Befristungsabrede ausgeschlossen werden sollen. Die Anfechtung der Klägerin sei nicht nachvollziehbar; aus ihr lasse sich nicht entnehmen, aus welchem Grund die Anfechtung erklärt worden sei; dieser werde auch in der Klageschrift nicht ausgeführt.
Jedenfalls habe das Arbeitsverhältnis auf Grund rechtswirksam vereinbarter Befristungsabrede geendet. Der Befristungszeitraum nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG sei noch nicht abgelaufen gewesen, weswegen darauf eine Befristung habe gestützt werden können.
Auch habe die Klägerin eine Stelle eines Akademischen Rates inne gehabt, die nach dem Haushalt für eine befristete Beschäftigung vorgesehen sei.
Der Weiterbeschäftigu...