Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerstatus. Versicherungsvertreter
Leitsatz (redaktionell)
Sowohl die Vorgabe bestimmter Pensen, als auch Weisungen im Einzelfall sind mit dem Status eines Versicherungsvertreters vereinbar, wenn die Selbstständigkeit im Hinblick auf die Arbeitszeit erhalten bleibt und auch im Übrigen das „Selbstbestimmungsrecht” aus § 84 HGB nicht zu stark beeinträchtigt wird.
Normenkette
HGB §§ 84, 86
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 17.11.2000; Aktenzeichen 3 Ca 3988/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom17.11.2000 – 3 Ca 3988/00 – abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten und hierbei insbesondere über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin war seit dem 15.12.1982 bei der Beklagten beschäftigt. Nach einer schriftlichen Vereinbarung vom 07./15.12.1982 sollte sie als selbständige Handelsvertreterin tätig werden. Ihre Aufgaben waren die Vermittlung von Kranken-, Lebens-, Unfall- und Sachversicherungen der Beklagten sowie die Pflege und Ausweitung des Bestands. Außerdem enthält die Vereinbarung folgende Regelungen:
„2.2. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, ausschließlich für die pp., die pp., die pp. und die pp. oder andere von der pp. tätig zu sein. Jede sonstige Tätigkeit im Versicherungsgewerbe ist nicht gestattet.
…
2.4. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die allgemeinen Geschäftsanweisungen der pp. zu beachten und etwaigen Weisungen, soweit sie im Einzelfall erforderlich werden, nachzukommen.”
Die Vergütung der Klägerin betrug zuletzt durchschnittlich 5.500,00 DM im Monat.
Die Beklagte schickte der Klägerin regelmäßig Besuch- und Inkassoaufträge (später genannt Bestandsmitteilungen) sowie Terminlisten. Darin waren jeweils der Kunde, die Auftragsart und ein Termin genannt. Nicht alle Aufträge erforderten einen Besuch beim Kunden. Sie konnten auch telefonisch oder schriftlich erledigt werden. Konnte ein Auftrag nicht termingerecht erledigt werden, war in den Formularen eine Verlängerungsmöglichkeit vorgesehen. Im unteren Teil der Formulare war Raum für die Eintragung des Besuchsergebnisses. Mit Schreiben vom 30.07.1999 äußerte die Beklagte ihre Unzufriedenheit über das Produktionsergebnis der Klägerin und forderte sie zur Erstellung einer Drei-Monats-Produktionsvorschau auf.
Mit Schreiben vom 24.02.2000 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31.08.2000. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 20.03.2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Die Klägerin macht geltend, in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu stehen. Sie sei in der Gestaltung ihrer Tätigkeit und der Einteilung ihrer Arbeitszeit nicht frei gewesen. Sie habe bis zu zehn Besuchs- und Inkassoaufträge täglich erhalten. Über die Besuchsergebnisse habe sie schriftlich berichten müssen. Sie sei auch zum Telefondienst in der Bezirksdirektion eingeteilt worden. Sie habe an wöchentlichen Besprechungen teilnehmen müssen. Für die Zeiten der Beitragsanpassung (vier bis acht Wochen jährlich) habe die Beklagte Urlaubssperren verhängt.
Dagegen vertritt die Beklagte die Auffassung, die Klägerin sei selbständige Versicherungsvertreterin und im wesentlichen frei von Weisungen gewesen. In der Zeit von Januar 1997 bis Juni 2000 habe sie durchschnittlich 1,65 Besuchsaufträge/Bestandsmitteilungen je Woche erhalten. Eine Sanktion bei Nichterfüllung der Aufträge habe es nicht gegeben. Der Telefondienst sei freiwillig geleistet worden. Die Klägerin habe daran nur anlässlich der Beitragssanierung Ende 1995/Anfang 1996 teilgenommen. Bei den wöchentlichen Besprechungen habe sie nicht anwesend sein müssen. Sie habe keinen Einschränkungen bei der Urlaubsnahme unterlegen. Für selbständige Außendienstmitarbeiter habe es eine Urlaubssperre nicht gegeben.
Mit Endurteil vom 17.11.2000 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 24.02.2000 nicht aufgelöst sei und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien und der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.
Gegen dieses der Beklagten am 20.12.2000 zugestellte Endurteil richtet sich die am 18.01.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, die am 19.03.2001 begründet wurde, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden ist.
Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe die Kriterien für die Abgrenzung selbständiger und unselbständiger Handelsvertreter nicht beachtet. Außerdem rügt sie die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts.
Sie stellt folgenden Antrag:
Die Klage wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts München vom 17.11.2000 – 3 Ca 3988/00 – insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurück...