Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlungsgrundsatz. Betriebsübergang. Maßregelungsverbot
Leitsatz (amtlich)
Anspruch auf Vergütungserhöhung nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Ablauf der Karenzfrist des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB – geltend gemachte Sachwidrigkeit einer Gruppenbildung/-differenzierung hinsichtlich der übernommenen Arbeitnehmer, die zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen des alten Arbeitgebers vor dem Betriebsübergang weiterarbeiten, und der „Stammbelegschaft” des übernehmenden Arbeitgebers, unter Berücksichtigung des § 612a BGB.
Normenkette
BGB §§ 613a, 612a
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 10.05.2005; Aktenzeichen 13 Ca 13532/04) |
Nachgehend
Tenor
I.Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 10. Mai 2005 – 13 Ca 13532/04 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
II.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klagepartei macht Ansprüche auf Weitergabe allgemeiner Gehaltserhöhungen im Unternehmen der Beklagten für das Jahr 2004 und, zuletzt, für das Jahr 2005 geltend.
Die Klagepartei war früher bei der Fa. C. GmbH beschäftigt, die – im Rahmen einer weltweiten Verschmelzung der US-amerikanischen Mütter des H. Konzerns und des C. Konzerns – im Wege eines sog. „Asset Deals” zum 01.11.2002 durch Betriebsübergang gemäß § 613a BGB auf die Beklagte überging. Bei der Fa. C. GmbH als früherer Arbeitgeberin der Klagepartei bestand ein Haustarifvertrag, der nach dem Vorbringen der Parteien im manteltarifvertraglichen Bereich auf die Geltung der Tarifverträge der Metallindustrie Südwürttemberg/Südbaden und im Entgeltbereich auf die Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie verwies. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden, sondern regelt die Vertragsverhältnisse, auch im Entgeltbereich, im Regelfall durch (Gesamt)Betriebsvereinbarungen.
Nach dem im Wesentlichen nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten gilt bei ihr seit 1984 ein Arbeitszeitmodell, das auf einer individuellen regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Wochenstunden und einer tatsächlichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden basiert, wobei die zwei Differenzstunden mit unbegrenzter Frist aufgespart oder auch ausbezahlt werden könnten; im Vergütungsbereich bestehen, so die Beklagte weiter, sich überlappende Gehaltsbandbreiten, innerhalb derer sich die Mitarbeiter abhängig von seiner Leistung im Gehaltsband nach oben bewegen könnten. Bei Vergütungserhöhungen werde lediglich ein Budget festgelegt, von dem (im Regelfall) 25 % als feste Erhöhung und 75 % leistungsbezogen weitergegeben würden. Demgegenüber galten bei den übernommenen Mitarbeitern der ehemaligen Fa. C. GmbH auf Grund der dort Anwendung findenden Tarifverträge der Metallindustrie für Tarifangestellte grundsätzlich die 35-Stunden-Woche und das metalltarifliche Vergütungssystem mit tariflicher Grundvergütung, einer Leistungszulage und der Bezahlung von Überstunden sowie Zuschlägen usw., wobei Vergütungserhöhungen in den einzelnen Tarifgruppen prozentual erfolgt sind. Nach den im Wesentlichen unbestritten gebliebenen Ausführungen der Beklagten weiter habe sich die Vergütungserhöhung bei den von ihr übernommenen Mitarbeitern der ehemaligen Fa. C. GmbH im einjährigen Zeitraum des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB im Jahr 2002 auf 3,1 % (zzgl. 0,9 % Einmalzahlungen „ERA-Strukturkomponente”) und im Jahr 2003 auf 2,6 % (zzgl. 0,5 % Einmalzahlungen „ERA-Strukturkomponente”) belaufen, während bei der Beklagten im Jahr 2002 eine Vergütungsanpassung in der dargestellten Form in Höhe von 85,– EUR – bezogen auf die Durchschnittsverdienste der Arbeitnehmer der Beklagten im Jahr 2002: entsprechend einer Anhebung um 2 % – und im Jahr 2003 um 100,– EUR – entsprechend einer Anhebung von 2,5 % – erfolgt sei, bei der Beklagten eben bezogen auf eine 38-Stunden-Woche.
Die Beklagte bot der Klagepartei nach Ablauf eines Jahres ab dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB mit Wirkung vom 01.11.2003 den Abschluss eines von ihr so bezeichneten „H.-Standard-Arbeitsvertrages” an, nach dem Vorbringen der Beklagten insbesondere mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen, was die Klagepartei und ein kleinerer Teil der übernommenen Arbeitnehmer der ehemaligen Fa. C. GmbH insbesondere deshalb ablehnte, weil die ablösende vertragliche Regelung zur betrieblichen Altersversorgung ihre erreichten Anwartschaften bei der Fa. C. GmbH hierzu verschlechtert hätte.
Mit Wirkung vom 12.02.2004 schlossen die Beklagte und der bei ihr bestehende Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung „Gehaltssystem”, nach der zum 01.02.2004 die Gehälter der Arbeitnehmer der Beklagten um 35,– EUR im Durchschnittsbetrag aller berechtigten Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Inflationsrate angehoben wurden, wobei diese Gesamtbetriebsvereinbarung nach ihrem Geltungsbereich ausdrücklich nur für „Mitarbeiter, die einen H.-Standard-Arbeitsvertrag haben”, Anwendung finden sollte und damit insbeson...