Entscheidungsstichwort (Thema)
Einzelfallentscheidung zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf einen Tarifvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Im Zweifel ist eine Bezugnahmeklausel, auch ohne diesbezügliche ausdrückliche Regelung, als dynamische Verweisung auszulegen.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Rosenheim (Urteil vom 02.06.2005; Aktenzeichen 4 Ca 2545/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 2. Juni 2005, Az. 4 Ca 2545/03, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand der Auseinandersetzung ist die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Änderungskündigung sowie ein behaupteter Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von Weihnachtszuwendungen für die Jahre 2003 und 2004 in Höhe von je 2.404,16 Euro brutto.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die am 00. April 0000 geborene Klägerin ist seit 1. November 1998 bei der Beklagten als Krankenschwester zu einer durchschnittlichen monatlichen Bruttovergütung von 0.000,00 Euro beschäftigt.
Der zwischen den Parteien am 12. Dezember 2000 unterzeichnete schriftliche Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
§ 1 Ziff. 2
„Soweit in diesem Anstellungsvertrag nichts anderes geregelt ist, gilt für das Anstellungsverhältnis der Manteltarifvertrag Nr. 2 vom 01.07.2000 und der Entgelttarifvertrag Nr. 1 vom 01.07.2000 für Mitarbeiter in den Privatkrankenanstalten in Bayern.”
In § 2 Ziff. 1 enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:
„Entsprechend seiner Tätigkeit wird der Mitarbeiter in die Vergütungsgruppe 6 des Entgelttarifvertrages Nr. 1 vom 01.07.2000 eingruppiert. Das derzeit nach Maßgabe der Übergangsregelung des Entgelttarifvertrages Nr. 1 vom 01.07.2000 monatliche zu zahlende Bruttogehalt beträgt:
3.793,89 DM
Die Beklagte gehört mit verschiedenen in Deutschland betriebenen rechtlich selbständigen Kliniken zum Konzern der M. … AG.
Am 31.10.2003 schloss die Beklagte mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft e.V. (ver.di) Landesbezirk Bayern einen Sanierungstarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. Die Ziffern 1 und 3 dieses Tarifvertrages lauten folgendermaßen:
„1. Geltungsbereich
Der Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen der M. …GmbH & Co. KG, die Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft sind oder deren Arbeitsvertrag auf das mit dem Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern abgeschlossene Tarifwerk Bezug nimmt.
3. Personalkostensenkung
Das Weihnachtsgeld in Höhe von 98,52 % wird in 2003 nicht gezahlt. Die M. …GmbH & Co. KG verpflichtet sich, den Wegfall dieser Zahlung einheitlich durchzuführen und gegenüber allen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern durchzusetzen.”
Nachdem die Belegschaft der Beklagten durch den Betriebsrat mit Schreiben vom 30.10.2003 über den Abschluss des Sanierungstarifvertrages in Kenntnis gesetzt wurde, wurde u.a. auch die Klägerin mit Schreiben vom 04.11.2003 von der Beklagten gebeten, die Anwendbarkeit des Sanierungstarifvertrages auf ihr Arbeitsverhältnis durch unterzeichnete Rückgabe des Schreibens zu bestätigen. Die Klägerin gab eine solche Bestätigung nicht ab (vgl. Bl. 8/9/17/18 d.A.).
Darauf sprach die Beklagte mit Schreiben vom 26.11.2003 die streitgegenständliche Änderungskündigung aus (vgl. Bl. 23 d.A.). Das Kündigungsschreiben ging der Klägerin am 27.11.2003 zu.”
Am 19.07.2004 schlossen die Gewerkschaft ver.di, diese zugleich handelnd für den Marburger Bund, Landesverband Bayern, und die M. … AG, diese zugleich handelnd für ihre im Geltungsbereich genannten Kliniken (darunter auch die Beklagte) einen Tarifvertrag zur Einführung des Mantel- und Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer in den Kliniken M. … Gruppe mit Wirkung zum 01.10.2004 ab. Weder nach diesem Manteltarifvertrag noch nach diesem Entgelttarifvertrag besteht für die vom persönlichen Geltungsbereich erfassten Arbeitnehmer ein Anspruch auf Weihnachtszuwendung.
Mit ihrer bei Gericht am 18. Dezember 2003 eingegangen Klage vom selben Tag hat die Klägerin beim Arbeitsgericht Rosenheim die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Beklagte mit außerordentlicher, hilfsweise ordentlicher Änderungskündigung vom 26. November 2003 rechtsunwirksam sei, ferner die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von zwei mal 2.404,16 Euro brutto.
Zur Begründung hat sie in erster Instanz vorgetragen, die Änderungskündigung sei rechtsunwirksam, weil sie nicht hinreichend bestimmt sei und weil ausreichende betriebliche Erfordernisse nicht ersichtlich seien.
Weiterhin hat sie vorgetragen, sie habe gem. § 6 des Entgelttarifvertrages Nr. 1 vom 1. Juli 2000 für Beschäftigte in den Privatkrankenanstalten in Bayern in Verbindung mit § 14 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 2 vom 1. Juli 2000 für Beschäftigte in den Privatkrankenanstalten in B...